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Verheißung des Glücks

Verheißung des Glücks

Titel: Verheißung des Glücks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Lindsey
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bedrängt, bis er sich im Inneren einer geräumigen Kutsche wiederfand. Offenbar hatten die Brüder einen bestimmten Plan, und sie hielten sich nicht mit Höflichkeitsfloskeln auf. Sie fesselten ihn an Händen und Füßen, steckten ihm einen Knebel in den Mund und verbanden ihm zu guter Letzt auch noch die Augen. Dann warfen sie Lincoln auf den Boden der Kutsche.
    Bislang war zwischen den Brüdern kein einziges Wort gefallen. Sie hüllten sich auch weiterhin in Schweigen, während Lincoln wie ein verschnürtes Paket vor ihren Füßen lag. Sie hatten ihn vollkommen überrascht, das musste er ihnen lassen. Weil sie sonst stets in der Gruppe kämpften und sich auf ihre Übermacht verließen, hatte er mit derlei taktischen Manövern gar nicht gerechnet. Doch offensichtlich wussten die MacFearson-Brüder genau, was sie taten, denn es entspann sich keinerlei Diskussion darüber, was nun weiter geschehen sollte. Lincoln wusste nur eines: Was sie mit ihm vorhatten, würde ihm nicht gefallen.
    Stunden vergingen und Lincoln begann langsam, aber sicher das Schlimmste zu befürchten. Vielleicht hatten sie einen Gefängnisaufseher bestochen, warfen ihn in ein Verlies und waren ihn damit für alle Zeiten los. Wer glaubte schon den Unschuldsbeteuerungen eines Gefangenen? Möglicherweise hatten die Brüder auch bereits irgendwo in einem Wald eine Grube ausgehoben, brachten ihn um und verscharrten ihn dort. Und nun suchten sie in der hereinbrechenden Dunkelheit nur noch die bewusste Stelle.
    Warum sie ihn gefesselt hatten, leuchtete Lincoln ein. Die MacFearsons wollten sicher sein, dass er sich nicht wehren konnte. Aber was sollte der Knebel? Legten sie nur einfach keinen Wert drauf zu hören, was er von ihrem Überfall hielt? Oder fürchteten sie, er würde um Hilfe rufen? Auch die Augenbinde war gänzlich unnötig. Sollte er nicht sehen, wohin sie ihn brachten? Sollte er nicht wissen, wer ihm half — falls ihm überhaupt jemand zu Hilfe kam? Oder wollten sie sich den Anblick der Wut in seinen Augen ersparen?
    Merkwürdigerweise war er gar nicht wütend. Noch nicht. Zwar fühlte er sich nicht besonders wohl in seiner Haut und begann auch, sich gewisse Sorgen um seine unmittelbare Zukunft zu machen, doch das vorherrschende Gefühl war Neugier. Was sie mit ihm anstellten, war einfach zu ungewöhnlich für die MacFearsons. Sie gingen nie einem Kampf aus dem Weg. Wenn sie ihn ernsthaft verletzen wollten, konnten sie das ganz einfach mit den Fäusten tun. Aber wenn es ihnen darum ging, ihn loszuwerden ...
    Wo immer sie ihn hinbrachten, es dauerte eine halbe Ewigkeit, an diesen Ort zu gelangen. Der Gedanke an Schottland drängte sich ihm auf. Sie konnten ihn für alle Zeiten in ihrem Haus im Hochland einsperren. Schließlich hielten die MacFearsons zusammen wie Pech und Schwefel. Kein Mitglied ihres Clans würde irgendwelche Fragen stellen. Sie konnten ihn mit Leichtigkeit verstecken, bis Melissa ihn vergessen hatte und einen anderen heiratete.
    Vielleicht verließen sie London aber auch gar nicht. Er selbst hatte schließlich den Kutscher in der letzten Nacht auch stundenlang ziellos durch die verlassenen Straßen fahren lassen. Vielleicht taten die Brüder nun genau das. Lincoln wusste nicht, wie viele Stunden er schon auf dem Boden der Kutsche lag. Er nahm an, dass es bald Mitternacht sein würde, wenn nicht sogar schon später. Falls die MacFearsons mit der Kutschfahrt nur die Zeit bis zu den frühen Morgenstunden totschlugen, konnte das nichts Gutes bedeuten. Das hieß nämlich, sie wollten keine Zeugen, weil das, was sie vorhatten, mit Sicherheit gegen das Gesetz verstieß.
    Bislang hatte keiner von ihnen ein Wort gesprochen. Auch dass sie nicht miteinander stritten, wertete Lincoln nicht als gutes Zeichen. Denn im Normalfall waren sie nie alle einer Meinung. Nur das gelegentliche Scharren von Füßen verriet ihm, dass er nicht ganz allein in der Kutsche lag.
    Seine Hände und Füße waren längst taub geworden. Es wäre nicht notwendig gewesen, ihm die Hände auf den Rücken zu fesseln. Lincolns Wange lag auf den harten, kalten Bodendielen, und sicher hatte er schon etliche Holzsplitter abbekommen, denn immer wieder holperte der Wagen durch tiefe Rinnen in der Fahrspur.
    Unwillkürlich spannten sich Lincolns Muskeln, als die Kutsche endlich zum Stehen kam. Er bereute es sofort, denn seine steifen Glieder begannen erbärmlich zu schmerzen. Man zerrte ihn ins Freie und stellte ihn auf die Füße, jedoch nur für einen kurzen

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