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Veritas

Titel: Veritas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francesco Rita & Sorti Monaldi
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rundgewölbter Decke, von niedrigen, breiten Fenstern erhellt, die auf die Nordseite blickten.
    «Hier wollte Maximilian das Antiquarium einrichten, seine Sammlung an Mirabilien. Die Wände wollte er mit Tafelaufsätzen, Statuen, Gobelins und Waffen verzieren», erklärte Simonis.
    Was sich jedoch unserem Auge darbot, war ein kahler Gang aus Stein, den nur die schönen Rundgewölbe an der Decke ein wenig freundlicher machten. Von jedem Stein schien Trauer über das unvollendete Schicksal dieses Ortes aufzusteigen.
    «Habt ihr das gehört?», riss Abbé Melani mich aus meinen Gedanken.
    «Was?», fragte Simonis.
    «Viermal. Es hat sich viermal wiederholt.»
    «Ein merkwürdiges Geräusch, nicht wahr?», sagte ich, an den eigenartigen Ton zwischen heller Trompete und Trommel denkend, den ich in der Loggia vernommen hatte.
    «Kein Geräusch: eine Vibration. Wie ein Kanonenschuss, aber stumm.»
    Simonis und ich wechselten einen Blick. Es überraschte uns nicht, dass Atto etwas vernommen hatte, das für uns nicht wahrnehmbar war. Blinde haben ein sehr scharfes Gehör, das ist bekannt. Doch es konnte sich genauso gut um die wunderliche Wahrnehmung eines verschrobenen Geistes handeln.

    Wir waren nun in der Mitte des Kellergeschosses angekommen. Genau über unseren Köpfen befand sich der Haupteingang des Schlosses. Dort, wo wir jetzt standen, teilten sich zwei Treppen, die weiter nach unten führten. An ihrem Ende war eine Tür, die sich auf die Rückseite des Neugebäus öffnete. Hier hatte man einen Blick auf die Gärten und den großen Fischteich im Norden, und fast endlos war die Aussicht auf die dahinterliegenden Felder und Wälder.
    Nachdem diese kurze Perlustration abgeschlossen war, stiegen wir über die Treppe wieder hinauf und kehrten in den Mittelteil des Kellergeschosses zurück. Doch kaum hatten wir mit der Besichtigung des Westflügels begonnen, wo wir die südliche Mauer inspizierten, trat das sonderbare Phänomen wieder auf.
    «Habt ihr gehört?», fragte Atto beunruhigt.
    Dieses Mal hatte auch ich etwas wahrgenommen. Ein hohles, tonloses Dröhnen über uns und um uns herum, wie der gedämpfte Donner aus einer gigantischen Pauke. Simonis hatte nichts gehört.
    «Wir müssen unsere Arbeit beenden», sagte mein Gehilfe ein wenig verärgert, weil er die Ohren nicht genügend gespitzt hatte.
    «Du hast recht», pflichtete ich ihm bei, in der Hoffnung, mich getäuscht zu haben. Ich wollte die Erinnerung an dieses geheimnisvolle Signal so schnell wie möglich aus meinem Gedächtnis löschen.
    Als ich in unserem Sack mit Werkzeugen nach dem Spatel suchte und zwischen allerlei Eisenzeug herumkramte, stießen meine Fingerspitzen auf einen quadratischen Gegenstand. Es war Hristos Schachbrett, noch immer von dem Säckchen umhüllt, das sein unglücklicher Besitzer ihm zugedacht hatte.
    Um es nicht zu verlieren, hatte ich es zwischen unsere Gerätschaften gesteckt, die ich immer an einem sicheren Ort aufbewahrte. Ich zog es heraus und wischte den Staub von dem Gegenstand, der vor drei Tagen mein Leben, doch leider nicht dasjenige seines Besitzers gerettet hatte. Simonis und ich wechselten einen betrübten Blick.
    «Armer Freund», flüsterte der Grieche.
    «Er hatte lange vor Penicek begriffen, dass die Bedeutung des Satzes vom Aga allein in den Worten soli soli soli steckte», sagte ich.
    «Was hast du gesagt?», fuhr Atto auf.
    Also erklärte ich ihm, dass unser schachspielender Freund glaubte, das ganze Geheimnis des Satzes liege in der rätselhaften dreifachen Wiederholung des Wortes soli . Als wir Hristos Leichnam fanden, hielt der Ärmste eine Schachfigur, den weißen König, in der Hand. Und schließlich hatte ich in seinem Spielbrett ein Billett gefunden, wo vom Schachmatt die Rede war.
    «Ja, am Tag seines Todes hat Hristo mir angedeutet, dass die Worte soli soli soli , also ‹ganz allein›, etwas mit dem Schachmatt zu tun hätten», präzisierte Simonis.
    Abbé Melani schüttelte sich, als hätte ihn eine Wespe gestochen, und sprang auf:
    «Einen Augenblick. Habe ich recht verstanden? Am Tag der Audienz hat der Aga zu Eugen gesagt, dass die Türken soli soli soli gekommen sind?»
    «Sicher, was ist daran neu?»
    «Und das hast du mir nie gesagt?»
    «Was habe ich Euch nie gesagt?»
    «Dass der Satz des Agas die Worte soli soli soli enthält!»
    Atto brummelte eine Reihe nicht wiederzugebender Beschimpfungen in sich hinein, als wollte er mir die direkte Beleidigung ersparen. Dann sprach er wieder mit lauter

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