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Verico Target

Verico Target

Titel: Verico Target Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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Hals mit
zweien seiner ausgestreckten Finger etwas unerträglich
Schmerzhaftes zu. Sie schrie erneut auf. Er drückte sie in
sitzende Stellung zurück in die Wanne. Unbewußt nahm sie
wahr, daß er Handschuhe trug.
    »Sie haben meinen Mann umgebracht!«
    »Nein«, sagte er gleichmütig, »habe ich nicht.
Bitte stöpseln Sie die Wanne zu und lassen Sie das Wasser
ein.«
    Entsetzt starrte sie ihn an. Er fuchtelte mit der Waffe. Durch die
Löcher der Skimaske sahen seine Augen furchtbar weiß aus.
Unwillkürlich kreuzte Judy die Arme über ihrem nackten
Busen.
    Er beugte sich hinab und verschloß die
Abflußöffnung der Wanne selbst; dann drehte er sowohl den
Heißwasser- als auch den Kaltwasserhahn voll auf. Mit einer
sanften Bewegung, fast so, als bemühte er sich, sie nicht zu
erschrecken, zog er Judy die Duschkappe vom Kopf. Dann griff er nach
dem Haarfön, der hinter ihm auf dem Waschtisch lag, und zog ein
Verlängerungskabel aus der Tasche.
    »Nein!« stöhnte Judy auf und rappelte sich auf die
Füße. Wieder drückte er ihr die beiden Finger gegen
den Hals, und diesmal war der Schmerz so schlimm, daß sie
wankte und meinte, sie würde sich gleich übergeben. Alles
rundum verschwamm ihr vor den Augen. Der Mann nahm Judy mit der
freien Hand am Arm, der noch naß war von der Dusche, und
drückte sie wieder zurück auf den Boden der Wanne.
    Dann steckte er das Verlängerungskabel in die Steckdose und
das Kabel des Haarföns in den Stecker des
Verlängerungskabels.
    Judy konnte sich nicht rühren. Jedesmal, wenn sie es
versuchte, begann ein Nerv in ihrem Hals zu pulsieren, und es wurde
ihr schwarz vor den Augen. Sie würde also sterben. So hatte Ben
sich gefühlt in den Sekunden vor seinem Tod, bevor dieser Mann
ihm mit einem Hammer den Schädel eingeschlagen hatte. Nein,
nicht dieser Mann, der hier hatte gesagt, er wäre es nicht
gewesen. Irgendein anderer Mann. Sie konnte nicht denken. Sie
saß nackt in ihrer Badewanne, und dieser komplett bekleidete
Mann hatte ihren eigenen Haarfön angestellt. Sie hörte das
Geräusch, das er machte, dieses Summen – nein, es war kein
Summen, aber das richtige Wort wollte ihr nicht einfallen, Daddy
würde es wissen, Daddy wußte alles, es hatte keinen Mann
gegeben, der soviel wußte wie Daddy, bis sie Ben traf, der
genauso gestorben war – indem ein Mann neben ihm stand und
seinen Arm hochhob und die Welt in einem ohrenbetäubenden
Lärm explodieren ließ und sich immer näher beugte und
sich fallenließ, auf sie zu…
    … sich immer tiefer fallenließ…
    … und seitlich auf den Boden des Badezimmers fiel, den
summenden Haarfön immer noch in der Hand.
    Ein zweiter Mann stand in der Tür, eine Waffe in der
Hand.
    »FBI, Madam. Sind Sie verletzt?«
    »Ich bin tot«, sagte sie ohne zu denken, unfähig zu
denken. Das Wasser erreichte der Rand der Wanne, schwappte über
und floß auf den Mann auf dem Boden. Augenblicklich färbte
sich das Wasser rot, und erst da erkannte sie, wer tot war und wer
nicht, und daß es wieder einmal jemand anders war und nicht
sie. Sie zitterte heftig, denn sie war nackt und lebte.
    Sie griff nach den Wasserhähnen und drehte sie zu.
    Sie lebte.
    Sie und nicht Ben.
    Und wenn man ihr die Wahl gelassen hätte, hätte sie sich
genauso entschieden. Sie und nicht Ben, der tot sein sollte, weil er ihr so oft weh getan hatte, weil er sie überhaupt
erst in diese Lage gebracht hatte, weil er nicht das gewesen war, was
sie in ihm gesehen hatte und was sie so dringend gebraucht
hätte. Wut auf Ben erfüllte sie, machte sie so blind,
daß sie den Mann kaum sehen konnte, der auf ihren
Badezimmerfliesen lag. Es war die loderndste Wut, die sie je
verspürt hatte, und sie stöhnte und umfaßte ihren
nackten Körper mit den Armen.
    »Madam?«
    »Ich bin nicht tot«, sagte sie, und diesmal sagte er
nichts, sondern griff nach dem Verlängerungskabel und zog es aus
der Steckdose, so daß der Fön sein ekelhaftes Summen
einstellte und endlich Stille war.

Wenn
etwas geschah, dann geschah alles auf einmal, das hatte Cavanaugh
bereits gelernt.
    Am Montagmorgen, ein paar Minuten vor acht Uhr und nachdem er
seine Post abgeholt hatte, zog er sich in seinen Verschlag
zurück und hörte ab, was der Anrufbeantworter zu bieten
hatte.
    »Das FBI sollte erfahren, daß Carlo Gigliotti und Sue
Ann Jefferson von denselben Leuten getötet wurden, nämlich
von Carlos Leuten. Miss Jefferson wußte von etwas
Gefährlichem, das Carlo ihr gesagt hatte. Von Cadoc.

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