Verico Target
zu sagen«, stellte Plovin unfreundlich
fest. Er war ein verdrießlicher Mann mittleren Alters –
ein Mensch von der Sorte, dem es nicht gelungen war, etwas von alldem
zu erreichen, was er angestrebt hatte, und der nun dafür die
ganze Welt verantwortlich machte. Welche jetzt offenbar ihn für
den ganzen blutigen Zirkus verantwortlich machte, der in seinem
Distrikt stattfand. Schon begannen die Reporter damit, ihre Fragen
über den Polizeikordon hinweg bis an seine Ohren zu
brüllen:
»Wieso hatten die Bullen keinen blassen Schimmer, daß
diese angeblich friedliche Sekte bis an die Zähne bewaffnet
war?«
»Was wird unternommen, um Wendell Botts und seine Frau und
Kinder, die er als Geiseln festhält, zu finden, bevor noch mehr
passiert?«
Plovin hatte keine Antworten auf diese Fragen. Er war nicht einmal
darauf vorbereitet, daß es plötzlich eine Situation gab,
für die er Antworten parat haben sollte. Er war sauer.
Und so fauchte er Cavanaugh an: »Die Höhlen sind noch
nicht mal kartografiert!«
»Aber die Streiter werden doch wohl nicht sehr tief
eingedrungen sein? Aus Angst, sich zu verlaufen, zu wenig Luft zu
haben, aus Angst vor Fledermäusen, was weiß ich!«
»Sehr schwer zu sagen.« Stocksauer. Cavanaugh hatte den
beiden Männern bereits auseinandergesetzt, daß das FBI
allen Grund hatte für die Vermutung, daß die
Entführung von Saralinda Botts und ihrer Kinder die Grenze des
Staates New York überschritt und somit unter die
Bundesgerichtsbarkeit fiel; daher die Einmischung des FBI in einen
Fall, der im Grunde genommen nur ein spektakuläres Beispiel
für häusliche Gewalttätigkeit war. Cavanaugh
wußte, daß beide Männer zuviel Erfahrung hatten, um
diese Erklärung zu akzeptieren. Sie wußten genau,
daß da noch etwas anderes lief, und es mußte sie zutiefst
irritieren, daß man ihnen nicht sagte, worum es sich handelte.
Inzwischen hatten wohl einer oder sogar beide entdeckt, daß
Cavanaugh bei der Abteilung für Großkriminalität und
Bandenwesen war.
Er wandte sich an Sonderermittler Hardesty, einen großen
schlanken Mann, dessen Bewegungen auf einen früheren
Leistungssportler schließen ließen. »Irgend was
für mich?«
Hardesty sagte: »Noch nichts von der Polizei in Albany
über Botts oder über das Fluchtfahrzeug. Wir fanden einen
Wagen im Wald, der auf Botts zugelassen ist. Leer. Keine Meldungen
über gestohlene Fahrzeuge in und um Cadillac, aber
natürlich sagt das nichts. Die Durchsicht der Zeitungsberichte
brachte Behauptungen seitens Botts zutage, daß der hiesige
Pathologe Doktor Richard Stallman im November zwei Tote exhumieren
ließ, um eine zweite Autopsie an ihnen durchzuführen.
Beide Verstorbene hatten in der Siedlung gelebt. Möchten Sie dem
am Morgen nachgehen oder soll ich es tun?« Sein Tonfall war
perfekt: kühle Höflichkeit ohne echte Unterordnung. Ein
Profi, der seine persönlichen Gefühle nicht in seine Arbeit
einfließen ließ.
»Ich mach das«, nickte Cavanaugh. Davon hatte Felders
ihm am Telefon im Flugzeug kein Wort gesagt. »Finde ich Stallman
im Krankenhaus?«
»Nein, er hat sich schon zur Ruhe gesetzt. Grove Street
sechsundfünfzig.«
Cavanaugh drehte sich wieder zu Plovin herum, um ihn in das
Gespräch einzubeziehen. Stellungskämpfe soll man nicht noch
verschärfen. »Wie komme ich dorthin?«
»Zurück in die Stadt, links in die Hauptstraße,
bei der zweiten Ampel wieder nach links«, sagte Plovin mit einem
sarkastischen Unterton, deutlich gemünzt auf diesen fremden
Störenfried, der sich nicht einmal in der Stadt zurechtfinden
konnte.
»Vielen Dank«, sagte Cavanaugh liebenswürdig.
»Wir haben schon einen Bericht vom Krankenhaus«, sagte
Hardesty. »Laut Aussagen von Sektenmitgliedern gehören zwei
der Toten nicht der Glaubensgruppe an. Es sind Fremde. Beide
weiß, männlich, Mitte zwanzig bis Anfang dreißig;
sie trugen Skimasken, dunkle Kleidung und Militärstiefel.
Führten nichts mit sich, was eine Identifizierung
ermöglicht hätte. Wir fordern Fingerabdrücke
an.«
»Okay«, sagte Cavanaugh.
»Hier ist eine vorläufige Liste der Personen, die im
Krankenhaus festgehalten werden. Der Rest ist in der Mittelschule
untergebracht – diese Liste haben wir noch nicht, denn es sind
zumindest zweihundert Leute. Unter Umständen ist auch die
Krankenhausliste noch nicht komplett. Gegenwärtig sind
Kriminalbeamte im Krankenhaus und in der Schule und nehmen
Zeugenaussagen auf. Die bekommen Sie am Morgen. Aber soviel wir
bislang gehört haben, waren
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