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Verheißenes Land

Verheißenes Land

Titel: Verheißenes Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leonie Britt Harper
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für die erste Wache eingeteilt worden waren. Mit beiden unterhielt sie sich kurz. So erfuhr sie, dass Winston Talbot, der sich als überaus umgänglich und gesprächig zeigte, allein reiste.
    »Aber wie kommt Ihr denn bloß mit den Ochsen und dem Wagen zurecht?«, fragte sie verblüfft beim Anblick seiner schmalbrüstigen Gestalt und der feingliedrigen Hände, die sichtlich nicht für harte Arbeit geschaffen waren.
    Er lachte. »Das Problem war schnell gelöst. Ich habe nämlich einen jungen, kräftigen Russen eingestellt, der nicht genug Geld hatte, um auf eigene Rechnung auf den Treck zu gehen. Nicht einmal für den Proviant hätte es bei ihm gereicht«, teilte er ihr mit. »Dieser Alexander ist ein patenter Bursche. Ich wüsste sonst auch gar nicht, wie ich die gewaltigen Biester unter das Joch und an die Deichsel bekommen sollte. Aber ihm fressen sie geradezu aus der Hand.«
    »Das freut mich für Euch, Mister Talbot.«
    »Leider ist er unserer Sprache nicht mächtig und beherrscht nur ein paar Brocken. Er taugt also als Gesprächspartner so viel wie ich als Ochsenbändiger«, bedauerte er. »Und für das Schachspiel, das mir so viel bedeutet, konnte ich ihn leider auch nicht gewinnen. Ich werde also weiterhin gegen mich selbst spielen müssen.«
    Der Mann, der ohne wirkliche Gesellschaft reiste, tat Éanna leid. »Das ist wirklich schade. Ich würde mich nur zu gerne mit Euch ans Brett setzen, wenn einmal dafür Zeit bleibt«, sagte sie spontan. »Leider verstehe ich jedoch überhaupt nichts vom Schachspiel.«
    Talbots Augen leuchteten auf. »Aber ich bringe es Euch gerne bei!«, bot er sich sofort an. »Bitte, tut mir den Gefallen, Euch von mir in dieses wahrlich königliche Spiel einführen zu lassen.«
    Sie lachte. »Na, ich weiß nicht, ob Ihr an mir so viel Freude haben werdet! Aber wenn es sich einrichten lässt, will ich es gern versuchen, Mister Talbot.«
    Voller Freude und Dankbarkeit drückte er ihre Hand. »Ich werde Euch beim Wort nehmen, Miss Sullivan!«
    »Nicht Miss Sullivan, sondern bitte einfach Éanna«, forderte sie ihn auf. »Ich könnte doch leicht Eure Tochter sein.«
    »Und ich würde mich glücklich schätzen, wenn ich eine so hübsche und freundliche Tochter hätte, Éanna«, versicherte er seufzend und fügte dann strahlend hinzu: »Ich glaube, ich werde dich einfach für die Dauer unserer Reise als meine Trecktochter adoptieren.« Er zwinkerte ihr zu, damit sie seine Worte nicht allzu ernst nahm.
    Wenig später setzte Éanna ihren langsamen Rundgang um die Wagenburg fort und gelangte schließlich zurück zu ihrem Zelt.
    Sie blieb noch kurz bei Maggie stehen, die neben dem Prärieschoner angepflockt war, und streichelte ihr seidiges Fell. Da hörte sie plötzlich aus dem Wagen ein leises Seufzen. Unwillkürlich schaute sie hinüber und ihr Blick fiel durch einen Spalt in der Plane. Das Mondlicht fiel ins Innere und schien auf die Körper von Emily und Liam, die sich zärtlich umschlungen hielten.
    Sofort wandte Éanna sich ab, beschämt, dass sie ihre Freunde in einem so vertraulichen Moment beobachtet hatte. Es überraschte sie nicht, dass Emily und Liam schon so weit waren, einander völlig entblößt in den Armen zu halten. Wie sehr sie einander liebten und in allem ein Herz und eine Seele waren, hatte sie schon seit Monaten beobachten können. Und sie gönnte den beiden ihr ungetrübtes Glück. Beide hatten es mehr als verdient und sie wusste, dass Emily und Liam einmal eine gute Ehe führen würden.
    Plötzlich hatte Éanna wieder Tränen in den Augen und eine brennende Sehnsucht überkam sie. Eine Sehnsucht nach Liebe, die ihr das Gefühl völliger, wahrhaftiger Geborgenheit gab und die ohne jeden Zweifel war.

Zwanzigstes Kapitel
    Einige Tage später stießen sie auf die ersten Indianer. Das Zusammentreffen war mit höchster Spannung und noch größerer Sorge erwartet worden, fiel nun aber höchst unspektakulär, ja geradezu enttäuschend aus.
    Bei einem schmalen Wasserlauf trafen sie auf eine fünfköpfige Gruppe von Shawnees, die an der Stelle, wo der Trail das Flüsschen kreuzte, eine primitive Brücke aus Baumstämmen gebaut hatten. Sie lagerten am Ostufer und erwarteten von jedem Zug, der den Elm Creek auf ihrer Brücke überquerte, einen Wegzoll. Doch die Indianer hatten nichts mit jenen »edlen Wilden« gemein, von denen in Flugschriften und Zeitungen im Osten so oft die Rede war, sondern waren abgerissene Gestalten, die mit der abgelegten Kleidung des weißen Mannes

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