Verheißungsvolle Küsse
ihr wurdet aufgehalten, und deshalb seid ihr erst jetzt eingetroffen. Er hat euch beiden befohlen Ariele nach Paris zu bringen. Daraufhin zog er sich zurück und überließ euch alles Weitere - aber er will eure sofortige Abreise. Im übrigen wolle er nicht gestört werden, weil er Kopfschmerzen hat.«
»Eine Migräne«, ertönte Helenas Stimme, schwach aber deutlich. »Er leidet unter Migräne - das Personal weiß, dass es sie den Kopf kosten kann, wenn sie ihn dann stören.«
»Perfekt. Er hat eine Migräne und hat dir Order erteilt, sofort mit Ariele aufzubrechen. Das ›sofort‹ aus dir unbekannten Gründen sei lebenswichtig - das habe Fabien klar gemacht!« Sebastian sah zu Ariele. »Du bist nicht froh darüber, aus dem Bett geholt und nach Paris geschickt zu werden!« Ihm fielen die Pantoffeln, die sie angelegt hatte, ins Auge. »Ihr werdet die Treppe hinunterstapfen, verdrossen sein und ein grimmiges Gesicht machen. Jault, wenn Ihr irgendein Geräusch kaschieren müsst. Es wird so aussehen, als würde Helena Euch halten - in Wirklichkeit werdet Ihr sie halten!«
Und Helena fragte er: »Kannst du laufen, mignonne ?«
Sie nickte mit zusammengebissenen Zähnen.
Er stutzte, sah hinunter zu ihr, akzeptierte aber ihre Tapferkeit. Ihm fiel keine andere Möglichkeit ein, sie sicher aus dem Haus zu schaffen. »Bon!« Er wandte sich an Phillipe. »Jetzt seid Ihr an der Reihe, die Kutsche bereitstellen zu lassen. Rennt die Treppe hinunter und versetzt alle in Panik! Beantwortet keine Fragen dazu, wie ihr hierher gekommen seid! Ihr müsst Euch einzig darauf konzentrieren, Ariele sofort wegzubringen - wie Euer Onkel es befohlen hat. Wenn das Personal Schwierigkeiten macht, sagt ihnen, Fabien liegt mit einer Migräne in seinem Zimmer - und schlag ihnen vor, sich um ihn zu kümmern.« Er blieb vor dem jungen Mann stehen. »Wenn sie Euch Fragen stellen, dann benehmt Euch so wie Fabien - oder wie ich das machen würde. Ihr habt Ariele bei den Reisevorbereitungen geholfen, aber nun sei auch noch Helena mit von der Partie und Ihr wollt die Kutsche jetzt vorgefahren haben - ohne eine Verzögerung …«
Phillipe nickte. »Ja, ich verstehe.«
Sebastian fuhr fort, skizzierte die letzte Phase seines Planes. Schließlich schlug er Phillipe auf die Schulter. »Geht - wir werden von hier aus horchen und kommen hinunter, sobald die Kutsche da ist. Helena soll sich nicht länger als nötig auf den Beinen halten.«
Phillipe nickte, öffnete die Galerietür, spähte hinaus, nickte und zog los.
Sie lauschten seinen zuversichtlichen, bestimmten Schritten, bis sie verhallt waren. Sebastian ging neben Helena in die Hocke. Sie packte seinen Ärmel, sah in sein Gesicht. »Und du? Wie willst du dich uns anschließen?«
Er nahm ihre Hand, führte sie an seine Lippen. »Ich habe nicht vor, dich aus den Augen zu lassen, mignonne . Sobald ihr in der Kutsche sitzt, komme ich nach.«
Beruhigt sammelte Helena ihre Kräfte für die bevorstehende Schlacht. Ihre Wunde hatte zwar heftig geblutet und das Blut war in den dicken Umhang gesickert; aber auf Grund dessen dunkler Farbe sah man den Fleck nicht.
Sie hörten den Aufruhr, als Philippes Gebrüll die Dienerschaft aufweckte. Der Butler weigerte sich zunächst seine Befehle entgegenzunehmen - doch Phillipe behandelte ihn mit einer hochnäsigen Arroganz, die Fabien alle Ehre gemacht hätte.
Es gelang ihm also, die Kutsche anspannen zu lassen. Aus den Schatten der oberen Halle beobachteten Sebastian und Ariele, die Helena zwischen sich stützten, wie Phillipe nervös auf und ablief - als erwarte er tatsächlich, Fabien könnte jeden Moment auftauchen und donnern, warum er noch hier wäre.
Seine Besorgnis war ansteckend. Zehn Minuten nachdem man einen Lakaien im Eiltempo in den Stall geschickt hatte, verkündete das Klappern von Hufen die Ankunft der Kutsche.
Sebastian drückte Helena einen Kuss auf die Schläfe, umarmte sie kurz, dann trat er zurück. »Geht!«
Ariele zwinkerte ihm zu. Dann setzte sie eine grimmige Miene auf, schimpfte vor sich hin und schlurfte, als ob sie weggezerrt würde. Dabei stützte sie Helena, die sich an sie klammerte.
Phillipe blickte aus der unteren Halle nach oben. »Wo sind sie?«, murmelte er vor sich hin. »Los, los - beeilt euch!« Er schickte sich an, mit raschen Schritten die Treppe zu erstürmen, da erschienen Helena und Ariele am oberen Absatz. »Endlich!« Phillipe stieg weiter hinauf, Ariele entgegen, griff aber heimlich um sie herum, damit er Helena
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