Verheißung Der Nacht
so schlecht?«
Hewlett-Packard
6. Kapitel
Der Gestank der Papierfabrik, diese ranzige Mischung nach gekochtem Kohl und Faulschlammgas, war für Reid immer eine Belästigung gewesen, als er aufwuchs. Er hatte sich persönlich dafür verantwortlich gefühlt, da seiner Familie die Papierfabrik gehörte. Sein Vater, ein sehr praktischer Mann, hatte immer behauptet, für ihn dufte die Fabrik nach Geld. Das hatte sicher gestimmt, das meiste Geld, das in dieser Gegend zirkulierte, roch genauso.
Reid stand im Büro seines Vaters und ließ die Luft mit einem leisen Schnaufen entweichen. Alles in diesem Raum hatte den bekannten Geruch, der lederne Bürosessel, die Papiere in den Aktenschränken, die Bilder an den Wänden, die das Fabrikgebäude in den verschiedensten Stadien über die Jahre hinweg zeigten, sogar die Vorhänge vor dem Fenster, neben dem er stand. Er mochte diesen Geruch noch immer nicht, obwohl er sich sicher mit der Zeit wieder daran gewöhnen würde. Dem Büro hing auch ein schwacher Duft nach den Zigaretten an, die sein Vater bis vor fünf Jahren noch geraucht hatte, und nach den kubanischen Zigarren, die sein Großvater sich geleistet hatte. Dieser Duft weckte Erinnerungen in ihm, mit denen er ohne Probleme leben konnte.
Er lehnte sich gegen den Fensterrahmen und blickte über den Gebäudekomplex hinweg. Dabei verspürte er ein eigenartiges Ziehen in seiner Brust. Es gab größere Papierfabriken im Süden, aber nur wenige, die erfolgreicher waren. Die Sayers -Hut- ton Tüten- und Papierfabrik besaß eine eigene dampfbetriebene
Energieversorgung, sie war nicht abhängig von dem örtlichen Stromnetz. Der Holzplatz war ein Vorzeigeprojekt, angefangen von den großen, gut bewachten Toren, wo sich die Lastwagen sammelten, um ihre schweren Lasten an Stämmen und Weichholz abzuladen, bis hin zu den großen, schwenkbaren Kränen, die das Holz in die Entrindungs- und Zerkleinerungsmaschinen luden. Die Digestoren, wo starke chemische Mittel zu dem zerkleinerten Holz hinzugegeben wurden, stießen ihre umweltfreundlichen, aber noch immer schädlichen Dämpfe nach einem genauen Zeitplan in die Atmosphäre. Die großen Papiermaschinen rumpelten und dröhnten in einem ständigen Tempo, sie verschlangen den weichen, gereinigten Brei, der aus den Digestoren und den Dampfkesseln kam, trockneten ihn und rollten ihn aus, in langen Bahnen braunen Packpapiers. In der Tütenherstellung wurden einige der riesigen Rollen zu Tüten und Papiertaschen verarbeitet, aber das meiste Papier wurde in riesigen Lastwagen wegtransportiert, die in langen Reihen auf ihre Lasten warteten, wie große graue Frachtwaggons.
Es hatte einmal eine Zeit gegeben, da war das meiste Papier in Eisenbahnwaggons verladen worden, als die Fabrik noch einen eigenen Eisenbahnanschluß gehabt hatte und ihre eigenen Waggons. Das war in den frühen Tagen nach der Gründung der Fabrik gewesen; die Fabrik und die Eisenbahn waren etwa zur gleichen Zeit in die Stadt gekommen, einer war damals noch vom anderen abhängig gewesen. Die alten Gleisanlagen gab es noch immer auf dem Fabrikhof, eine Erinnerung an eine andere Zeit.
Die Fabrik war gewachsen, hatte sich ausgedehnt und sich mit der Zeit verändert. Sie würde sich weiter verändern, das war Reid klar, selbst wenn aus dem Geschäft mit den Schweden nichts werden würde. Dennoch sah er in dem möglichen Verkauf der Fabrik und der riesigen Expansion eine Form des Fortschritts. Der einzige Unterschied war, dass die Huttons nicht mehr direkt damit in Verbindung stehen würden.
Es wäre eine Schande, dachte er, wenn die Familientradition der Fabrik mit mir endete. Sein Vater und sein Großvater und vor ihm der alte Justin Sayers waren stolz gewesen auf das, was sie erreicht hatten, und stolz auf ihren Beitrag zum industriellen Wachstum im Süden und der Erhöhung des Lebensstandards der Bevölkerung von Greenley. Und das war Reid auch, auf seine Weise. Er war nur nicht sicher, ob er sein Leben dem braunen Packpapier widmen wollte.
Vor dem Bau der Papierfabrik war die Gegend um Greenley, wie der größte Teil des nördlichen Louisiana, Farmland gewesen. Es hatte nur wenige große Besitzungen wie Evergreen gegeben, das in den späten vierziger Jahren des neunzehnten Jahrhunderts gegründet wurde; die meisten Farmen hatten gerade genug abgeworfen, dass ihre Besitzer davon leben konnten. Das Leben auf diesen Farmen war erdnah gewesen, angenehm in guten Jahren, wenn genug Regen fiel und Krankheiten und Schädlinge
Weitere Kostenlose Bücher