Verico Target
kamen grade eben
herein. Die dortige Spurensicherung hat sie als erstes abgenommen,
und das Labor stürzte sich gleich drauf. Vorläufiges
Ergebnis: der Kerl, den Dollings erschoß, heißt John Paul
Giancursio. Eine Verurteilung: versuchter Raub, 1983. Auf
Bewährung ausgesetzt, weil er damals noch ein Junge war. Es gibt
ein Foto, auf dem er mit Michael Callipare zu sehen ist.«
»Ein Profi.« Das Fehlen eines echten Vorstrafenregisters
wies darauf hin: Nur die Zweitbesten blieben so sauber. Die
Allerbesten hielten ihre Fingerabdrücke überhaupt aus der
Kartei heraus und ließen sich nie mit irgend jemandem
sehen.
»Fast sicher.«
»Aber die Gigliottis, nicht die Callipares sind diejenigen
mit der Verbindung zu Eric Stevens von Verico.«
»So dürftig sie auch ist«, fuhr Felders fort.
»Und Carlo Gigliotti war derjenige, den sie in Vegas aus dem
Verkehr gezogen haben. Aber es ist möglich, daß Giancursio
ein Spezialist war, der für mehrere Familien gearbeitet hat. Der
Name von Gigliottis Freundin war Sue Ann Jefferson, und deren
Freundin, das Mädchen, das Sie befragten, hieß Jeanne
Catherine Cassidy. Sie ist tatsächlich an der Michigan State
University eingeschrieben.«
»Wen können wir hinschicken?«
»Natalie Simmons ist schon in Chicago, sie wird mit ihr
reden. Natalie fällt auf einem Uni-Gelände gar nicht auf.
Neymeiers Programm sagt, daß cadaverico, C-A-D-A-V-E-R-I-C-O, Italienisch ist und für
›leichenartig‹, ›totenähnlich‹ steht. Aber
›Cadoc‹ kommt im Sprachenprogramm nicht vor, egal, wie man
es buchstabiert. Neymeier geht die Nachrichtendatenbanken und so
weiter durch.«
Cadoc Verico Cadaverico. Cadoc – eine Biotechfirma –
totenähnlich. Cadoc – Wahr & Co. – Leichen.
Es war wie einer dieser scheinbaren mathematischen Beweise, die
vorzeigten, wie zwei und zwei fünf ergab. Es bedeutete beinahe
etwas, aber eben nicht ganz.
Die Stewardess sagte: »Sie sollten Ihren Platz wieder
einnehmen, Sir. Wir beginnen gleich mit dem Landeanflug.«
»Wurde die Kozinski-Wohnung nach Wanzen abgesucht?«
erkundigte sich Cavanaugh.
»Ja. Sie war verwanzt, und das Telefon war angezapft. Das
Telefon ließen wir so, für den unwahrscheinlichen Fall,
daß sich dabei etwas ergibt.«
»Wie geht es Dollings?« Er war neu, erst vor ein paar
Monaten von der FBI-Akademie in Quantico gekommen.
»Klang ein bißchen verstört. Das erste Mal
für ihn. Für Sie auch, wie?«
»Ich muß ja niemanden erschießen«,
erwiderte Cavanaugh ärgerlich.
»Auch wieder wahr. Haben Sie den Globe- Artikel
über die Lederer-Kleine gelesen?«
»In der Ausgabe, die ich am Flughafen gekauft habe, stand
nichts darüber. Muß wohl ein Füller gewesen sein.
Faxen Sie mir, was Sie darüber haben, an unser Bostoner
Büro.«
Die Stewardess drängte: »Sir, ich muß darauf
bestehen, daß Sie Ihren Platz wieder einnehmen. Der Pilot hat
bereits das Zeichen zum Anschnallen gegeben.«
»Und was geschieht mit Mrs. Kozinski weiter?« fragte
Felders.
»Ich möchte sie in Schutzgewahrsam haben.«
»Und wie, glauben Sie, wird sie auf dieses Ansinnen
reagieren?«
»Keine Ahnung«, sagte Cavanaugh. Judy Kozinski hatte den
Status einer unentbehrlichen Zeugin; theoretisch konnte er sie in
einer Bundeshaftanstalt unter Bewachung festhalten. Unentbehrliche
Zeugen hatten weitaus weniger Rechte als Personen, denen eine
Straftat zur Last gelegt wurde. Kaum jemand wußte das. Und
Cavanaugh wollte nicht unbedingt derjenige sein, der diesen Umstand
einer hysterischen Witwe zur Kenntnis brachte. Aber ebensowenig
wollte er einen weiteren Anschlag auf Mrs. Kozinskis Leben, ehe er
nicht herausgefunden hatte, was es war, das sie offenbar wußte
und dem die Sippschaft plötzlich eine so schwerwiegende
Bedeutung beimaß.
Felders sagte: »Hören Sie, noch etwas. Frau Doktor
Garvey hat angerufen. Aber sie wollte nur mit Ihnen persönlich
sprechen.«
Wenn etwas geschah, dann geschah alles auf einmal.
»Wenn Sie sich nicht hinsetzen«, erklärte die
Stewardess streng, »dann muß ich Sie dem Cockpit
melden.«
»Ich setz mich ja schon hin«, zischte Cavanaugh.
»Bis dann, Marty. Sagen sie Doktor Garvey, daß ich mich so
rasch wie möglich mit ihr in Verbindung setze.« Hastig
kehrte er zu seinem Platz zurück, aber die Stewardess fuhr fort,
ihn böse anzustarren, bis die Maschine auf dem Flughafen Logan
ausrollte.
Boston erstickte im Schnee. Die Streuwagen hatten die
Straßen in salzige Schlammseen verwandelt, und Cavanaughs
Mietwagen
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