Verheißung Der Nacht
Problem mit den Eigentumsverhältnissen der Fabrik und der Entschluss zu verkaufen, und später Reiths Tod. Das Gewicht, das all diese Dinge hatten, musste zwangsläufig zur Katastrophe führen. Es war erstaunlich, dass es ihnen gelungen war, aus diesem Durcheinander noch einige wenige wundervolle Augenblicke zu retten.
Und dennoch, war es wirklich so kompliziert? War es nicht möglich, das ganze Durcheinander mit einer einfachen Formel zu lösen?
Drei Fragen, drei Prüfsteine für zukünftiges Glück. Einige K riterien, nach denen sie eine Beziehung beurteilen konnte.
Jetzt brauchte sie sich nur noch zu fragen, was sie fühlte, und nicht, was sie nicht fühlte.
Vertraute sie Reid? Liebte sie ihn? K onnte sie ohne ihn leben?
Sie brauchte nur die Antworten auf diese drei Fragen zu finden.
Cammie wanderte unruhig durch das Haus, ihre Gedanken und Gefühle waren genauso in Aufruhr wie das Wetter draußen. Sie starrte aus dem Fenster und dachte an Keith und an Reid und an die Unterschiede zwischen den beiden Männern. Dann ging sie zum hinteren Teil des Hauses, blickte aus dem Fenster zum Wald und dachte an Reid auf der anderen Seite des Waldes im Fort und fragte sich, was er wohl gerade tat, ob er auch an sie dachte.
Sie streckte sich auf der Couch im Wohnzimmer aus, presste die Hand auf ihre Wunde und erinnerte sich an Reids Gesicht, als er neben ihr auf dem Boden gekniet hatte. Sie wusste jetzt, dass sie ihn zurückgestoßen hatte in dem unaufhörlichen Schmerz seiner Vergangenheit, und sie Hass te diesen Gedanken, bedauerte ihn mit all ihrer Leidenschaft.
Sie stand wieder auf, ging in den Wintergarten, stand lange dort und blickte auf ihr eigenes Porträt mit dem vorsichtigen Lächeln und den Augen voll wilder Sehnsucht. Sie kletterte die Treppe hinauf und betrat das Gästezimmer, wo sie und Reid zum ersten Mal miteinander geschlafen hatten. In der Dunkelheit strich sie über die Bettdecke und war überrascht von den Bildern, die sich wild und erotisch in ihre Erinnerung drängten.
Schließlich ging sie hinaus in die stürmische Dunkelheit und öffnete die Tür von Reids Jeep. Sie kletterte hinein und atmete tief den Duft nach Öl und Leder und Reid ein. Sie schlug die Tür hinter sich zu und schloss die Hände um das Lenkrad, das er in seinen Händen gehalten hatte. In ihren Gedanken erlebte sie noch einmal all die Augenblicke, in denen sie sich an ihn geschmiegt, in denen er sie in seinen Armen gehalten hatte. Und sie starrte durch die Windschutzscheibe ins Nichts und sah doch alles.
Sie traf keine be wusste Entscheidung. Sie griff ganz einfach nach dem Zündschlüssel und drehte ihn herum. Der Motor erwachte zum Leben, sie lenkte den Jeep in Richtung des Forts.
Über ihr zuckten blaue Blitze über den Himmel, sie waren ein schwacher Schein außerhalb des hellen Scheinwerferlichtes. Der Wagen holperte dahin, er schwankte leicht im Sturm. Bei jeder Bewegung schmerzte ihre Wunde, jedes Holpern des Wagens tat ihr weh, doch war dieser Schmerz nichts, verglichen mit dem in ihrem Herzen.
Sie hatte ihre Antworten, jetzt blieb ihr nichts anderes, als Reid dazu zu zwingen, ihr zuzuhören.
Eine einzelne Lampe brannte in dem alten Holzhaus. Sie schien durch das schmale Fenster von Reids Büro. Für Cammie bedeutete es, dass er zu Hause war, sehr wahrscheinlich allein.
Der Wind riss ihr beinahe die Tür des Jeeps aus der Hand, als sie sie öffnete. Welke Blätter wirbelten durch die Luft, trockene Zweige und Rindenstückchen. Wie Spinnweben zuckten die Blitze über den Himmel, es krachte. Sie senkte den Kopf und lief zur Haustür.
Sie hörte die Türglocke irgendwo im Inneren des Hauses, als sie auf den Knopf drückte. Dennoch schien es eine Ewigkeit zu dauern, ehe sich die Tür plötzlich öffnete.
Reid stand vor ihr, das Licht hinter ihm lag wie ein Glorienschein über seinem wild zerzausten goldenen Haar, sein Gesicht war im Schatten. Als er sprach, klang Ärger in seiner Stimme mit. »Was in Teufels Namen tust du hier? Du solltest zu Hause sein, im Bett.«
»Ich muss mit dir reden. Es ist sehr wichtig.«
Lange sah er sie schweigend an. Dann riss er seine Blicke von ihrem Gesicht los, starrte auf ihr Haar, das der Wind ihr ins Gesicht wehte. Und dann, als könne er nicht anders, ging sein Blick zu ihrer Hand, die sie auf ihren Verband gepreßt hatte. Er erstarrte. Mit einer Stimme, die so hart war wie Stahl, sagte er: »Geh nach Hause, Cammie. Vergiß es. Vergiß alles.«
Er wollte die Tür schließen.
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