Veritas
richtigen Münze geprägt worden zu sein, sondern mit irgendeinem primitiven Gerät.»
«Vielleicht ist es eine gefälschte französische Münze», sagte Cloridia.
«Viele Franzosen vermöchte sie nicht zu täuschen, würde ich sagen.»
«Landau ist die deutsche Stadt, wo Kaiser Joseph zwei Schlachten gewonnen hat, wenn ich nicht irre», sagte Cloridia.
«Ja, in den Jahren 1702 und 1704. Aber das hier ist mit Sicherheit keine Gedenkmedaille. Erstens, weil sie zu schlecht gemacht ist, und zweitens, weil sie die Lilien zeigt, das Sinnbild Frankreichs, nicht des Kaiserreichs.»
In diesem Moment wurden wir unterbrochen, Simonis war zurückgekehrt. Wir zeigten ihm die wunderliche Münze und baten ihn um seine Meinung.
«So etwas habe ich noch nie gesehen. Ich weiß, dass Landau eine wichtige deutsche Festung in der Pfalz ist und dass unser geliebter Kaiser sie gut zweimal belagert und erstürmt hat. Aber was es mit diesem Stück Silber auf sich hat, kann ich nicht sagen.»
Das Gespräch währte nur kurz, denn alsbald trafen auch Simonis’ studentische Freunde ein. Alle waren dabei: der «Baron» Koloman Szupán, der rumänische «Fürst» Dragomir Populescu, der Pole Jan Janitzki «Graf» Opalinski, der Bulgare Hristo Hristov Hadji-Tanjov und schließlich der Beanus, nach der Deposition nunmehr Pennal, der hinkende Böhme Penicek, der sich unterwürfig hinter seinem Schoristen, also Simonis, hielt.
«Ich danke euch, dass ihr gekommen seid, um uns zu helfen», begrüßte ich sie und lud die Gruppe ein, sich an unseren Tisch zu setzen.
«Immer zu Euren Diensten», erwiderte Hristo Hristov Hadji-Tanjov, der Bulgare, sofort.
«Lasst Euch nicht trügen, Herr Meister», sagte der Grieche, als müsste er mich beruhigen. «Auf uns könnt Ihr Euch verlassen, nicht wahr, Hristo?»
«Wohl wahr, mein lieber Simonis», sagte Hristo und holte tief Luft, als bereitete er sich auf eine Rede vor. «Die Studenten sind das nobelste Geschlecht unter den Menschen. Wir sind das herrlichste Kleinod, der Extrakt der Menschen, das Gold unter den Metallen, der Edelstein in Gold verfasset. Wir sind unter den Idioten wie der Mensch unter den unvernünftigen Tieren. Wir sind der Stadt Zierde, der Eltern Ehrenkrone, der Götter eingeweihte und der Weisheit anvertraute Söhne, der Wissenschaft und des Landes Pfeiler!»
Der erste einer langen Reihe von Beifallsstürmen und zustimmenden Pfiffen brach los.
«Nur diesem Invertierten, diesem Populescu, fehlt der Pfeiler», bemerkte Koloman Szupán, was Lachsalven auslöste.
«Du hingegen hast deren zwei, einen drinnen und einen draußen», gab Populescu zurück.
«Keine Schweinereien, ihr Trottel, unter uns sitzt eine Dame», mahnte Simonis, höflich auf Cloridia weisend, die sich jedoch köstlich über die dummen Witze zu amüsieren schien.
Hristo fuhr mit seinem Plädoyer fort:
«Nun, was noch? Wir sind Prinzen und Sterne der Welt, und sollte gleich manchem der Wanst darüber zerbersten. Ich zweifle nicht, es werden viele Feinde die Nase rümpfen, aber die Herren Anatomici berichten, dass die Gebeine, Adern, das Fleisch und Gedärm bei allen Menschen gleich: Der rechte Adel stecke bloß im Gehirn und nicht im sogenannten adelichen Geblüt. Im Ägypten haben die Gelehrten den Adelstand allein geführet. Der gelehrte und fromme Kaiser Antoninus Pius wollte seine Tochter Faustina lieber einem bettelarmen Philosophen als einem reichen und vornehmen Narren geben.»
«Er hätte sie Koloman geben können, der ist arm, allerdings auch dämlich», scherzte Populescu.
«Oder dir, denn du bist ein Päderast und obendrein dämlich», versetzte Koloman.
«Reg dich nicht auf, Dragomir, bleib ruhig …», brummte Populescu in sich hinein.
«Ruhe, liebe Freunde, lasst mich zum Ende kommen! Ich sage, was der Daumen an der Hand, das ist das Studententum in der Stadt. Sollte man uns nicht auch Engel titulieren wegen unserer Freundlichkeit? Denn freundlich sein ist eine engelische Tugend. Und wo floriert die Civilität und Humanität mehr als auf Universitäten? Ja, noch mehr als an Herrenhöfen, denn da ist die Höflichkeit zumalen bei Ungelehrten mit merklicher Heuchelei versalzen. Wir Studenten sind der rechte Karbunkel, welcher unter allen leuchtenden Steinen hervorleuchtet. Wir sind der Smaragd und Saphir der Stadt, da wir mit der bunten Farbe der Anmutigkeit die Augen aller Anschauer stärken. Wie schön ist es, anstatt roher und unbescheidener Pflastertreter solche augenerquickenden Musensöhne
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