Verheißung Der Nacht
hör mir aufmerksam zu. Dies hier ist ein Sicherheitsraum: von innen verschließbar, dicke Wände, nur ein Ausgang, kein Fenster, durch das man eindringen kann, ein Telefon, um Hilfe herbeizurufen, wenn es nötig sein sollte. Ich möchte, dass du hierbleibst und die Tür von innen verschließt, bis ich zurückkomme.«
Er war ein Fremder, ein Kommandant, der Befehle erteilte und Gehorsam erwartete. Es war, als hätte er schon beim ersten Schluss jegliches Gefühl beiseite geschoben und die Leistungsfähigkeit einer Maschine angenommen. Wenn es noch eine Spur von dem Mann gab, mit dem sie gelacht hatte, den sie geliebt hatte, so war er jetzt verschwunden. Es schien beinahe, als hätte Reid ihn mit ruhiger und überlegener Absicht umgebracht.
Cammie fühlte einen schmerzlichen Verlust, sie war einsamer als je zuvor in ihrem Leben. Und dennoch konnte sie jetzt nicht aufgeben. Wenn er sich mitten in einem Kampf befand, so galt das auch für sie.
»Du tust das, weil du mich verletzt hast, nicht wahr?« begann sie langsam. »Deshalb bist du so. Es ist passiert, trotz all deiner Anstrengungen, es zu verhindern, und das kannst du nicht ertragen. Irgendwo in deinem Kopf hast du mich verwechselt mit dem kleinen Mädchen, das in Israel gestorben ist. Du musst mich retten, weil du sie nicht retten konntest. Ich weiß - wenigstens glaube ich zu wissen - wie sehr ihr Tod dich geschmerzt hat. Aber du hast es dir nicht ausgesucht, sie sterben zu sehen, genauso wenig , wie es dein freier Wille war, mich zu verletzen. Diese Dinge sind passiert wegen der Menschen, wegen der Umstände. Dir kann man deswegen keinen Vorwurf machen.«
Reid machte eine kleine abwehrende Bewegung, doch sie fuhr entschlossen fort. »Abgesehen davon, Reid, ich bin kein Kind. Ich bin niemandes Opfer, und ich bin nicht tot. Du hast mich nicht umgebracht, weil du es nicht konntest. Du hast deine Hand zurückgezogen, das habe ich gefühlt. Du hast mich gerettet, nicht nur vor Keith oder vor demjenigen, der dort draußen ist, sondern auch vor dir selbst. Du bist kein Tier, das ohne Gnade tötet, das bist du niemals gewesen.«
Aber er war schon weg, er floh vor den Worten, die sie aussprach, als bedeuteten sie eine Gefahr für ihn. Im einen Augenblick noch stand er an der Schwelle, sein Gesicht b l ass und angespannt, seine Augen dunkle Höhlen voller Schmerz. Im nächsten war er lautlos verschwunden, und alles war still.
Cammie biss sich auf die Lippen und presste die Augen zusammen. Nichts. Sie hatte nichts erreicht.
Oder sie hatte vielleicht genau das Falsche erreicht. Wenn Reid je ein Killer hatte sein müssen, dann jetzt. Wenn er es nicht war, oder wenn sie ihn mit ihren Worten entwaffnet hatte, dann könnte es gut möglich sein, dass er jetzt dort draußen in der Dunkelheit sterben musste .
Die Pistole war wirklich sehr klein. Langsam ging sie zum Schreibtisch, um sie an sich zu nehmen; sie schmiegte sich in ihre Handfläche, der Lauf war nicht einmal so lang wie ihr Mittelfinger.
Sie umklammerte die Pistole und stand angestrengt lauschend im Zimmer, ihre Brust schmerzte vor Entsetzen. Einer der Augenblicke größter Gefahr für Reid würde der Moment sein, wenn er das Haus verließ. Der Heckenschütze würde auf ihn warten, er würde annehmen, dass er irgendwann den Schutz des Hauses verlassen würde.
Die Minuten vergingen. Alles blieb still draußen, bis auf das stetige Rauschen des Regens und das gelegentliche Grollen des Donners. Sicher war Reid inzwischen draußen.
Cammie schob die kleine Pistole in die Tasche ihrer Jeans, eher, weil Reid sie für sie dagelassen hatte, als aus einem Gefühl der Notwendigkeit heraus, sie bei sich zu haben. Langsam ging sie zur Tür und legte dann eine Hand auf den Riegel.
Reid hatte gesagt, sie solle hinter ihm die Tür verriegeln.
Alles ihn ihr drängte danach, ihm zu folgen. Sie wollte nicht hier eingeschlossen sein, wo sie weder etwas sehen noch hören konnte, alle ihre Instinkte lehnten sich dagegen auf. Es war immerhin möglich, dass sie ihm von hier nicht würde helfen können. Andererseits wäre sie ihm draußen nur im Weg, ganz besonders, wenn er nicht wusste , dass sie in seiner Nähe war. Und auch wenn er es wusste , so würde es ihn ablenken, wenn er auch noch auf sie aufpassen musste , und das konnte er jetzt am wenigsten gebrauchen. Wenn überhaupt jemand in der Lage war, die Situation in den Griff zu bekommen, dann Reid.
Es war die gleiche Überlegung, die Frauen normalerweise aus Prügeleien
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