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Veritas

Titel: Veritas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francesco Rita & Sorti Monaldi
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Opfer. Den Blutgeruch, der das Zimmer erfüllte, hatten wir uns mit dem Zweikampf erklärt, von dem der Pennal erzählte (wie lächerlich klang dieser Name jetzt für einen derartigen Betrüger und Mörder!).
    Gewiss trug er eine Pistole bei sich, doch zunächst hatte er den unblutigen Weg versucht: Indem er uns ankündigte, schon bald könne ein von den Schreien angelockter Passant erscheinen, hatte er uns bewogen, die Wohnung in aller Eile zu verlassen, und so verhindert, dass wir Opalinskis Leiche entdeckten. Sonst hätte er die Waffe ziehen und sich mit Simonis in einem Duell messen müssen, das für beide tödlich ausgegangen wäre. Die schwarze Kutsche, die ihn auf der Straße erwartete, war uns gefolgt, wahrscheinlich auf einen heimlichen Wink Peniceks hin.
    Sein Bericht auf dem Friedhof war in Wirklichkeit ein Geständnis. Indem er Opalinski als Akteur ausgab, hatte er alle Morde beschrieben, die er selbst begangen hatte. Er hatte die beste Form der Erfindung gewählt: tatsächliche Ereignisse schildern und nur die Personen austauschen. Immer, wenn er einen falschen Namen brauchte, und sei es nur, um seine Erzählung mit Einzelheiten oder mit einer betrübten Apostrophe auszuschmücken, um noch überzeugender zu wirken, hatte er sich bei den Grabsteinen von Glàwari, Mariza, Bela und Törek und den jeweiligen Epitaphen bedient.
    Danach war er in der schwarzen Kutsche geflohen, die in der Nähe auf ihn gewartet hatte. Vor der Stadt würden ihn andere Vertreter seiner mordlustigen Rasse in Empfang nehmen, andere Vertreter des unsichtbaren Netzwerks, das Europa besudelte.
    Der Böhme (oder Pontevedriner?) hatte uns alle getäuscht. Aber allmählich gelangte jedes Mosaiksteinchen an seinen Platz. Als Simonis und ich uns in seiner Kalesche zu Hristo begaben, hatte Penicek unter dem Vorwand der Prozessionen versucht, längere, umständlichere Wege zu nehmen, um unsere Ankunft im Prater zu verzögern. Er fürchtete wohl, seine gedungenen Mörder würden auch uns töten, wie er selbst uns auf dem Friedhof des Bürgerspitals erzählt hatte. Darum war mein Angreifer, als er Penicek auftauchen sah, sofort verschwunden, ohne zu kämpfen: Er hatte seinen Auftraggeber erblickt.
    Nach dem Verbrechen an Dragomir Populescu hatte Penicek darauf bestanden, die Leiche sofort verschwinden zu lassen, ja, er hatte uns fast dazu gezwungen. Er wusste, dass ein dritter Toter nicht unbemerkt bleiben und dass wir uns früher oder später fragen würden, warum es nicht die geringsten Nachforschungen seitens der Behörden gab. Also hatte er den Körper des Rumänen verstecken lassen und seine beiden Komplizen vor unseren Augen mit der Tat betraut. Hätten wir je vermutet, dass sie alles andere als zwei harmlose Kutscher waren?
    Bei Koloman hatte der angebliche Prager seine teuflischen Künste zur vollen Entfaltung gebracht. Der vermeintliche Kniff des Balamber war reine Erfindung, wie auch Attilas kryptographisches Talent und Szupáns Leidenschaft für Geheimschriften. Mit Zweifeln, ebenso unschuldig wie geschickt eingestreut, mit treffenden Bemerkungen im rechten Augenblick, mit ad hoc erfundenen Geschichten hatte er uns dazu gebracht, das zu tun, was er wollte. Dennoch hatte ich ihn, wenn er uns seine Märchen auftischte, manchmal zögern und die Augen zum Himmel heben sehen, als suche er nach einer guten Idee. Wie hatten wir nur alle auf ihn hereinfallen können? Man musste anerkennen, dass es Penicek weder an Einfallsreichtum noch an Geistesgegenwart gebrach. Und dann auch noch der gänzlich aus der Luft gegriffene mordende Augustinermönch und das Palais des Tscherkessen, welches in Wahrheit (wir mussten es nicht einmal mehr überprüfen) gar nicht Prinz Eugen gehörte!

    Ich kündigte dem Abbé an, dass es noch mehr Neuigkeiten gab. Schon am gestrigen Abend hätte ich ihn darüber in Kenntnis setzen wollen, doch es sei unmöglich gewesen, er habe zu Tode erschöpft in seinem Bett gelegen: Cloridia habe im Palais Eugens von Savoyen in Erfahrung gebracht, dass die Türken und der Derwisch bei der medizinischen Behandlung des Kaisers mitzuwirken gedachten, und dies mit Billigung des Kaiserlichen Proto-Medicus, jenes von Hertod, den Cloridia zu einer Begegnung mit Ciezeber habe eilen sehen. Noch am heutigen Tage solle bei Joseph der entscheidende Eingriff vorgenommen werden, wenn dies nicht schon geschehen sei.
    «Waaaas? Und du hast diesen Aberwitz geglaubt?» Bei meinen letzten Worten hatte Attos Gesichtsfarbe gewechselt.
    «Aber

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