Verheißung Der Nacht
Schusses aus dem Magnum-Revolver durchbrach die Nacht. Der Klang hallte wider aus den Wäldern.
Der Mann stieß einen überraschten Fluch aus, dann hörte man schnelle Schritte.
Reid lief um das Haus herum. Er blieb wie angewurzelt stehen, als er Cammie in einem langen weißen Hausmantel auf der Veranda stehen sah. Die Umrisse der Magnum waren gegen die helle Farbe des Stoffes deutlich auszumachen.
Bewunderung und Wut stiegen in ihm auf. Sie hatte sich ohne seine Hilfe schützen können, doch dabei hatte sie die Sicherheit des Hauses verlassen, hatte sich der Gefahr ausgesetzt. Sie hatte den Eindringling vertrieben, doch sie hatte auch verhindert, dass er sich den Mann hatte schnappen können.
Er könnte es vielleicht noch schaffen, wenn er hinter ihm herlief. Doch dazu musste er den Schatten der Bäume verlassen und genau vor Cammie herlaufen. Das war ein Risiko, das er lieber nicht eingehen wollte.
Im nächsten Augenblick schon war seine Chance vorbei. Irgendwo auf dem Highway wurde ein Motor angelassen, dann fuhr mit quietschenden Reifen ein Wagen davon.
Der Wagen hatte sich nicht wie ein Landrover angehört. Reid stand mit gerunzelter Stirn im Schatten der Bäume und fragte sich, ob er dabei war, den Verstand zu verlieren, oder ob der feuchte Nebel des frühen Morgens sein Gehör beeinträchtigt hatte.
Cammie wandte sich um und kehrte ins Haus zurück. In der Küche wurde Licht angeknipst. Reid ging um das Haus herum, bis er von außen in die Küche sehen konnte. Sie ging zwischen dem Schrank und der Spüle hin und her, er konnte gerade ihren Kopf und ihre Schultern sehen. Einmal blieb sie stehen und legte die Hand an die Schläfe. Sie rieb darüber, dann fuhr sie sich mit beiden Händen durch das Haar und strich es sich aus dem Gesicht.
Sie war b Lass und hatte tiefe Schatten unter den Augen. Ihre Lippen waren rosig und ein wenig geschwollen. Zerzaust und ein wenig zerknautscht sah sie aus, mit schweren Lidern, als hätte sie eine lange Nacht hinter sich.
»Es tut mir leid«, flüsterte Reid. Und er blieb vollkommen bewegungslos stehen, während er mit dem schmerzlichen Wunsch kämpfte, in das Haus einzudringen, sie in seine Arme zu nehmen und ihren Schmerz zu lindern. Oder ihn noch zu vermehren.
Nie zuvor war sie ihm schöner erschienen.
Der Duft von Kaffee drang bis nach draußen in die frische Luft des frühen Morgens. Zwischen den Bäumen hindurch kroch die Morgendämmerung. Es würde nicht mehr lange dauern, bis es hell genug war, um etwas erkennen zu können und um gesehen zu werden. Cammie ging es gut.
Es war an der Zeit, dass er verschwand. Höchste Zeit.
Cammie war atemlos und keinesfalls in der Stimmung, jemanden willkommen zu heißen, als sie die Hintertür öffnete. Per- sephone war in der Waschküche, sie hatte nicht hören können, dass jemand an die Tür klopfte. Cammie war dabei, ihre Sachen für ihre Reise nach New Orleans zusammenzupacken, sie wollte innerhalb der nächsten Stunde abreisen. Als sie das laute Klopfen an der Tür gehört hatte, war sie gezwungen gewesen, ihre Arbeit zu unterbrechen und nach unten zu laufen.
Die junge Frau, die auf der Veranda stand, war groß und schlank, mit einem nicht gerade hübschen Gesicht, das sicher viel ansprechender ausgesehen hätte, hätte sie ein wenig Make-up benutzt. Ihr blondes Haar war dünn und strähnig, sie trug es in einem Stil frisiert, der in den siebziger Jahren modern gewesen war. Ihre Jeans waren ausgeblichen, beinahe weiß, und die Hosenbeine waren ausgefranst. Zu den Jeans trug sie ein Männerhemd, das über die Hose hing. Es war nicht zu übersehen, dass sie schwanger war.
Cammie hatte das Mädchen schon zuvor gesehen, aus der Entfernung, dennoch erkannte sie Reiths Freundin sofort wieder. Mit Überraschung in der Stimme fragte sie: »Ja?«
Die blassen Lippen des Mädchens verzogen sich zu einem nervösen Lächeln. »Sie sind Cammie - Mrs. Hutton, nicht wahr? Keith hat mir immer erzählt, dass sie großartig aussehen. Ich bin Evie Prentice.«
Das Kompliment und auch das Lächeln waren entwaffnend, wahrscheinlich hatte sie das auch beabsichtigt. »Ich weiß, wer Sie sind.«
»Ich möchte Ihnen keine Schwierigkeiten machen«, sprach das Mädchen schnell weiter. »Es ist nur so - nun ja, da gibt es einige Dinge, die ich nicht verstehe, und ich dachte, nach dem, wie Keith über Sie spricht, hätten Sie sicher nichts dagegen, wenn ich Ihnen einige Fragen stelle.«
»Ich bin überrascht, dass er über mich gesprochen
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