Verheißung Der Nacht
dass deine Fabrik mir gehört.«
»Meinen Glückwunsch«, meinte Reid.
Cammie hörte den ironischen Unterton in seiner Stimme, doch die Tatsache, dass er sich nicht ärgerte, ließ ihre Freude schwinden. Sie runzelte die Stirn. »Wirst du denn keinen Einspruch dagegen erheben?« fragte sie.
»Warum? Der Gedanke, dass der Besitz unserer Familie auf der Großzügigkeit einer Frau basiert, hat mir eigentlich noch nie so recht gefallen.«
Es gab etwas, was Cammie nicht so recht verstand. In dem Bemühen, Klarheit zu schaffen, fragte sie: »Und wenn meine Information nun nicht stimmt?« »In diesem Fall bleibt die schwierige Entscheidung wieder an mir hängen.«
»Ich verstehe dich nicht«, meinte sie mit starrem Gesicht.
»Das ist gar nicht so schwer«, antwortete er. »Ich würde bis zum Tode kämpfen, um etwas zu schützen, das mir gehört, aber ich würde keinen einzigen Schweißtropfen für etwas vergießen, das mir nicht gehört.«
Ein kleines Lächeln umspielte ihren Mund. »Ich bezweifle, dass deine Partner genauso denken.«
Er begriff schnell, das musste sie ihm lassen. Es verging nur der Bruchteil einer Sekunde, nachdem sie zu Ende gesprochen hatte, als er zu lachen begann.
»Keith weiß Bescheid? Und Gordon auch?«
»Es scheint so.«
»Ich glaube kaum«, meinte er nachdenklich, » dass es Keith nur um das Geld geht.«
Flüchtig kam ihr der Gedanke, dass er das vielleicht nur deshalb sagte, weil sie es hören wollte. »Nein«, antwortete sie. »Er will die Macht. Es würde ihm außerordentliche Genugtuung verschaffen, sowohl dich als auch seinen Bruder unter sich zu haben, und wenn es auch nur durch mich wäre.«
»Ich habe nie behauptet, ich würde nicht gegen Keith ankämpfen«, meinte Reid.
Seine Stimme klang stahlhart. Sie warf ihm einen schnellen Blick zu, doch sein Gesicht, das im Schatten lag, verriet nichts von seinen Gefühlen und Gedanken.
Dann sprach er noch einmal, versuchte es auf gut Glück. »Du hast Keith doch nicht gesagt, dass du davon weißt, oder?«
»Noch nicht.«
Er schwieg, in der Ferne rief eine Eule, es war ein sehr einsamer Ton. Schließlich wandte er den Kopf, als hätte er ihren prüfenden Blick gefühlt. »Bist du müde?« wollte er wissen.
»Nein - eigentlich nicht.« Sie zögerte, weil sie nicht wusste , worauf er hinauswollte.
Er wandte sich ab, zog seine Jacke aus und legte sie auf den
Boden. Dann berührte er sanft ihre Schulter und drückte sie hinunter. Als sie auf der Jacke saß, ließ er sich neben sie fallen.
In der Stille, die sie jetzt umgab, hörte Cammie das leise Rauschen des Nachtwindes in den Zweigen über ihnen, fühlte den kühlen Hauch auf ihrem Gesicht. Die Fichtennadeln unter ihnen waren federnd, ein elastisches Bett. Ein modriger und dennoch harziger Geruch stieg von ihnen auf und mischte sich mit dem frischen Duft des Frühlings. Sie und Reid saßen nebeneinander, ohne einander zu berühren, und dennoch fühlte sie die Wärme, die von seinem Körper ausging, und der ein wenig holzige Duft seines After-shave stieg in ihre Nase. Sie dachte an das, was er über ihr Parfüm gesagt hatte, und fragte sich, ob er es wohl noch immer riechen konnte.
»Ja«, meinte er, als hätte er ihre Gedanken erraten, und lachte leise, als sie ihn irritiert anstarrte. »Es ist in deinem Haar, glaube ich. Wie machst du das, wäschst du es damit?«
Sie blickte schnell weg, als könne er sonst sehen, dass sie rot wurde. »Ich sprühe es in die Luft und gehe dann darunter her.«
Er nickte. »Nachdem du gebadet hast und ehe du dich anziehst.«
»Wie bitte?«
Er wandte den Ropf ab. » Lass nur. Ich wollte nur ... diese großartige Affäre zwischen Justin und Lavinia macht mich wirklich neugierig. In meiner Familie wurde nie darüber gesprochen.«
»Weil sie zu schändlich war?«
Reid dachte darüber nach. »Es war wohl eher so, dass Justin ein Mann war, der zurückgezogen lebte, und seine Frau, meine Urgroßmutter, tat ihr Bestes, um die Sache zu verschleiern. Sie heiratete Justin, soviel ich weiß, nur ein paar Monate, nachdem die Affäre beendet war, als hätte man Justin bei einem Rückfall erwischt. Ich habe ein- oder zweimal gehört, dass meine Mutter mit ihren Freundinnen darüber sprach, aber sie haben immer schnell das Thema gewechselt, wenn sie vermuteten, dass ich zuhörte.«
»Ich bin nicht sicher, ob ich alles über die Sache weiß«, meinte Cammie zögernd. »Ich habe es auch immer nur bruchstückweise erfahren. Meine Großmutter, die Mutter
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