Verheißung Der Nacht
ließ Cammie Reid im Wohnzimmer allein, während sie sich für ein paar Minuten entschuldigte.
Oben bezog sie schnell das Bett im blauen Zimmer, das üblicherweise als Gästezimmer benutzt wurde, und legte Handtücher und Seife in das angrenzende Bad. Sie war nicht sicher, ob Reid davon überhaupt Gebrauch machen würde, aber sie hatte herausgefunden, dass Keith manchmal ein Fait accompli akzeptierte, wenn man ihm keine andere Wahl ließ.
Sie hielt einen Augenblick inne, als sie eine neue Zahnbürste aus dem Schrank holte. Sie glaubte zu hören, wie eine Tür geschlossen wurde, die Hintertür. Das Geräusch war sehr leise gewesen, doch sie kannte jedes Knarren und jedes Quietschen in diesem alten Haus.
War Reid gegangen? Sie konnte sich nicht vorstellen, dass er ohne ein Wort des Abschieds verschwinden würde. Doch trotz allem war er für sie noch immer ein Fremder.
Cammie fand Reid schließlich im Sonnenzimmer, einem gemütlichen Raum mit großen Fenstern, an der Südseite des Hauses. Mit den Korbmöbeln mit rosa und grau gestreiften Kissen, dem riesigen Philodendron in einem Terrakottatopf und den Usambaraveilchen auf der Fensterbank war dieser Raum Cammies Lieblingszimmer. Sie verbrachte die meiste freie Zeit hier, las, stickte und häkelte in diesem Zimmer oder malte Blumenbilder mit Wasserfarben.
Reid stand vor dem großen Kamin mit graugeädertem Marmor, der die Wand an einer Seite des Zimmers einnahm. Er hatte die Hände in die rückwärtigen Taschen seiner Jeans geschoben und starrte auf das Porträt von Cammie, das über dem Kaminsims hing.
Cammie blieb an der Tür stehen und betrachtete den Ausdruck von versunkener Nachdenklichkeit in seinem Gesicht, ehe sie einen Schritt nach vorn machte. »Es wurde nach einer Fotografie gemalt«, sagte sie mit einer unbeteiligt klingenden Stimme. »Keith hat es zu unserem fünften Hochzeitstag in Auftrag gegeben. Ein wenig zu herrschaftlich, findest du nicht auch?«
»Vielleicht«, meinte er, und sein Gesicht entspannte sich zu einem Lächeln, als er sich zu ihr umwandte. »Aber es passt trotzdem zu dir.«
Cammie ignorierte das Gefühl der Freude, das seine Bemerkung in ihr geweckt hatte. Statt dessen sagte sie: »Dein Zimmer ist fertig.«
Er bewegte sich nicht, sein Gesicht allerdings verhärtete sich, bis es aussah wie der polierte Marmor des Kamins hinter ihm. »Ich habe mich noch nicht bereit erklärt zu bleiben.«
»Ich weiß.« Kühn fügte sie hinzu: »Wirst du bleiben?«
Bewunderung für ihre Offenheit und noch etwas mehr las sie in seinen blauen Augen. Möglicherweise war es sein Sinn für Humor, der ihn rettete.
Er nahm etwas vom Kaminsims. Als er sich wieder zu ihr umdrehte, hielt er ihre Magnum in der Hand. »Ich wollte dir das eigentlich schon früher geben, aber irgendwie habe ich es wohl vergessen.«
Sie nahm den Revolver und wog ihn in der Hand, dann sah sie zu ihm auf. Sein Hemd hatte an den Schultern feuchte Flecken vom Regen, Regentropfen glänzten in dem goldbraunen Haar auf seinen nackten Unterarmen. Sicher ist er wegen meines Revolvers aus dem Haus gegangen, dachte sie. Er hat ihn aus dem Jeep geholt.
»Du hast ihn die ganze Zeit über gehabt?«
Er nickte kurz. »Ich habe gesehen, wie er dir im Wald hingefallen ist. Ich hatte das Gefühl, du würdest ihn vielleicht noch einmal brauchen.«
»Das könnte schon sein«, meinte sie.
Er zögerte einen Augenblick, dann sprach er mit schneidender Stimme weiter. »Wegen heute nacht ... Keith abzuschrecken ist eine Sache, aber was würde das für Auswirkungen auf deine Scheidung haben? Wenn er nun die Tatsache, dass ein Mann hier übernachtet hat, vor Gericht gegen dich verwendet?«
»Das würde er nicht wagen«, widersprach sie. »Sein eigener Ehebruch ist so offensichtlich, dass das völlig lächerlich wäre. Außerdem habe ich von ihm nichts verlangt, es gibt also nichts, was er damit gewinnen könnte. Das gemeinsame Land, das wir besitzen, ist so mit Hypotheken belastet, dass wir uns höchstens die Schulden dafür teilen könnten.«
»Dieses Haus auch?« fragte Reid und runzelte die Stirn.
Cammie schüttelte den Kopf. »Evergreen habe ich geerbt, es gehört mir allein. Keith wollte es verkaufen, er ist sogar so weit gegangen, dass er hinter meinem Rücken versucht hat, einen Verkauf zu arrangieren, doch ich habe mich geweigert, die notwendigen Papiere zu unterschreiben.«
»Ich habe vom Tod deiner Eltern gehört«, meinte Reid gepreßt. »Es ist ein wenig spät, dir zu kondolieren,
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