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Veritas

Titel: Veritas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francesco Rita & Sorti Monaldi
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keiner andern Wohnung bedürfftig wäre , hielte er davor , daß er auch daher keines einzigen Hauses oder Schlosses in dieser Mond-Welt wäre ansichtig worden . Seines dafür Haltens könne dieses Mond-Königreich , wenn es etwa mit 40 . oder 50 . Stück seiner erfundenen Luffi-Schiffe , deren jedes mit 4 . x 5 . bewehrten Leuten müste besetzet seyn , attaquiret würde , gar leicht und ohne grossen Widerstand emportiret werden . Ob Ihro Königl . Majest . in Portugal nun zu dieser conquete Anstalt werden machen lassen , wird die Zeitgeben .
    Was ich sonsten von diesem Theseus noch erfahren werde , will bey nächster Post melden . Die Machine ist in hiesiges Zeug-Hauß gebracht .

    P .  S . So gleich erfahre , daß gedachter Lufft-Schiffer als ein Hexen-Meister in verhafft genommen sey , und wol dürffte , nebst seinem Pegaso , ehister Tagen verbrandt werden , vielleicht damit diese Kunst , welche , wenn sie gemeyn werden solte , grosse Unruhe in der Welt verursachen könnte , unbekandt bleiben möge .

    Ich fragte ihn, ob das gefiederte Segelschiff, welches vergessen hier im Ort Ohne Namen lag, wirklich jenes Fliegende Schiff sei, von dem in der Depesche die Rede war. Statt zu antworten, reichte Frosch mir wieder ein Blatt. Dieses Mal war es eine Illustration aus einer alten Ausgabe des Wiennerischen Diariums :

    Kein Zweifel: Es handelte sich um eine getreuliche Zeichnung des Schiffs. Darunter stand eine kurze Nachricht vom 1. Juni 1709:

    Ist allhier in Wien an den Käyserlichen Hof ein Kurier aus Portugal ankommen mit Brieffen vom 4 . Mai und dem daselbst dokumentierten Bilde von einer Flug-Maschine , so 200 Meilen in 24 Stunden soll zurücklegen können und vermittels derselben es möglich gemacht würde , den Kriegs-Truppen Brieffe , Verstärckung , Proviant und Geld noch in entfernteste Länder zu schicken , und ebenso könnten die belagerten Festungen Versorgung mit allem Nothwendigen erhalten , einschließlich der Waren und Geschäffte . Auch wurde ein Schreiben präsentirt , welches Ihro Königlicher Hoheit , dem König von Portugal , von einem geistlichen Mann aus Brasilien und Erfinder des Fluggerätes geschicket . Den nächsten 24 . Juni wird zu Lissabon eine Flug-Probe gemacht .

    Mein Herz schlug höher: Dieses Schiff war demnach wirklich geflogen, wie es mir vorhin in äußerster Gemütserregung erschienen war?
    Es sei kein Zufall, dass das Schiff aus Portugal gekommen war, hub Frosch bereits zur Erklärung an: Kaum ein Jahr zuvor, 1708, hatte der König jenes Landes, Johann V., eine der Schwestern Josephs mit Namen Anna Maria geheiratet. Das Schiff war einige Monate lang im Arsenal geblieben, bis der Aufruhr, den seine Ankunft hervorgerufen, sich gelegt hatte; unterdessen waren die städtischen Behörden, wie man in der Gazette lesen konnte, bestrebt, die ganze Angelegenheit mit Stillschweigen zu behandeln. Nichts von alledem war dem Kaiser berichtet worden: Joseph war sehr jung, von wachem Geiste und unternehmungslustig, und schon der Anblick der Zeichnung, welche ihm jener portugiesische Kurier gebracht, hatte ihn in übermäßige Erregung versetzt. Er hätte jene teuflische Erfindung zweifellos sehen und untersuchen wollen, was nach Meinung der alten Minister unter allen Umständen vermieden werden musste. Niemand durfte etwas wissen. Das Fliegende Schiff war gefährlich und hätte nur Verwirrung gestiftet.
    Bei diesen Worten wunderte ich mich: Träumte der Mensch nicht seit Jahrhunderten davon, den Vögeln gleich durch die Lüfte zu kreisen? Nicht umsonst verglich Froschs Gazette das Fliegende Schiff ja mit dem mythischen Pegasus, dem geflügelten Pferd der antiken griechischen Sagen, und seinen Steuermann mit dem heroischen Theseus, dem Überwinder des Minotaurus. Dessen ungeachtet wurde der arme Überflieger der Lüfte hier ausdrücklich verdammt, ja sogar ins Gefängnis geworfen. Ich hingegen hätte meine Seele gegeben, um zu erfahren, wie er es vermocht hatte zu fliegen und woher er seine Kunst erlangt hatte. Ich fragte den Wächter, ob er etwas darüber wisse. Er schüttelte den Kopf.
    Die Karavelle der Lüfte war heimlich aus der Stadt geschafft und in das verlassene Schloss gebracht worden, fuhr er zu erzählen fort. Hier würde so leicht niemand seine Nase hineinstecken. Und wenn sie vielleicht eines Tages gebraucht wurde, konnte man sie immer noch zurückholen.
    Ich schritt einmal um das Schiff herum, dann stieg ich hinein, indem ich an einem der Flügel emporkletterte, die wie der

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