Verheißene Erde
Sie hatten nicht die Absicht, sich entern oder versenken zu lassen.
Es gehörte zu Kapitän Saltwoods Strategie, hinter einer der vielen Inseln versteckt zu bleiben, um sich zu vergewissern, daß es passenden Wind gab. In der Nacht, wenn die Portugiesen vielleicht unaufmerksam waren, wollte er dann den Spießrutenlauf wagen. Dieser Plan hätte Erfolg gehabt, wenn nicht ein malaiischer Matrose, der an der Nordküste herumlungerte, den Durchfahrtsversuch beobachtet und Alarm geschlagen hätte. Es war Mitternacht, als die Schlacht begann.
Große Kanonen feuerten vom Fort aus, kleine Boote begannen auszulaufen, um das englische Schiff in Brand zu stecken, während größere versuchten, es zu rammen und zu entern. Jack begriff, was vorging, und wußte aus Gesprächen mit den Matrosen, welche Martern ihm und den anderen bevorstanden, wenn ihr Schiff genommen würde. Dennoch war er nicht zu dem großen Heroismus seiner englischen Gefährten bereit, die kämpften wie Teufel, ihre Pistolen abfeuerten und mit ihren Spießen um sich stachen und stießen. Als der Morgen graute, hatten sie wohlbehalten die drohend aufragende Festung passiert, und nur noch wenige kleine Boote versuchten, sie zu behindern; die »Acorn« schaukelte vorwärts wie ein die Ameisen ignorierender stachliger Käfer. Ihre Matrosen feuerten und stachen auf ihre Angreifer los, und bald hatten sie sie endgültig abgeschüttelt. Die gefährliche Durchfahrt war gelungen.
In Indien erwartete Kapitän Saltwood eine schwere Enttäuschung: In diesem Jahr würde keine englische Flotte absegeln. So fuhr er also wieder allein weiter, ein beherzter Mann, der genügend Vermögen mitführte, um eine Familie zu gründen und sich vielleicht sogar einen Wohnsitz in einer Domstadt zu kaufen. Der Wunsch nach Heimkehr wurde zu einer fixen Idee, und er segelte entsprechend mit der »Acorn«.
Bei Ceylon versuchten Seeräuber zu entern; vor Goa mußten portugiesische Abenteurer zurückgeschlagen werden. Südlich von Hormus gerieten die Männer aus Plymouth in wirkliche Gefahr, und in Mo 9 ambique nahmen zwei dreiste Karacken die Verfolgung auf, in der Hoffnung, Beute zu machen. Als aber die »Acorn« friedlich weiterfuhr, gaben sie die Verfolgung auf. Schließlich wurde Sofala steuerbords passiert, wobei Kapitän Saltwood im Geist den Kaufmann grüßte, der ihm die Rhinozeroshörner veräußert hatte. Sie segelten entlang der Südküste Afrikas nach Westen, und es kam der Morgen, an dem ein Matrose rief: »Ich sehe den Tafelberg!« und Kapitän Saltwood ihm die Silbermünze überreichte mit den Worten: »Wir sind der Heimat einen Schritt näher.«
Als sie die Bucht erreicht hatten und das Langboot bereit war, sagte Jack seinen Freunden Lebwohl. Dabei mußte er sich auf die Zehenspitzen stellen, um sie zu umarmen. Als er an Land war, entfernte er sich langsam und blieb dann und wann stehen, um zu dem Schiff zurückzublicken, mit dessen Besatzung er fast vier Jahre lang Freud und Leid geteilt hatte. Aber es kam der Augenblick, an dem der nächste Hügel ihn für immer von der »Acorn« trennen mußte, und als es soweit war und er die Felsen und die Spuren von Tieren sah, die ihm schon immer vertraut gewesen waren, geschah etwas Merkwürdiges. Er begann die Seemannsuniform auszuziehen, die er seit so vielen Monaten getragen hatte, das Hemd, die sorgfältig genähte Hose, die Lederschuhe. Er warf jedoch nichts weg, auch nicht die Extrakleidung, die der junge Holländer ihm auf Java geschenkt hatte, sondern schnürte alles sorgfältig zu einem kleinen Bündel zusammen, das tröstend an seine Beine schlug, während er nach Hause wanderte.
Als er sein Dorf erreichte, kaute er an einer auf Java gestohlenen Gewürznelke, und als seine alten Freunde herbeigeströmt kamen, um ihn zu begrüßen, traf sie sein seltsam duftender Atem. Er packte sein Bündel aus, um zu zeigen, was er bei sich trug, und er gab jedem eine Gewürznelke in Erinnerung an die vielen Augenblicke in den letzten vier Jahren, in denen er an sie gedacht hatte.
Im Jahr 1640 hatten die finster blickenden Holländer, die den Osten Javas zu beherrschen gedachten, genug durchgemacht: »Diese verdammten Portugiesen in Malakka müssen vernichtet werden.« In erbitterten Berichten an die »Siebzehn Herren«, die Geschäftsleute, die die Ostindische Kompanie von ihren düsteren Büros in Amsterdam aus kontrollierten, klagten sie: »Die katholischen Teufel in Malakka haben zum letztenmal unsere Schiffe versenkt. Wir sind
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