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Verico Target

Verico Target

Titel: Verico Target Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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Dutzende Hörer atemlos darauf, was Sie zu sagen
haben!«
    »Ich glaube, bei den Streitern des göttlichen Bundes in
Cadillac, New York, werden Menschenopfer dargebracht.« So. Es
war heraußen. Jetzt würde alles besser werden.
    Abrams kippte seinen Stuhl nach hinten, bis er die Wand
berührte, und legte die Füße auf den Tisch. Auf
seiner Seite des Tisches war weitaus mehr Platz als auf der
Gästeseite. »Menschenopfer. Aha. Und wie sind Sie zu dieser
Erkenntnis gekommen, Detektiv Botts?«
    »Ich war Mitglied bei den Streitern des göttlichen
Bundes. Fast drei Jahre lang.«
    »Aha. Und Sie haben diese Menschenopfer persönlich
miterlebt.«
    »Nein, aber…«
    »Was für ein Aber, Botts?«
    »Eine Menge Leute sind in der Siedlung der Streiter
gestorben.«
    »Die Leute sterben andauernd, Wendell. Und dann werden sie
von den Würmern gefressen, wie uns der Poet so appetitlich
versichert. Wie kommen Sie auf den Gedanken, daß diese toten
Streiter Opfer von scheußlichen religiösen Zeremonien
waren?«
    »Die Streiter opfern auch Tiere! Das habe ich selbst gesehen!
Sie glauben, daß Leviticus Sieben…«
    »Ersparen Sie uns die Bibel, Wendell, mitsamt dem Kapitel und
dem Vers und beschränken Sie sich aufs Wesentliche. Was für
Beweise haben Sie?«
    »Ich weiß, wie die Streiter denken. Sie…«
    »Sie wissen es, weil Sie auch einer waren. Doch jetzt sind
Sie ein Abgefallener oder ein Rausgetretener – hat man Sie am
Ende von Leviticus vertrieben, Wendell? – und drauf aus, den
ganzen Mumpitz aufzudecken und den anderen Spinnern ordentlich
einzuheizen, damit denen so richtig leid tut, was sie Ihnen angetan
haben. Richtig!«
    »Nein, ich…«
    »Es ist nicht richtig? Sie sind nicht drauf aus, die Streiter
des göttlichen Bundes auffliegen zu lassen? Aber aus Ihrem Brief
an unseren Sender, den ich hier vor mir liegen habe – was
für einnehmende Zeilen das doch sind! –, aus dem geht ganz
deutlich hervor, daß Sie Ihre ehemaligen Knierutscher-Kumpel
entlarven wollen. Wie sieht die Sache also aus, Wendell?«
    »Ich kann nicht…«
    »Wie sieht die Sache nun aus?«
    »Maul halten!« röhrte Wendell auf. Seine Stimme
donnerte durch die Kopfhörer. Abrams lächelte. Als Wendell
ihn so über die Spitzen seiner Cowboystiefel, die immer noch auf
dem Tisch lagen, ansah, verspürte er den alten,
unwiderstehlichen Drang in seinen Eingeweiden: hinhauen, das
grinsende Arschloch zu Brei schlagen, das gottverdammte lose Maul
stopfen…
    »Maul halten!« wiederholte Abrams mit einschmeichelnder
Stimme. »Die perfekte Antwort auf jeden vernünftigen
Einwand, den man…«
    Wendell verschränkte die Hände unter dem Tisch und stand
unvermutet auf, wobei er den Tisch mitnahm. Abrams und sein Stuhl
krachten zu Boden, und der Tisch landete auf beiden. Wendell stand
keuchend neben den Trümmern und fixierte mit finsterem Gesicht
den Tontechniker hinter der Glaswand, der hektisch an seinen
Knöpfen drehte.
    »Wehe, du bleibst nicht auf Sendung!« brüllte
Wendell. »Ich hab was zu sagen, und das werde ich sagen,
verstanden?«
    Der Tontechniker nickte. Abrams krabbelte unter dem Tisch hervor;
das Pferdeschwänzchen war aufgegangen, und die Haare hingen ihm
über die mageren Schultern.
    Wendell ignorierte ihn. Er stand inmitten des winzigen Raums mit
den Wänden aus schmutzigem Schaumstoff und hatte alle Mühe,
seine Stimme unter Kontrolle zu halten. »Vier Jahre lang war ich
bei den Streitern des göttlichen Bundes. Darauf bin ich nicht
stolz, aber ich weiß, warum ich beigetreten bin. Das war
deshalb, weil mich die ganze Welt mies behandelt hat, eben so, wie
sie alle armen Leute behandelt, die nichts haben, nicht mal ’nen
Schulabschluß. Ich konnte keine Arbeit kriegen, weil die
Politiker sagten, wir hätten eine Rezession und da
gäb’s eben keine Arbeit. So geht’s armen Schluckern
wie mir immer. Wir sind die ersten, die gefeuert werden, wenn’s
mit der Wirtschaft bergab geht, und keinen kümmert’s, ob
wir die Miete zahlen können oder Schuhe kaufen für unsere
Kinder. Gibt ’ne Menge Leute wie mich und meine Frau dort
draußen, wo die Hoffnung beinah schon aufgegeben haben.
    Und die Streiter haben uns damals wieder Hoffnung gegeben. Die
schienen sich ehrlich Gedanken zu machen wegen uns. Gaben uns Milch
für unser Baby, als der Rest der Menschheit uns bloß
’nen Tritt in den Arsch geben wollte.«
    Wendell brach ab, um mit seinen Gedanken klarzukommen. Abrams
stand jetzt wieder auf den Füßen, aber sein
Gesichtsausdruck hatte

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