Verheißung des Glücks
sich zum Dinner umzogen. Zum ersten Mal seit ihrer Ankunft waren sie allein miteinander. »Das meinte sie doch. Oder habe ich mir das nur eingebildet?«
»Ist dir eigentlich klar, dass sie nur achtzehn Jahre lang mit uns gelebt hat, aber vermutlich dreimal so lange mit ihrem Ehemann zurechtkommen muss?«, antwortete Kimberly mit einer Frage.
»Und was soll das nun wieder heißen?«
»Ganz einfach. Es heißt, dass der Ehemann wichtiger ist als der Vater.«
»Aber sie hat mir bisher immer gehorcht, Kimber. Noch kein einziges Mal hat sie sich ihrem Vater widersetzt.«
»Sie ist eben eine gute Tochter. Eine bessere hätten wir uns gar nicht wünschen können. Aber jetzt geht es um ihre Zukunft und ich hoffe nicht, dass du erwägst, sie zu enterben, wenn sie nicht treu und brav das tut, was du von ihr verlangst. Du bist schließlich kein Mann wie mein Vater — oder vielmehr wie der, den ich lange dafür hielt. Versetz dich doch einmal in Melissas Lage ... Nein, tu es lieber nicht. Schließlich warst du seinerzeit nicht besonders erpicht darauf, mich zu heiraten ...«
»Doch, das war ich.«
»Nein, warst du nicht«, beharrte Kimberly. »Die Entscheidung kam sogar für dich ziemlich überraschend. Dass du mich schließlich zur Frau genommen hast, war keineswegs von langer Hand geplant.«
»Kimber, wie kannst du behaupten, ich hätte dich nicht heiraten wollen? Als mir einmal klar war, dass du die Richtige bist, konnte ich an nichts anderes mehr denken.«
»Pah! Du hast mich nicht ausreden lassen. Ich wollte sagen: Jedenfalls nicht sofort. Aber darum ging es mir eigentlich gar nicht. Ich wollte, dass du dir überlegst, was du damals für deine Eltern getan hättest. Ja, ich weiß, deine Stiefmutter war verschwunden und dein Vater tot. Aber wenn sie noch da gewesen wären — hättest du dann ihnen zuliebe auf deine Auserwählte verzichtet und dafür die Frau geheiratet, die ihnen genehm gewesen wäre?«
Lachlan wich ihrem Blick aus. »Sie hätten sich niemals eingemischt.«
Kimberly funkelte ihren Gatten aus zusammengekniffenen Augen an. »Weil du ein Mann bist? Ist es das? Hätten deine Eltern dich deshalb selbst entscheiden lassen?«
Ihm war nicht ganz wohl in seiner Haut. »Bei einer Frau ist das etwas anderes, Kimber. Das weißt du genau. Darüber brauchen wir nicht zu streiten. Außerdem ist Melissa erst achtzehn. Und wenn sie sich aus irgendeinem Grund einen Mann in den Kop f setzt, der nicht zu ihr passt, dann ist es unsere elterliche Pflicht, dafür zu sorgen, dass sie ihren Fehler erkennt.«
Kimberly warf ihm einen bösen Blick zu. »Du weißt, wie ich darüber denke, Lachlan. Meine Mutter hörte au f ihre Eltern und heiratete einen Mann, den sie verachtete, anstatt ihrem Herzen zu folgen und denjenigen zu nehmen, den sie liebte. Deshalb war sie bis ans Ende ihrer Tage eine unglückliche Frau. Ein solches Schicksal möchte ich meiner Tochter unbedingt ersparen. Ich habe ihr den Namen meiner Mutter gegeben, weil ich wollte, dass sie es einmal besser macht, nicht damit sie die Fehler meiner Mutter wiederholt. Also wäge deine Entscheidung über den jungen Mann, den Melissa heiraten möchte, sehr gewissenhaft ab.«
»Heißt das, du wirst dich auf Melissas Seite schlagen, falls ich diese Heirat verbiete?«, fragte Lachlan.
Kimberly schwieg. Dann wandte sie ihm den Rücken zu, damit er die obersten Knöpfe an ihrem Abendkleid schließen konnte. Damit sagte sie ihm auf ihre Art, dass sie nicht davon ausging, dass es so weit kommen würde. Auch Lachlan rechnete im Grunde nicht damit. Aber noch hatten die MacFearsons ihm nicht gesagt, was sie gegen Melissas Verehrer einzuwenden hatten. Kimberly wusste mehr als er, doch sie fand, er sollte die Geschichte lieber aus erster Hand hören. Es war ja auch nicht notwendig, sich alles ein Dutzend Mal anzuhören. Die Brüder seiner Frau würden ihm sicher haarklein erzählen, was hinter ihren Befürchtungen steckte.
Kimberly sagte nur: »Melissa kennt beide Versionen und will den Mann trotz allem heiraten. Du musst zugeben, dass das für ihn spricht. Und vergiss nicht den ersten Eindruck, den du von ihm hattest. Schließlich hattest du nichts dagegen, dass er Melissa den Hof macht.«
Dazu schwieg Lachlan, denn sein positiver erster Eindruck von Lincoln Burnett war von seinen eigenen Wünschen beherrscht gewesen. Lincoln war Schotte und besaß ein Anwesen in der Nähe von Kregora. Das hieß, Melissa würde nicht allzu weit von ihren Eltern entfernt leben. Zumindest
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