Verheißene Erde
rühren und sich sicherlich nicht anzustrengen brauchten, wie in Holland. Solche Menschen verderben moralisch leicht. Aber die Direktoren trösteten sich mit dem Glauben, daß nicht die eigene Faulheit Hollands Söhne bedrohte, sondern die Geilheit der Frauen, mit denen sie in Berührung kamen.
Aus diesem Grund waren die »Siebzehn« immer jungen Leuten in ihren Diensten behilflich, die in die Heimat gehen wollten, um eine anständige holländische Frau zu finden. Die
Männer kamen nach Hause, machten den jungen Frauen von Amsterdam Heiratsanträge und wurden natürlich abgewiesen. Sie kamen allein zurück, es gab noch mehr Mischlinge, und Java gewann einen üblen Ruf, der die Schwierigkeit, holländische Frauen für die Männer zu finden, erhöhte. Die meisten verurteilenden Berichte kamen von Leuten, die zwecks Untersuchung der Sitten aus Holland hingeschickt worden waren:
Java ist ein moralischer Sumpf, die weißen Frauen sind oft schlimmer als die Männer. Sie verbringen ganze Tage in Wollust und Müßiggang, essen sich voll bis zu geistiger Stumpfheit, trinken übermäßig, verkehren mit den Niedrigsten auf den Inseln und leisten nichts. Ich weiß von drei Frauen, die in Holland vorbildliche Kirchenmitglieder wären, hier aber von einer Woche zur anderen nichts tun als essen, mit Fremden huren und sich über ihre Sklaven beklagen, von denen sie zahllose besitzen.
Kein Wunder, daß die »Siebzehn« es zum Prinzip erhoben, daß keine leitende Stellung von einem Mann eingenommen werden konnte, der auf den Inseln geboren war. Solchen Männern würde es an moralischem Rückgrat mangeln, das jedoch während einer Erziehung in Holland automatisch erworben wurde; ihr Urteil würde durch die Berührung mit den Javanern getrübt, ihre Kraft durch die verderblichen Einflüsse des Ostens zerstört werden.
»Für einen Jungen wie Willem gibt es keinen anderen Ausweg«, sagte der Gouverneur und rief die Fächerboys wieder herein, da die Luft drückend heiß wurde. »Wenn er jetzt heimfährt und an die Universität in Leiden geht, könnte er sich von dem Makel seiner Geburt auf Java befreien. Wenn er aber hierbleibt, verdammt er sich selbst zu dritt- oder sogar viertklassigen Stellungen.«
Verzagt sank Mevrouw van Doorn in einen Stuhl. Sie war erst einundfünfzig und wollte ihre Söhne bei sich in dem großen Haus mit den vielen Dienern behalten, schätzte aber die Gefahren, von denen der Gouverneur sprach, richtig ein. Karels Karriere würde vielleicht behindert werden, wenn er nicht nach Holland zurückging, und Willem wäre für eine Karriere untauglich gewesen. Sie mußte ihre Söhne nach Hause schicken. »Die Nachhut wird im Januar absegeln«, sagte der Gouverneur. »Ich kann auf der >Haerlem< Plätze für sie reservieren.« Als sie zögerte, fügte er hinzu: »Auf Java steht ihnen, weiß Gott, eine dunkle Zukunft bevor, Hendrickje. Bestenfalls ein hiesiges Mädchen von zweifelhaftem Ruf. Schlimmstenfalls ein Versinken in der Gosse.«
Sie seufzte, erhob sich und ging zur Tür, um die Blumen in ihrem Garten zu betrachten, und sagte: »Arrangieren Sie die Überfahrt.« Und damit widmete sie sich abrupt den Vorbereitungen für ihr Neujahrsfest. Es würde jedermann zugänglich sein, wie jene Feste, welche ihr Mann für die Angestellten der Kompanie veranstaltet hatte, als er noch lebte. Sie begann damit, sich Musiker aus befreundeten Häusern auszuborgen, und lächelte zustimmend, als die braunhäutigen Sklaven ihre Bronze-Gamelans und Bambustrommeln in die verschiedenen Räume trugen, wo getanzt werden sollte. Dann engagierte sie Köche, bis sie mehr als vierzig Diener innerhalb und in der Umgebung der Küche hatte. Sie schmückte die Wände mit Stoffen und hängte sie in großen Girlanden auf. Vierundzwanzig Lakaien mit Turban bedienten die Kutschen, und ebenso viele Frauen kümmerten sich um die Gäste, wenn sie die Säle betraten. Die Feierlichkeiten dauerten drei Tage. Die Leute aßen und tranken, bis sie fast die Besinnung verloren, dann schliefen sie ausgestreckt auf Betten und
Fußböden, bis die leise Musik sie weckte, so daß sie singen und tanzen und sich wieder mit Speisen vollstopfen konnten, bis sie betäubt waren. Mitunter erwischte eine liebebedürftige Frau, deren Mann mit der Flotte abgereist war, einen wackeren Bürger, der im Begriff war, zu Bett zu gehen, und zog sich mit ihm in eines der kleineren Zimmer zurück, wobei sie oft den Fächerboy bei sich behielten, um die Feuchtigkeit nicht ansteigen
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