Verheißung Der Nacht
Möglichkeit, einen Sinn aus den vielen Zahlen zu lesen, war, die Prozentsätze mit den Ratios zu vergleichen. Dennoch war er ein wenig verwirrt von dem, was er herausfand.
Er vergrub sich noch tiefer in die Unterlagen, kontrollierte und rechnete. Gerade glaubte er, dass er eines Tages die ganze Sache in den Griff bekommen könnte, als er Schritte hörte, die auf sein Büro zukamen. Die Tür wurde mit einem solchen Schwung aufgerissen, dass sie gegen die Wand schlug.
In weniger als einer halben Sekunde war Reid aufgesprungen. Er war bereit, stand mit dem Rücken zur nächsten Wand und hatte die bestmögliche Waffe in der geballten Faust, einen Brieföffner.
Keith Hutton kam mit großen Schritten in das Zimmer. Er griff nach der Türklinke und schlug die Tür hinter sich zu. Seine Stimme klang rauh, mit einem verächtlichen Unterton. »Seit drei Tagen will ich schon mit dir reden, Sayers! Es wird langsam Zeit, dass du dich hier sehen läßt.«
Reid entspannte sich ein wenig, er zuckte mit den Schultern und warf dann den Brieföffner auf den Schreibtisch. Er kam um den Schreibtisch herum und lehnte sich dann dagegen. »Wenn du mich wirklich hättest sprechen wollen, dann hättest du mich auch sicher finden können.«
»Das hätte dir gefallen, nicht wahr?« spottete Keith. »Nun, ich bin kein so großer Dummkopf, um zu dir ins Fort zu kommen. Zu viele Männer haben schon da draußen im Wildreservat einen Unfall gehabt.«
Er sprach von Jagdunfällen im Herbst und von Morden, die von Zeit zu Zeit in diesem riesigen Gelände geschehen waren. Seine Bemerkung war eine Entgegnung nicht wert. Alles, was Reid sagte, war: »Ich habe nichts gegen dich.«
»Nun, aber ich habe eine Menge gegen dich. Ich weiß, dass du mit meiner alten Dame geschlafen hast. Teufel, jeder in der Stadt weiß es schon. Aber ich will, dass das aufhört, hier und jetzt. Verstanden?«
Sekundenlang wünschte sich Reid nichts mehr, als seinem Gegenüber die Zähne einzuschlagen, wegen der Art, wie er über Cammie gesprochen hatte. Es wäre nicht schwer; Keith Huttons einmal gutaussehendes Gesicht und sein athletischer Körper waren schlaff geworden. Seine Augen waren blutunterlaufen, und seine Hand, die er jetzt in die Hüfte gestützt hatte, zitterte, als könne er sie nicht ruhig halten. Der Geruch nach Alkohol lag über seinem Atem.
Er lohnt einfach nicht die Mühe, ihn zusammenzuschlagen, dachte Reid. Verächtlich, mit einem Unterton von Mitleid, meinte er: »Ich denke, Cammie kann ganz gut allein entscheiden, was sie tun will. Und sie kann sich auch ihre eigenen Freunde suchen.«
»Und was für Freunde. Du hast nicht das Recht, dich in ihrer Nähe sehen zu lassen.« Reith stieß Reid mit dem Finger gegen die Brust. »Sie ist noch immer meine Frau, bis die Scheidung rechtskräftig ist.«
»Wie ich gehört habe, hast du sie verlassen.«
»Jeder macht mal einen Fehler.« Keith wich seinem Blick aus.
»Bei einer Frau wie Cammie bekommt man keine zweite Chance.« Reids Stimme klang ausdruckslos. Was Cammie betraf, so hatte er seine eigene Abbitte zu leisten, für einige Dinge schon seit langen Jahren, für andere erst seit dem letzten Wochenende. Er hätte es nie zulassen dürfen, dass sie ihn so weit brachte, aufzubrausen. Natürlich hätte er sich zurückhalten können, aber er fürchtete, dass sie recht hatte, wenn es um seine Motive ging, die Papierfabrik zu verkaufen. Doch all das zählte jetzt nicht mehr.
Mit zusammengezogenen Augen sah Keith ihn an. »Willst du mir mit anderen Worten etwa sagen, dass du sie jetzt übernimmst?«
Reid stand langsam auf. »Ich sage dir nur, dass du ein Idiot warst, sie überhaupt gehen zu lassen. Und ich sage dir auch, da du das Thema schon einmal angeschnitten hast, dass du sie endlich in Ruhe lassen solltest. Ich habe nichts übrig für Männer, die Frauen verfolgen.«
»Ich möchte sehen, was du tun willst, um mich davon abzuhalten.« Keith schob trotzig sein Kinn vor, wie ein Teenager bei einer Prügelei auf dem Schulhof.
»Mach weiter so, dann wirst du es erfahren.«
Etwas in Reids Stimme oder vielleicht auch der Ausdruck seiner Augen ließ sein Gegenüber heftig blinzeln. Er machte einen schnellen Schritt zurück und zog finster die Augenbrauen zusammen. »Hat Cammie dir etwa gesagt, dass du mich warnen sollst?«
Reid verzog den Mund zu einem schwachen Lächeln. »Das war meine eigene Idee.«
»Ja, das dachte ich mir. Ich denke, du siehst auch nicht gerade sehr glücklich aus, vielleicht
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