Verheißene Erde
zurückkamen, um Früchte zu pflücken, fanden sie nichts. Da rissen sie ihn zornig aus dem Boden und steckten ihn umgekehrt wieder hinein.«
Als Nxumalo beim Anblick dieser Mißbildung lachte, faßte ihn Sibisi am Arm. »Da gibt es nichts zu lachen. Viele Menschen verdanken diesem Baum ihr Leben, denn wenn man am Verdursten ist, kommt man hierher, sticht die Rinde an, und es tropft ein wenig Wasser heraus.« Aber der Baobab lieferte nicht nur Wasser. Man konnte seine Blätter kochen und essen; saugte man seine Samen aus oder zermahlte sie, gewann man daraus ein prickelndes Getränk; und schälte man sein schwammiges Holz ab, konnte man ein Seil daraus flechten.
Wohin immer Nxumalo im Norden der Schlucht blickte, standen diese Bäume so, als wollten sie rufen: »Wir sind die Wachtposten eines neuen Landes. Du betrittst die Erde, die wir bewachen.«
Diese Bäume mit ihrer dicken schimmernden Rinde und den ineinander verflochtenen Zweigen sahen aus wie Pfeile, die hoch in den Himmel ragten. Und es war in der Tat ein neues Land. Auf der Savanne wuchsen verschiedene Gräser, und es gab verschiedene Vögel und eine Menge unterschiedlicher Kleintiere, die zwischen den Felsen umherliefen. Aber in der Ferne sah man auch hier die gleichen großen Tiere: Elefanten,
Elenantilopen und galoppierende Zebras. Sie waren die ewigen Götter, die die Menschen begleiteten, wenn sie nach Norden zogen. Und nachts, wenn sie ihr Lagerfeuer entzündeten, konnte Nxumalo die in der Nähe umherstreifenden Löwen hören, die vom Geruch der Menschen zwar angezogen, aber von den Flammen zurückgetrieben wurden. In der Ferne knurrten leise die Hyänen. Es war, als führte der durch die Savanne ziehende Mensch eine Auswahl von Tieren mit sich, schöne, wilde und nützliche. Wenn Nxumalo ins Dunkel starrte, konnte er manchmal ihre Augen erkennen, in denen sich die Flammen spiegelten, und er wunderte sich immer wieder darüber, wie nahe sie herankamen; in Nächten, in denen er das Feuer zu unterhalten hatte, ließ er es gefährlich weit niederbrennen, und in der so herbeigeführten Dunkelheit konnte er sehen, wie die Löwen näher, immer näher kamen. Ihre Augen waren nicht mehr weit entfernt von den seinen, und ihre weichen, schönen Formen waren deutlich zu erkennen. Dann, mit einem leisen Schrei, schürte er die Glut und warf frisches Holz darauf. Die Tiere zogen sich still zurück, erschrocken über dieses ungehörige Verhalten, aber noch immer fasziniert von den lodernden Flammen.
Am Morgen des siebzehnten Tages sah Nxumalo zwei Phänomene, die er nie vergessen würde; sie waren für ihn so seltsam wie die Baobab-Bäume, und sie waren eine Art Vorzeichen, denn von da an sollte er einen großen Teil seines Lebens damit verbringen, sich mit diesen Rätseln auseinanderzusetzen.
Von einem Hügel, drei Tagesreisen nördlich von der Schlucht, blickte er herab und sah zum ersten Mal einen großen Fluß, den Limpopo. Er brauste mit gewaltigen Fluten, die er weit oben stromaufwärts gesammelt hatte, und einer noch gewaltigeren Last von Schlamm durch das Land. Die Wasser wirbelten und krümmten sich, und es war völlig unmöglich, sie zu durchqueren. Doch Sibisi sagte: »Sie werden abschwellen. In zwei Tagen können wir hinübergehen.« Im Frühjahr hätte er das nicht sagen können, aber er wußte, daß diese unzeitgemäße Überschwemmung durch einen einzigen Gewittersturm verursacht worden sein mußte und bald abflauen würde.
Während der Wartezeit besichtigte Nxumalo das zweite Phänomen, die riesigen Kupfererzlager unmittelbar südlich des Limpopo. Dort sah er zu seiner Überraschung Frauen arbeiten, von denen manche so jung wie Zeolani waren. Sie verbrachten ihr Leben damit, Felsen abzugraben und sie Stück für Stück über wacklige Leitern nach oben zu tragen zu Öfen, deren beißender Rauch die Luft verpestete und das Leben derer verkürzte, die gezwungen waren, ihn einzuatmen.
Der Stamm, der das Bergwerk betrieb, hatte große Bündel Kupferdraht angesammelt, und Nxumalo war einverstanden, daß seine Männer diese nach Zimbabwe transportierten; nun mußten sich auch die zwei Männer, die bisher nichts getragen hatten, am Transport beteiligen. Sogar Nxumalo, dessen Last leicht gewesen war, übernahm vier Drahtbündel, denn die Bergleute zahlten gut für diesen Dienst.
»Wir haben unser Kupfer immer nach Zimbabwe verkauft«, sagte der Aufseher des Bergwerks, »und wenn du in die Stadt kommst, wirst du sehen, warum.« Seine Worte erregten
Weitere Kostenlose Bücher