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Veritas

Titel: Veritas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francesco Rita & Sorti Monaldi
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häufiger aus, daselbst der Körper versauert. Dahero kommen die Milz-Beschwerungen, item der Stein in Lenden und Nieren und die schwarz-gelbe Farbe des Angesichts.»
    Wenn es nach Opalinski ging, war es auch gefährlich für das leibliche Wohlbefinden des Studenten, wenn er über dem Studieren das Essen versäumte. Der Magen werde zu gierig, und in Ermangelung anderer Nahrung zehre er von sich selbst. Der gesamte Körper ernähre sich aus der eigenen Substanz, was Schwindel, Ohnmacht und Herzschwächen erzeuge. Vornehmlich die feurigen Temperamente, bei denen Blut und Galle sich übermäßig erhitzten, sollten sich daher des Fastens enthalten. Ganz zu schweigen vom Mangel an honetter Konversation: So der Student immer allein bleibe, leide seine Natur. Die Philanthropie oder Leutseligkeit sei eine überaus schöne Tugend, bei jedermann sehr gelobet. Die Konversation rücke die Phantasie aus der Verwirrung in die rechte Ordnung, muntere die Seelengeister auf und bringe den Menschen der Ideenwelt näher. Durch die Einsamkeit hingegen werde die menschliche Natur betrübet, denn sie erzeuge Traurigkeit und Melancholie. Die Seele werde über einem Dinge allein alsbald müde und so auch die ganze Natur.
    Die exercitii an der Universität schließlich seien, wenn zu viele an der Zahl, Ursache schwerer Übel, da sie die Eingeweide erschütterten.
    «Das übertriebne Studieren, meine Herren Studenten, bringt unsere zarte Natur ins Grab. Die Degradation beginnt beim Gedächtnis, welches schwach und kurzlebig wird: Der Palast der Göttin der Weisheit ist nicht aus Stein oder Marmor und auch nicht aus Holze gebaut wie die ägyptischen Tempel, sondern aus den zartesten kleinen Drüsen und Blutgefäßen, womit ich das Hirn meine, den Sitz der Minerva und heiligsten Thron der Seelen. Eine so feine Materie aber wird vom übermäßigen Studieren celeriter geschädigt, sonderlich des Nachts, da man immer allein und sitzend verharrt; der Geist entleeret und verwirret sich, indem er seiner ursprünglichen Ordnung verlustig geht, und man endet im Alter mit Blindheit und einem kindischen Gemüte. Der vom Studium geschundene Student leidet unter Schwindel, Schlaflosigkeit, gemindertem Gehör, geschwollenen Augen, Dampf und kurzem Atem, Husten, Tuberkulosis oder hectica , Seiten-Stechen, schlechter Verdauung, dem malum hypocondriacum , Stein-Beschwerung und Dysuria , Gicht, Müdigkeit, Krätze und Fieberanfällen.»
    Wie verhindert man, vorzeitig im Grab zu enden?, fragte Janitzki. Wenige und einfache, seiner Meinung nach aber unfehlbare Remedia seien es, die dem Studenten das Leben retteten. In primis der Tanz, welcher sehr wichtig sei, um sich in Gesellschaft nicht nur den Ruf der Gelehrtheit, sondern auch der körperlichen Gewandtheit zu erwerben. Freilich dürfe man nicht gleich nach dem Mahle tanzen, andernfalls die Speisen roh und schwer im Magen blieben. Nützlich seien sodann das Fechten und Reiten, Letzteres der beste Sport für Studenten, so das Pferd von guter Qualität. Kräftigend weiterhin das Springen und Schlittenfahren, vorausgesetzt, man lasse sich zum Schutz vor der Kälte von einer jungen, heißblütigen Frau umschlingen …
    Es lebe die Lust am Studieren, dachte ich.
    «Über alle Maßen förderlich aber ist das Schwimmen in den schönen Flüssen dieser Stadt», empfahl Jan abschließend, «wie auch das Tobak-Rauchen und Trinken, welches das Schmausen genannt: Es ist unschädlich für die Lebenskraft, wenn es nicht exzessiv betrieben wird. Man darf bis zu dreimal trinken: beim ersten Mal auf die Gesundheit, beim zweiten auf die Freundschaft und beim dritten Mal zur Beförderung des guten Schlafes.»
    Die letzten Worte entfesselten einen noch stärkeren Applaus als zuvor, begleitet von zustimmenden Rufen, Pfiffen und auch dem einen oder anderen Rülpser.

    Am Ende seiner Rede angelangt, stieg Opalinski von dem wackeligen Tisch, der ihm als Tribüne gedient hatte, und kam auf uns zu.
    «Ihr wollt erfahren, ob euer alter Jan sich um den Goldenen Apfel gekümmert hat, stimmt’s?», sprach er uns direkt an. «Keine Angst, ich habe euch nicht vergessen. Im Gegenteil, es gibt wichtige Neuigkeiten.»
    «Und die wären?», fragte Simonis interessiert.
    «Ich weiß jetzt, wer die vierzigtausend Märtyrer des Kasim sind, von denen der arme Danilo sprach, bevor er seine Seele dem Herrgott überantwortete.»
    Und Janitzki begann zu erzählen, was er herausgefunden hatte. Als der Sultan Süleyman Wien angreifen ließ und geschlagen

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