Verheißung Der Nacht
zuvor gesehen hatte, oder sogar ein Panther, mit dem sie ihn einmal verglichen hatte. Offensichtlich zufrieden, dass alles in Ordnung war, kehrte er an seinen Platz zurück, ungefähr fünfundzwanzig Meter entfernt, in direkter Linie zu ihrem Schlafzimmerfenster. Er hockte sich hin und bezog seinen Wachtposten, und Cammie musste sich die Augen reiben und ganz genau hinsehen, um überhaupt feststellen zu können, dass er noch da war.
Sie hatte recht gehabt. Dieses Wissen wirkte eigenartig auf sie. Sie war sich über ihre Gefühle nicht im klaren. Fühlte sie sich bedroht oder beschützt, fürchtete sie sich oder war sie dankbar? Sie wusste es nicht.
Sie fühlte nur etwas wie Hingabe in sich aufsteigen, als würde ihr innerstes weibliches Wesen auf die Nachtluft reagieren und auf die ruhige Kraft des Mannes, der das Haus beobachtete. Das war gar nicht das, was sie sich wünschte, aber sie konnte nicht anders.
Und was jetzt?
Sie hatte Reid einiges zu sagen. Das heißt, wenn sie ihm nahe genug kommen konnte, ohne dass er sie massakrierte. Sie öffnete den Mund, um ihm eine Warnung zuzurufen, doch schon im gleichen Augenblick schloss sie den Mund wieder.
Der schattenhafte Umriss der Gestalt dort drüben in der milchigen Dunkelheit hatte etwas an sich, was sie beunruhigte. War er zu groß, zu kompakt? Oder hatte sie die Art, wie er sich hinhockte, misstrauisch gemacht?
Es musste Reid sein; wer sonst hätte es sein können?
Es sei denn, es war Keith.
Doch das schien unwahrscheinlich, Keith hatte nie viel für die Jagd übrig gehabt. Außerdem war er viel zu dünn, um einen solch großen Schatten abzugeben.
Und dennoch musste es einer von beiden sein. Oder etwa nicht?
Der sanfte Nachtwind strich über ihr Gesicht. Das bedeutete, dass sie in Windrichtung desjenigen saß, wer auch immer es sein mochte. Es war möglich, dass jedes kleinste Geräusch, das sie machte, vom Wind weggetragen wurde. Sie konnte versuchen, sich näher an ihn heranzuschleichen, bevor sie sich bemerkbar machte.
Ganz vorsichtig schob sie sich von dem Ast herunter, dann duckte sie sich und trat leise aus dem Strauch heraus. Dabei war sie gezwungen gewesen, ihre Augen von der Stelle abzuwenden, wo Reid sich versteckte. Als sie wieder hinsah, konnte sie ihn nicht mehr entdecken.
War er fortgeschlichen oder lag es an ihrem veränderten Blickwinkel, dass sie ihn im Schatten der Bäume nicht mehr erkennen konnte? Cammie wusste es nicht. Sie biß die Zähne zusammen, ein nervöser Schauer lief durch ihren Körper. Mit einem Fuß in der Luft blieb sie unentschlossen stehen.
Es war unmöglich, so die ganze Nacht stehenzubleiben. Auf jeden Fall war es keine Garantie, dass sie in Sicherheit war, nicht, wenn der Mann gesehen hatte, dass sie hier draußen war, wer immer er auch sein mochte.
Sie machte einen kleinen Schritt vorwärts, stellte ihren Fuß vorsichtig auf den Boden und belastete ihn nur ganz allmählich, damit kein Ast oder kein trockenes Blatt ein Geräusch machte. Schritt für Schritt zog sie sich langsam in den Wald zurück, weg vom Haus und von dem Mann, der es beobachtete.
Es war vielleicht eine Stunde später, oder auch zwei Stunden, als Cammie das schwache Licht von Evergreen wieder zwischen den Zweigen der Bäume erkennen konnte. Sie schob sich an den unteren Zweigen einer Kiefer vorbei, während sie versuchte, mit den Augen die Dunkelheit zu durchdringen.
Das Ganze war verrückt, ja sogar dumm. Sie wusste nicht mehr, wie sie auf die Idee gekommen war, ihren Hals zu riskieren, nur um herauszufinden, ob Reid ihr Haus beobachtete. Sie war es müde, dieses hochkarätige Versteckspiel noch weiter zu spielen, müde, all ihre Muskeln anzustrengen, um nur kein Geräusch zu machen. Wenn sie nur in die Nähe ihrer Hintertür gelangen könnte, ohne überfallen zu werden, dann würde sie ins Haus laufen, schneller als eine Katze blinzeln konnte.
Sie konnte nichts sehen, nur Bäume und silberbetautes Gras und die Schatten, die das Mondlicht warf und die sich im Wind leicht bewegten. Sie würde es versuchen. Vorsichtig trat sie aus der Deckung.
Ein starker Arm legte sich um ihre Taille und zog sie zurück, gegen einen Körper, der so hart und fest war wie der Stamm eines Hickorybaumes. Ihr erschrockenes Aufkeuchen wurde gedämpft durch eine warme Hand, die sich auf ihren Mund legte.
»Wenn Keith oder sonstjemand beginnt, Gardenienparfüm zu benutzen«, brummte Reid mit grimmiger Verärgerung, »dann bin ich in großen
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