Verheißung Der Nacht
hier in der Gegend eine Menge Vagabunden gegeben. Mindestens drei alleinstehende Frauen machen uns das Leben zur Hölle, sie sehen Männer zu jeder Tages- und Nachtzeit um ihre Häuser schleichen.«
»Habt ihr denn schon jemanden erwischt?« Mit gerunzelter Stirn folgte Cammie ihm.
»Bis jetzt noch nicht. Ich würde ja behaupten, dass es diese Geschichte mit dem Baylor-Mädchen ist, dass diese Frauen so aufgeregt reagieren, doch sie haben schon bei uns angerufen, ehe das Mädchen verschwunden war.« Er trat ins Wohnzimmer, sah sich um und ging dann weiter in den Wintergarten.
»Glaubst du, dass es da eine Verbindung gibt?«
»Wer weiß?« Seine Stimme klang wie ein Echo, während er aus dem Wintergarten wieder zurück in den Flur kam und dann die Treppe hinaufmarschierte.
Er fand nichts, obwohl er in allen Schränken und auch in den Badezimmern nachsah. Er ließ sich sogar auf die Knie nieder, um unter die Betten zu sehen. Dann ging er nach draußen, riet ihr, die Tür hinter ihm abzuschließen und alle Fenster fest zu verriegeln, wenn er weg war. Sie sah, wie er um das Haus herumeilte und den Garten absuchte. Auch im Pavillon und in der Garage sah er nach.
Zehn Minuten später stand er wieder vor ihrer Tür. Auch wenn er niemanden entdeckt hätte, so bedeutete das doch nicht, dass der Anrufer sich geirrt hätte, erklärte er ihr. Falls sie etwas hörte, sollte sie ihn gleich anrufen. Es würde sofort jemand rauskommen, er würde da sein, noch ehe sie den Hörer aufgelegt hatte, versicherte Bud beruhigend.
Cammie wartete, bis sie seinen Wagen nicht mehr sehen konnte, dann stellte sie sich an den Fuß der Treppe. »Also gut, du kannst jetzt herauskommen«, rief sie hinauf.
Nichts. Sie kam sich ein bisschen dumm vor, aber das war nicht so schlimm, wenn tatsächlich niemand im Haus war. Doch irgendein Instinkt verriet ihr, dass sie nicht allein war. Und sie wusste nicht, was beunruhigender war, das Wissen, dass sie nicht allein war, oder der Gedanke, dass sie so sehr auf Reid eingestellt war, dass sie seine Anwesenheit fühlen konnte. Langsam wandte sie sich um und lauschte auf Schritte von oben.
»Reid?«
Er tauchte plötzlich aus dem Wintergarten auf, ein Schatten, der sich aus dem Dämmerlicht löste. Seine Schritte waren geräuschlos auf den alten Dielen, seine Bewegungen lässig und dennoch wachsam. Zwei Meter vor ihr blieb er stehen und wartete.
Sie schluckte, ein dicker Kloß saß in ihrem Hals. »Wie lange bist du schon hier?«
»Lange genug«, meinte er knapp. »Ich wollte dich gerade besuchen kommen, als der Sheriff vorfuhr. Ich habe gesehen, wie du ihn ins Haus gelassen hast, und ich dachte, ich komme auch rein, ehe er mich entdeckt.«
»Wie bist du ... warum hat Bud dich nicht gesehen?«
»Ihr habt beide genug Krach gemacht, um den Rückzug einer ganzen Armee zu übertönen. Ich brauchte nur immer ein oder zwei Zimmer vor euch zu bleiben.«
»Aber wenn du das tun konntest, dann ...«
»Es ist niemand sonst hier im Haus, darauf gebe ich dir mein Wort.« Er lächelte, doch als er sprach, schwand sein Humor sehr schnell wieder. »Und wen auch immer deine Nachbarn draußen zu sehen geglaubt hatten, ich war das nicht.«
»Bist du sicher? Ich meine, ich zweifle nicht daran, dass das stimmt, aber jeder kann einmal einen Fehler machen.«
»Solche Fehler sind dein Tod, dort wo ich in den letzten Jahren gewesen bin«, erklärte er mit ausdrucksloser Stimme.
Wenn es nicht Reid gewesen war vor ihrem Haus, wer war es dann? Nicht Reith, ganz sicher nicht, nicht nach dem letzten Abend. Aber da war noch dieser andere Mann, den sie in der letzten Woche zu sehen geglaubt hatte. Sie war schon beinahe davon überzeugt gewesen, dass es Reith war, aber ganz sicher war sie noch immer nicht.
Wenigstens wusste sie, dass Reid die Wahrheit sagte. Es gab keinen Grund für ihn, sie anzulügen. Es war nicht so wie beim Verschwinden von Janet Baylor, dafür gab es genug Gründe.
Seine blauen Augen waren ganz dunkel, als er ihr besorgtes Gesicht sah, eindringlich blickte er sie an. »Was ist los? Hast du noch mehr meiner alten Sünden aufgedeckt, die mich jetzt verfolgen?«
Der Wunsch, ihm zu wiederholen, was ihre Tante ihr erzählt hatte, und zu erfahren, wie er sich verteidigen würde, war beinahe übermächtig. Doch statt dessen fragte sie nur: »Gab es denn da so viele?«
»Einige.« Sein Gesicht verriet nichts von seinen Gedanken, als er sie ansah. »Doch wenn du die blutigen Einzelheiten erfahren willst, dann
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