Verheißungsvolle Küsse
Gestampfe hörten und nachschauen kamen, würden ihnen diese Barrieren kostbare Zeit einbringen.
Sebastian war sich des Problems bewusst - er sah, wie Fabien spöttisch den Mund verzog, und wusste, dass sein alter Feind es auch erkannt hatte. Je länger er und Fabien im Mondlicht fochten, desto geringer war ihre Chance zu fliehen - egal wie die Partie ausging.
Es war eine Art Schach. Keiner von beiden würde töten; es lag nicht in ihrer Natur. Triumphieren ja - aber was für einen Sinn hatte es zu gewinnen, wenn man den Besiegten nicht verhöhnen konnte? Außerdem waren sie beide von edler Geburt. Jeder von ihnen hätte es schwer, den Tod des anderen zu rechtfertigen - besonders, nachdem sich einer von ihnen auf ausländischem Boden befand. Töten kam nicht in Frage. So versuchten sie zu entwaffnen, zu verwunden, zu gewinnen.
Aber in dem schwerer wiegenden wichtigeren Spiel lag der Vorteil jetzt bei Fabien. Sebastian wehrte einen bohrenden Stoß ab und konzentrierte sich noch mehr darauf, den Sieg zu erringen.
Fabien war sich sicher, dass er nicht mehr riskierte als seinen Arm, und war begierig, die Kräfte zu messen. Beide galten als Meister, Fabien hielt das Treffen für längst überfällig. Der Franzose war schnell, aber Sebastian hatte Kraft und eine Beweglichkeit, die er hartnäckig kaschierte. Er drängte Fabien zurück, verwandelte Parade in Stoß, weigerte sich auf Fabiens anschließende Finte einer Riposte einzugehen, die den Gegner erst mal zurückweichen ließ.
Täuschen, den Gegner dazu verlocken, seine Deckung zu öffnen, sich auf seine Schnelligkeit verlassen, die ihn vor Gefahr bewahrte - das war Fabiens Stil. Sebastian machte keine Finten, focht auf seine eigene Weise, geradeaus, direkt - ohne Täuschung. Er musste das rasch zu Ende bringen; die einzige Möglichkeit, Fabiens Geschick auszuschalten war, ihn zu überwältigen, und nur das bedeutete Zeitgewinn.
Bedeutete aber auch minutenlanges Scharmützel, genug, um Fabien von seiner Angriffslust zu überzeugen. Hieß, Fabien in eine Ecke der Galerie drängen - dorthin, wo Helena zuschaute, mit dem Rücken zur Tür. Er wünschte, sie wäre nicht hier, aber konnte seine Aufmerksamkeit nicht lange genug von Fabien abwenden, um sie wegzuschicken.
Sobald er Fabien da hatte, wo er ihn haben wollte, begann er eine lehrbuchmäßige Reihe von Stoß-Gegenstoß-Paraden, trieb den Franzosen rückwärts, sodass diesem plötzlich das Pech in einer Ecke festzusitzen klar wurde, und zwar mit einem größeren, stärkeren Gegner vor sich.
Fabien begann, nach einem Ausweg zu suchen.
Den Sebastian ihm gewährte.
Machte eine Finte nach links.
Fabien sah die Öffnung, trat links ab, warf sich nach vorn …
Da hörte Sebastian einen erstickten Schrei. Es gab kein Zurück mehr: Er ging in die Hocke, drehte sein Handgelenk und stieß blitzend nach oben - im selben Moment sah er eine braune Explosion von seiner Linken heranschießen.
Nachdem er sein Gewicht in die Klinge geworfen hatte, sein Körper sich zur Attacke streckte, schaffte er es nicht mehr, sie aufzuhalten.
Konnte nur entsetzt mitansehen, als sie zwischen ihnen erschien, die Stelle verdeckte, wo seine linke Brust gewesen war - die Stelle, auf die Fabien ihrer Meinung nach zielte.
Er sah wie sich dasselbe Entsetzen auf seinen Zügen spiegelte.
Zu spät - Fabien gelang es nicht, seinen Stoß zu bremsen. Sein Degen bohrte sich in Helenas Schulter.
Sebastian hörte ihren Schrei, als seine Klinge die letzten Zentimeter überwand, stieß ein gutturales Brüllen aus, doch sein Handgelenk drehte sich bereits, und lenkte die Spitze zehn Zentimeter nach innen.
Fabien wollte sich ducken, doch der gefährliche Stoß hatte ihn schon getroffen. Die Spitze durchbohrte seine Jacke, biss zu und sank ins Fleisch, glitt an einer Rippe entlang …
Sebastian wich zurück, ließ den Degen los, bevor er es bereuten würde. Kümmerte sich nicht mehr um die Waffe, sondern fing Helena auf.
Fabien taumelte; dann kollabierte er gegen die Wand und rutschte nach unten, eine Hand gegen seine Seite gepresst, mit totenblassem Gesicht. Sebastian spürte den brennenden Blick des Franzosen. Wusste, dass es nicht seine Absicht gewesen war, Helena zu treffen.
Ariele und Phillipe rannten zu ihnen. Sebastian wappnete sich gegen die zu erwartende Hysterie - aber Ariele prüfte die Wunde und machte sich dann daran, eine Rüsche von ihrem Petticoat abzureißen, wies Phillipe an, Fabiens Krawatte zu holen.
Phillipe näherte sich ihm
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