Verico Target
ordnen. Cavanaugh wünschte
sich, das Gesicht des Mannes sehen zu können. »Sie
hätten ihn einfach so ausschalten können? Robert
Kennedy?« wiederholte Deming ungläubig.
»Oder John F. Kennedy«, sagte Cavanaugh.
»Und kein Oswald mehr nötig? Kein Schulbuchdepot? Kein
Jack Ruby?«
»Nicht mehr nötig«, sagte Felders.
»Oder den russischen Ministerpräsidenten. Oder einen
arabischen Ölscheich. Oder einen südamerikanischen
Drogenboß. Ein Mord, der wie ein natürlicher Todesfall
aussieht, wenn man sich ihn leisten kann.«
Felders sagte: Ȇberlegen Sie mal, was so etwas auf dem
internationalen Terrormarkt wert wäre! Millionen. Letzten Endes
Milliarden.«
»Spekulationen!« explodierte Lancaster. »Niemand wurde bisher mit einem gottverdammten Virus umgebracht!«
»Montag abend«, sagte Deming langsam und tonlos.
»Richter Fogel. Er hatte einen Herzinfarkt. War erst
zweiundfünfzig…«
»Nein«, meinte Lederer unsicher. »Das glaube ich
nicht. Jetzt noch nicht. Sie würden es erst irgendwo
testen… es wäre nicht…«
Eine lange Stille. Cavanaugh sah die Washington-Post vor
sich und die Schlagzeile darauf in drei Zentimeter hoher Schrift:
FOGEL TOT! Der Oberste Richter war der unerbittlichste Verfechter
einer Einengung der Verzögerungstaktik verurteilter Krimineller
gewesen. Fogel hatte für eine Reduzierung der
Berufungsmöglichkeiten gekämpft, für eine
Beschränkung zulässiger Beweismittel bei
Berufungsverfahren… FOGEL TOT!
Lederer beendete die Stille. »Gewebeproben. Man würde
eine Blutprobe des angepeilten Opfers benötigen – oder
irgendein Stück Körpergewebe. Um ein Virus zu bauen, das
für die HK-Gene eines bestimmten Individuums
maßgeschneidert ist.«
»Wieviel Blut?« fragte Felders umgehend.
»Nun ja… ein paar Tropfen würden genügen. Im
Blut befinden sich alle möglichen Zellen, einschließlich
Makrophagen. Man muß sie nur isolieren und eine Kultur daraus
züchten.«
»Fogel war vor ein paar Monaten im Krankenhaus«, sagte
Deming. »Irgend etwas mit den Nieren. Es stand sogar in der
Zeitung. Dort wird man ihm gewiß Blut abgenommen
haben…«
»Und so besticht man einen Laboranten, um etwas davon zu
bekommen«, schloß Cavanaugh an Demings Stelle.
»Verdammt«, sagte Felders, »das ist gar nicht
notwendig. Man nimmt sich seinen Müll vor. Das Opfer geht zum
Zahnarzt, es blutet ein wenig, das Opfer wischt sich den Mund an
einem Stück Zellstoff ab. Nimm dir den Müll des Doktors
vor. Das Opfer läßt sich die Haare schneiden. Folge ihm
zum Friseur, sieh zu, daß du ein Büschel Haare in die
Hände kriegst. Du überwachst ihn und siehst, wie er sich in
den Finger schneidet und die Wunde mit einem Taschentuch umwickelt.
Geh in die Wäscherei – in manchen Städten gehört
dem Syndikat ohnehin ein Teil jeder Wäscherei. Blut ist
einfach.«
»Sperma«, sagte Cavanaugh. Er hatte ein paar Stunden
Zeit gehabt, die Sache durchzudenken. »Wenn der Kerl zu den
Huren geht, dann schick ihm eine von denen, die du selbst laufen
hast. Wie viele Männer machen’s mal mit Huren – wie
viele Mafiamitglieder, Politiker, Bankiers? Die meisten. Doktor,
könnten Sie die für die Virusherstellung geeigneten Zellen
auch aus Samenrückständen gewinnen?«
»Ja«, sagte Lederer.
Deming, immer noch mit seinen Gedanken im Konkreten, ganz
Bestimmten verhaftet, sagte: »Die Frauen, die bei Kennedy im
Weißen Haus aus und ein gingen… Teufel, nicht nur bei
Kennedy! Und Blut… der Mordanschlag auf Reagan, Bushs Operation,
Clintons Stürze beim Joggen… und jetzt…« Wiederum
ließ er das Ende seiner Rede in der Luft hängen.
Cavanaugh dachte daran, wie viele Menschen im Weißen Haus
aus und ein gingen: die Leibwächter, die Dienstmädchen, die
Gärtner, die Reporter – es reichte, einen davon zu
infizieren, und er würde nie erfahren, womit man ihn infiziert
hatte, würde denken, er hätte sich in seiner Stammkneipe
eine Erkältung eingefangen, dort hatte er gehört, wie Leute
niesten… Und wenn sie die Erkältung nicht beim erstenmal
bekommen, dann versucht man es eben wieder und immer wieder…
Ein nicht als solcher erkennbarer, risikoloser Mord aus der
Ferne.
Lancaster fixierte mit starrem Blick die Wand.
»Es gibt nur noch eines, was ich Ihnen sagen kann«,
meldete Lederer sich wieder zu Wort. Seine Stimme klang müde,
der psychische Druck hatte sich zu emotionaler Erschöpfung
gewandelt. »Irgendwo müßte es dazu Tests geben. Diese
Leute brauchen kontrollierte Versuche – das
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