Verheißung Der Nacht
Liebe zu einer guten Frau«, erwiderte er. »Magst du diese Musik nicht?«
»Wie könnte ich sie nicht mögen? Es ist die einzige Musik, die eine erkennbare Melodie besitzt und Texte, die kein Angriff auf den guten Geschmack sind, von Anstand ganz zu schweigen. Außerdem«, meinte sie ein wenig schnippisch, »gibt es so viele gutaussehende Sänger, die diese Musik singen.«
»Das sind die Troubadoure der modernen Zeit, die in ihren Liedern Geschichten erzählen - Poesie für den arbeitenden Menschen, der einzige Ausdruck, der ihm für seine Gefühle erlaubt wird.«
»Er könnte sie mit der Frau in seinem Leben teilen«, meinte Cammie ein wenig schief.
Reid schüttelte den Kopf. »Viel zu riskant. Wenn sie ihn nun nicht versteht? Oder wenn sie ihn zu gut versteht und ihn danach verabscheut? Oder ihn bemitleidet?«
Cammie begegnete seinem Blick, angerührt durch seine unerwartete Empfindsamkeit. Oder vielleicht war es gar nicht so unerwartet. Sie schüttelte langsam den Kopf. »Du bist ein erstaunlicher Mann.«
Sekundenlang blitzte in seinen Augen etwas hell und brennend auf, wie ein Blitz im Frühling. Im nächsten Augenblick schon war es wieder erloschen, und er wandte sich ab. Dennoch fühlte sie den Schein und spürte, wie er an ihr Herz rührte.
Reid Sayers, so stellte sie fest, war ein Mann, der viel von seinem Wesen, seinen Gedanken und Gefühlen verbarg. Er besaß einen festen Schutzwall in seinem Inneren, war immun gegen jegliche Art von Schnüffelei und eigensinniger Neugier. Sie fragte sich, was wohl nötig war, damit er sich einem anderen Menschen öffnete und ihm erlaubte, sein innerstes Selbst anzurühren. Es schien nicht sehr wahrscheinlich, dass sie es jemals herausfinden würde.
Es war wirklich eine Schande.
Hewlett-Packard
9. Kapitel
»Wahrscheinlich erinnern Sie sich nicht mehr an mich«, sagte die junge Frau. Sie hockte nervös auf der Kante des Sofas mit dem blassen Muster aus lachsfarbenen, blauen und gelben Blumen auf dem cremefarbenen Untergrund.
Das stimmt, dachte Cammie, obwohl sie in Gedanken nach einer Verbindung zu dieser Frau suchte. Ihr Familienname, Baylor, war einer der alten Namen in und um Greenley, doch sie konnte sich an Janet Baylor nicht erinnern. Das Gesicht ihres Gegenübers kam ihr zwar bekannt vor mit der blassen Haut und den sanft geschwungenen Zügen unter dem aschbraunen, beinahe mausgrauen Haar. Doch ihr Eindruck war nicht mehr als nur eine Familienähnlichkeit.
»Wirklich, es gibt auch keinen Grund, warum Sie sich ausgerechnet an mich erinnern sollten«, meinte Janet Baylor. »Ich war in der Schule vier Klassen unter Ihnen. Sie wissen doch, wie es ist, die jüngeren Schüler erinnern sich an die älteren, aber die wiederum nahmen von den jüngeren kaum Notiz. Aber am lebhaftesten erinnere ich mich an Sie, weil Sie damals in dem Wagen hinter dem Truck waren, der den kleinen Hund überfuhr, den mein Daddy mir gerade erst zum Geburtstag geschenkt hatte. Sie haben angehalten und haben Rocky aufgehoben und mich dann mit ihm zum Tierarzt gefahren.«
»O ja«, meinte Cammie, als die Erinnerung zurückkam. »Das muss aber schon viele Jahre her sein. Ist eigentlich alles in Ordnung gekommen damals?«
Janet Baylor lächelte und nickte zustimmend mit dem Kopf.
»Rocky ist jetzt zehn und wird sicher schon bald einem anderen Hund Platz machen. Aber er würde nicht mehr leben, wenn Sie nicht gewesen wären, und ich habe Ihnen nie vergessen, wie nett und mitfühlend Sie an diesem Tag gewesen sind. Deshalb habe ich mir auch solche Sorgen gemacht, als ich diese Dinge im Gericht herausgefunden habe. Alle haben gesagt, ich solle den Mund halten, aber das erschien mir nicht richtig. Schließlich wurde mir klar, dass ich zu Ihnen kommen musste , um es Ihnen zu sagen.«
Persephone kam in das Wohnzimmer mit einem kleinen Tablett, auf dem ein Glas Wasser stand, das einzige, das Janet Baylor hatte haben wollen. Cammie hatte ihr Kaffee oder Limonade angeboten und Kuchen, doch sie hatte alles andere abgelehnt. Sie bedankte sich bei ihrer Haushälterin und reichte das Glas Wasser und die mit Brüsseler Spitze besetzte kleine Leinenserviette der anderen Frau. Erst, als sie damit fertig war, sprach sie.
»Ich verstehe nicht, worauf Sie überhaupt hinauswollen. Was haben Sie im Gericht herausgefunden?«
Ihr Gegenüber nahm einen kleinen Schluck Wasser. Sie sah Cammie an, blickte dann aber schnell wieder weg. »Nun ja, es ist so. Ich arbeite in der Stadt als Anwaltsgehilfin im
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