Verhext in Texas: Roman (German Edition)
wechselte kurz darauf noch einmal plötzlich die Richtung. Sie röhrten an der ersten Straße vorbei, während ich erneut abbog, eine Abkürzung durch das Viertel nahm und mich dann wieder in den Verkehr auf einer der Hauptstraßen einfädelte.
»Ich glaube, es folgt uns noch jemand«, sagte Owen in dem erschreckend ruhigen Ton, den er immer in angespannten Situationen anschlug. Es beeindruckte mich, dass er gar nicht versuchte, auf seiner Seite des Wagens auf nichtexistente Bremsen zu treten, wenn ich gewagt in die Kurven fuhr. Man hätte meinen können, er wäre täglich in Autorennen verwickelt.
»Sie müssen Verstärkung gerufen haben«, sagte ich, während ich erneut scharf abbog. Und dann musste ich voll in die Eisen steigen, weil eine alte Dame langsam mit ihrer Gehhilfe die Straße überquerte, um zu ihrem Briefkasten zu gelangen. Die Bösewichter hinter uns holten auf.
Sobald die alte Dame mehr als die Hälfte der Strecke zurückgelegt hatte, fuhr ich unter Ausnutzung der Gegenfahrbahn um sie herum und setzte meinen Weg dann fort. Owen drehte sich auf dem Sitz um und murmelte etwas in einer fremden Sprache; mein Medaillon hüpfte mir fast vom Hals. »Was machst du?«, fragte ich.
»Kleines Ablenkungsmanöver«, antwortete er in seinem ruhigen Krisenton.
Ich riskierte einen Blick in den Rückspiegel und sah, dass die alte Dame noch an ihrem Briefkasten stand. Das Auto, das uns verfolgte, kam aber mit quietschenden Reifen zum Stehen und einer der Männer sprang aus dem Wagen und kniete sich davor hin. Die Dame sah ihn einen Moment an, zuckte dann mit den Schultern und ging langsam wieder zurück über die Straße. »Lass mich raten: Sie glauben, Sie hätten sie angefahren.«
»Vielleicht erteile ich ihnen eine Lektion in Sachen vorausschauendes Fahren.«
Ich bog wieder auf die Hauptstraße ab in der Hoffnung, dass wir jetzt ohne unsere Feinde im Schlepptau nach Hause fahren konnten. Aber leider bog eins der Verfolgerautos von einer anderen Straße ebenfalls auf die Hauptstraße ab und nahm unsere Fährte wieder auf. Bald war noch ein zweiter Wagen hinter diesem, und dann kam noch ein dritter dazu.
»Wo ist Burt Reynolds, wenn man ihn braucht?«, fragte ich und versuchte mir etwas einfallen zu lassen. Mein Repertoire an Fahrtricks war ziemlich beschränkt, vor allem in diesem alten Pick-up, der kaum fünfzig Meilen fuhr und sich in die Kurve legte wie die Titanic.
»Wäre klasse, wenn Rocky und Rollo jetzt da wären«, meinte Owen. Damit bezog er sich auf die zwei verrückten Gargoyles, die manchmal als Fahrer für MMI arbeiteten. Sie hatten ein ungewöhnliches arbeitsteiliges Fahrsystem entwickelt, das einen ganz schön Nerven kosten konnte, vor allem in Manhattan. »Bremsen!«, rief er. Ich lachte und musste an die verrückte Fahrt zurückdenken, die wir einmal mit den beiden unternommen hatten, und an die Art, wie sie sich dabei gegenseitig Befehle zugerufen hatten. »Nein, ich meine es ernst!«, rief er.
Ich trat voll auf die Bremse, ohne überhaupt zu gucken, was er meinte, und als wir standen, sah ich einen riesigen alten Cadillac auf die Straße preschen. Er sah aus wie ein Geisterauto ohne Fahrer, bis ich das durch das Lenkrad spähende Augenpaar und die darüber aufragende Wolke blauweißen Haars erblickte. »Oh, super. Wir mussten ausgerechnet Mrs Gray bei ihrer wöchentlichen Einkaufstour begegnen. Normalerweise steht es in den amtlichen Bekanntmachungen, wann sie unterwegs ist, damit sich dann alle anderen von der Straße fernhalten. Sie will einfach nicht zur Kenntnis nehmen, dass außer ihrem noch andere Fahrzeuge am Verkehr teilnehmen könnten.« Trotz des Tempos, in dem sie sich vor unsere Nase gesetzt hatte, zockelte sie mit nur zwanzig Meilen pro Stunde weiter, während ihr Blinker wie wild weiterblinkte. Mit anderen Worten: Unsere Verfolger saßen uns direkt im Nacken.
Mein Medaillon spielte verrückt. Hätte ich nicht das Lenkrad im Klammergriff gehabt, hätte ich mir die Kette vom Hals gerissen. Ich war nicht sicher, womit sie uns beschossen, aber ich war froh, dass es weiter keine Wirkung auf mich hatte. »Alles in Ordnung mit dir?«, fragte ich Owen; er sah schrecklich blass aus.
»Ja, alles gut. Das ist ganz leicht abzuwehren. Sieht so aus, als wollten sie mich dazu bringen, auszusteigen und zu ihnen zu gehen.«
»Schade, dass ich keine Zentralverriegelung habe, mit der ich dich im Wagen festhalten kann.«
»Ich glaube kaum, dass du mich am Aussteigen hindern könntest,
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