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Verheißung Der Nacht

Verheißung Der Nacht

Titel: Verheißung Der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Blake
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hindurchzukommen, dann rannte sie den Flur hinunter. Sie fühlte Wind auf ihrem Gesicht, hörte das Rauschen des Regens. Und dann sah sie eine schattenhafte Bewegung, und blindes Entsetzen überkam sie.
    Sie lief auf das hintere Ende des Hauses zu, weg von der offenen Eingangstür. Wenn sie hier Wind fühlte, dann musste die Hintertür offen sein, denn von dort kam der Luftzug. Vor sich sah sie das graue Rechteck der offenen Tür, sie sah auch den sich bewegenden Schatten eines Mannes mit einem Gewehr.
    Der Mann hob das Gewehr an seine Schulter. Mit leiser Stimme, die aber dennoch voller wilder Entschlußkraft war, sagte er: »Stehenbleiben, sofort.«
    Cammie schlitterte noch ein Stück weiter, dann blieb sie stehen. Hinter sich hörte sie die Schritte ihres Onkels, einen Schritt, zwei, ehe er anhielt. Er fluchte, und es war erschre c kend zu hören, dass er den gleichen Tonfall benutzte wie bei seinen Predigten.
    Der Mann mit dem Gewehr an der Schulter war Reid. Sein Befehl war nicht für sie bestimmt gewesen.
    »Mein Gewehr zielt auf Camilla«, brummte ihr Onkel bissig. »Wenn du abdrückst, werde ich sie mit mir nehmen.«
    Sekundenlang war alles still. Draußen blitzte es, ein blasser blauer Schein fiel durch die offene Tür und erhellte die erstarrten Körper im Flur. Cammie sah, dass beide Männer mit erhobener Waffe voreinander standen, bereit, abzudrücken. Reid war ein paar Schritte näher gekommen, er stand jetzt genau gegenüber der Tür zu seinem Büro. Im Schein des Computerbildschirms sah sein Gesicht unnachgiebig aus. Ihr Onkel hielt den Arm mit dem Gewehr eng an den Körper gedrückt, er zielte genau auf sie.
    Die kleine Pistole in ihrer Hand war schwer.
    »Also«, meinte Reverend Taggart mit hämischer Stimme.
    »Wirf die Waffe weg, Sayers, denn sonst werde ich Cammie umbringen.«
    Reids Augen zogen sich zusammen, das einzige Anzeichen, dass er gehört hatte, was ihr Onkel gesagt hatte. »Ganz gleich, was ich tue, du wirst sie sowieso umbringen«, sagte er tonlos. »Du kannst sie nicht am Leben lassen, weil sie dir im Weg ist.«
    »Genau wie du«, stimmte Cammies Onkel ihm zu. »Aber ich dachte, da du ja solch ein Gentleman bist, würdest du es vielleicht vorziehen, zuerst abzutreten.«
    Wieder herrschte Schweigen. Reid sah Cammie zwar nicht an, aber sie war sicher, dass ihm trotzdem keine Einzelheit entging, angefangen von dem roten feuchten Fleck auf ihrem Hemd bis hin zu der Pistole, die halb in ihrer Hand verborgen war. Er machte eine winzige Bewegung, als wollte er das Gewehr von seiner Schulter nehmen.
    »Nein!« rief Cammie.
    Reid wandte den Blick in ihre Richtung. Seine Stimme klang erschöpft. »Es gibt nichts, was ich sonst noch tun könnte.«
    Es war so gar nicht seine Art, so schnell aufzugeben, das wusste sie. Und in der nächsten Sekunde schon sah sie, was er vorhatte.
    Es war kein Aufgeben, es war ein Opfer.
    »Nein«, rief sie noch einmal, doch es war schon zu spät. Er senkte die Waffe in seiner Hand.
    »Auf den Boden«, befahl Taggart, den Lauf seines Gewehres noch immer auf Cammie gerichtet.
    Reid ließ seine Waffe fallen. Noch ehe sie den Boden berührt hatte, zielte Cammies Onkel mit seinem Gewehr auf ihn.
    »Hör auf!« sagte Cammie und hob die Pistole.
    Die Augen des großen schweren Mannes weiteten sich, sein Mund verzerrte sich, er hielt inne. Doch schon im nächsten Augenblick verzog sich sein Gesicht zu einem sarkastischen
    Lächeln. »Du wirst nicht abdrücken, dazu bist du viel zu sanftmütig.«
    Hatte er recht? Cammie wusste es nicht. Hätte sie die Pistole in der Hand gehabt, als er zuvor auf sie losgegangen war, sie hätte vielleicht automatisch geschossen. Dies hier war etwas anderes.
    Sie hatte den Revolver auf Keith gerichtet und abgedrückt. Doch damals hatte sie nur auf die Scheinwerfer des Rovers geschossen, auf den Boden vor seinen Füßen, nicht auf ihn selbst. Seine Verletzungen, auch wenn sie noch so geringfügig gewesen waren, waren ein Unfall.
    Alles, was sie jetzt noch fühlte, war eine Todesangst um Reid und das verzweifelte Bedürfnis, den Lauf der Ereignisse zu verlangsamen, bis sie entschieden hatte, was sie tun sollte.
    »Warum?« fragte sie und hob auch die andere Hand, um die Pistole festzuhalten, die in ihrer Hand zitterte. »Warum versuchst du, mich umzubringen?«
    »Stell dich nicht so dumm an.«
    »Es ist ganz einfach«, antwortete Reid für ihn. »Seine Frau ist deine nächste Verwandte. Sie ist auch deine rechtmäßige Erbin, da dein

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