Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Verico Target

Verico Target

Titel: Verico Target Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
Vom Netzwerk:
es
nichts gegeben, was ich für Saralinda nicht getan hätte
– einschließlich sie rauszuholen aus dieser stinkenden
Siedlung. Weil ich sie liebe. Ist das so schwer zu verstehen?
Hm? Einfache Liebe?«
    Ja, dachte Judy. »Nein«, sagte sie.
    »Ist es aber für Saralinda. Mit ihr stimmt etwas nicht,
irgendwie denkt sie, sie verdient meine Liebe nicht. Grady hatte ganz
recht damit. Aber sie verdient sie. Sie verdient alles,
Schwester!«
    Judy sah die bewußtlose Frau auf dem Bett an. Saralindas
Stirn glänzte wiederum vom kalten Schweiß, und auf ihrer
Brust klebten die zusammengefalteten, blutdurchtränkten
Stoffstreifen, die Judy nicht zu entfernen wagte. Penny nieste wieder
und stöhnte leise. Draußen hob sich der Wind.
    Botts leerte sein Glas. Tränen standen in seinen Augen. »Alles. Saralinda verdient es, alles zu haben. Hier,
Schwester.« Er streckte ihr die Flasche hin. »Gießen
Sie das weg.«
    Sie sah ihn an. »Weggießen?«
    »Jawohl. Machen Sie die Tür einen Spalt auf und
gießen Sie’s in den Schnee.« Er starrte wiederum
seine Frau an – das blasse, schmale Gesicht, die
blaugeäderten Lider, das lange braune Haar, das verheddert auf
dem Kissen lag. Ein Loch in ihrer Brust.
    »Gießen Sie alles weg. Saralinda mag nicht, daß
ich trinke.«

Als
Cavanaugh auf dem Anwesen der Streiter des göttlichen Bundes
ankam, war es fast Mitternacht. Doch niemand schien dort an Schlaf zu
denken. Er ging langsam durch die Siedlung, ohne nach etwas
Bestimmtem Ausschau zu halten.
    Nicht, daß es nichts zu schauen gegeben hätte: Im
Schein der starken Flutlichter umfaßten die
Sehenswürdigkeiten drei oder vier niedergebrannte Gebäude,
deren rußgeschwärzte Holzteile noch vom Wasser der
Feuerwehrschläuche trieften, die mit Bändern markierten
Umrisse im Schnee, wo Tote gelegen hatten, die Leute der
Spurensicherung, die überall photographierten, vermaßen
und Beweisstücke einsammelten, und, am Zaun postiert, die
örtlichen Polizeibeamten, die Reporter und Neugierige am Zutritt
hinderten. Und selbstverständlich Kriminalbeamte,
Verbindungsleute, Vertreter der Distriktsbehörden. Doch das
zählte alles nichts, denn Cavanaughs Augen erblickten nichts von
den Hinweisen, die sie sehen wollten.
    Erstens gab es keinen Hinweis, wer Judy Kozinski geschnappt hatte.
Es konnte die Mafia gewesen sein – in diesem Fall war sie
bereits tot, und man würde ihren Leichnam nie finden. Es konnte
Wendell Botts gewesen sein, der zusätzlich zu Frau und Kindern
eine Geisel mitgenommen hatte, um sie als Druckmittel zu verwenden,
falls er erwischt wurde. Es konnte aber auch sein, daß dieses
verdammte Weib einfach von der brennenden Siedlung weg und in den
Wald gerannt war, um zu verschwinden – so wie sie zwei
Häuserblocks vom Bostoner FBI-Büro entfernt verschwunden
war.
    Zum zweiten gab es keine äußeren Hinweise darauf,
daß an diesem Ort je biotechnische Experimente stattgefunden
hatten. Kein Labor. Keine Aufzeichnungen. Keine Autoklaven oder
Versuchstiere. Nicht einmal einen veralteten Computer. Und wenn sich
hier keine Duplikate von Verico-Unterlagen fanden, dann blieb
für Cavanaugh nicht mehr übrig als ein lokaler Wirrkopf,
der das Anwesen einer religösen Sekte stürmte, um Frau und
Kinder zurückzuholen. Tätlicher Angriff, Mord, unerlaubter
Waffenbesitz, Entführung – ja, ja, ja! Und nichts davon
zählte für das, was Cavanaugh brauchte.
    Außer es gelang ihm, den Arzt, der ein Mitglied der Mafia
sein mußte, umzudrehen.
    Ein leichter Wind erhob sich und wirbelte ihm Schnee um die
Füße. Er zog den Mantel fester um sich und betrat die
Krankenstation.
    Zwei Agenten aus dem FBI-Büro in Utica nahmen die Station
Stück für Stück auseinander. »Irgendwas
gefunden?« erkundigte sich Cavanaugh.
    »Noch nicht.«
    »Manchmal reicht schon ein Fetzen Papier.« Sie
reagierten nicht; sie wußten es. Daß Cavanaugh
überhaupt gefragt hatte, war bereits ein Maßstab für
seine Frustration.
    Der Besuch bei der Einsatzleitung, die man in der Bundeshalle
eingerichtet hatte, war genauso frustrierend gewesen. Cavanaughs
erster Weg hatte ihn dorthin geführt. Der Polizeichef von
Cadillac, Ray Plovin, saß hinter einem Schreibtisch am einen
Ende des Raums; der Sonderermittler, den der Gouverneur aus Albany
heruntergeschickt hatte, saß hinter einem Schreibtisch am
anderen Ende. Ein Stellungskrieg.
    »Mister Plovin, wie lange, schätzen Sie, wird es dauern,
bis Ihre Männer die Höhlen unter der Siedlung untersucht
haben?«
    »Sehr schwer

Weitere Kostenlose Bücher