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Veritas

Titel: Veritas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francesco Rita & Sorti Monaldi
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mein Geselle nach einem raschen Blick auf die Arbeit des hüftlahmen Böhmen, «und wage es nie wieder, mir die Mitschrift nur ins Unreine geschrieben abzuliefern, kapiert?», tadelte er ihn.
    «Ja, natürlich, Herr Schorist; verzeih Er mir.» Der Böhme beugte den Kopf.
    «Ausgerechnet ein Pennal aus Prag musste mir unterkommen», brummte mein Gehilfe, während er in einer Kiste zwischen seinen Büchern wühlte.
    Er zog einen winzigen Band hervor, dann ging er einen Stuhl für Cloridia holen. Ich nahm das Buch in die Hand. Das Frontispiz war recht schmucklos:

    Doctoris Henrici Casparis Abelii
    STUDENTEN -KÜNSTE

    Kein Ort und Datum war angegeben, auch kein Name des Druckers. Der Band umfasste höchstens vierzig Seiten. Ich schlug ihn auf. Es gab kein Proömium, keine Ansprache an den geneigten Leser und nicht einmal eine Widmung. Das Ganze war in sehr kurze Kapitel aufgeteilt. Ich las aufs Geratewohl.
    « Secret wider Waffen-Verletzungen », buchstabierte ich langsam in meinem holprigen Deutsch.
    «Seht, Herr Meister», sagte Simonis hastig, nahm mir den Band unverzüglich aus der Hand und öffnete ihn an einer anderen Stelle. «Dies hier ist der Teil, der uns interessiert: ‹ Eine Schrifft zu schreiben , die sich bald wieder verliehret ›.»
    «Das ist phantastisch!», rief Cloridia aus. «Genau das, was wir brauchen. Wie macht man das?»
    Opalinski hob neugierig den Kopf.
    Simonis erklärte ihm unser Vorhaben.
    Ich fürchtete, der Pole könnte Angst bekommen und Reißaus nehmen. Doch das geschah nicht. Wie ich schon am gestrigen Abend bemerkt hatte, schien Janitzki über den Tod seiner Studienkameraden nicht besonders erschrocken.
    «Wir haben jetzt endlich die Gelegenheit zu erfahren, ob der Satz des Agas ein Geheimnis birgt oder nicht», sagte Simonis. «Wenn wir auch auf diesem Blatt Papier nichts finden, bedeutet das, dass die Türken nichts mit der Sache zu tun haben. Und dann sind unsere drei Kameraden nicht wegen des Goldenen Apfels gestorben.»
    «Ihr könnt auf meine Hilfe zählen», sagte Opalinski.
    «Also …», der Grieche las weiter, «hier steht, was man tun muss, wenn man eine Schrift unsichtbar machen will: ‹ Solches geschiehet , wenn man Scheide-Wasser in die Dinte tut / aber es gibt hernach gerne gelbe Flecken ›.»
    Nach dem Büchlein des Doktor Abelius, fuhr Simonis fort, schreiben manche mit starkem Branntwein, vermischt mit der Asche von verbranntem Stroh, wie man auch genauer im Weckeri Secretis lesen könne. Doch das besaßen wir nicht.
    «Falls nötig, schicken wir den Pennal, dass er es beschafft», sagte der Grieche gebieterisch.
    «Äh, was ist das denn?», versetzte Penicek schüchtern.
    «Das De secretis von Alessio Pedemontano, welches Jacob Wecker vom Italienischen ins Lateinische übersetzt hat, kennt doch nun wirklich jeder!», verspottete ihn Opalinski, der wieder bei guter Laune war.
    «Eselsvieh!», tobte Simonis und versetzte dem armen Pennal ein paar schallende Klapse.
    Wie Simonis mir gesagt hatte und ich selbst anhand seiner Rede am gestrigen Abend hatte feststellen können, war der polnische Student außergewöhnlich gebildet. Der arme Penicek schien im Gegensatz dazu ausgesprochen ahnungslos.
    Mein Geselle fuhr unterdessen fort, aus dem Band vorzulesen:
    ‹« Alte verblichene Schrift wieder leserlich zu machen . Nimm Gall-Aepffel/stosse sie fast grob/lege sie einen Tag über in Branterwein / darnach destillire das Wasser darvon / netze Baum-Wolle darein / und befeuchte die Schrifft darmit .›»
    «Gut, damit könnten wir ja anfangen», schlug Penicek vor.
    «Hast du vielleicht Gallenäpfel, Fetzenschädel von einem Pennal?», beschimpfte ihn Simonis.
    «Ich nicht, aber ich weiß, dass Koloman Szupán ein wahrer Künstler bei solchen Kniffen ist.»
    «Wirklich? Das hat er mir nie erzählt», wunderte sich Opalinski, der Kolomans enger Freund war.
    «Koloman ist Ungar. Er hat das Blut Attilas, des Hunnenkönigs, der zu seiner Zeit für die Geschicklichkeit, mit welcher er Botschaften verschlüsselte und entschlüsselte, zum Beispiel vermöge unsichtbarer Schriften, viel berühmter war als dafür, die Geißel Gottes zu sein. Er war ein großer Diplomat», verkündete Penicek sentenziös.
    «Attila?», fragten wir in verblüfftem Unisono.
    «Attila.»
    Ungarn habe seinen Namen nämlich von den Hunnen, erläuterte Penicek. Diese fürchterlichen Barbaren hatten es vor unvordenklichen Zeiten besetzt. Es war Teil des alten Pannoniens, das während der Herrschaft des

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