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Verkehrt!

Verkehrt!

Titel: Verkehrt! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thorsten Nesch
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Nein.
    Er lacht, – Seit wann seid ihr zusammen?
    – Wir sind nicht zusammen!
    Wie kann er das denn denken? Hat der was an den Augen? Der kann doch nicht wirklich denken, sein Sohn würde jemanden wie mich abkriegen. Na, wahrscheinlich ist sein Gehirn schon vom Alkohol zerfressen.
    – Ja, ja, sagt Harry.
    – Nein, nein!
    – Habt ihr schon?, er tickt die Asche von der Zigarette.
    – Haben wir was?
    Er lacht wieder heiser, hustet, und kreist leicht mit der Hüfte, – Ugachacka, ugachacka.
    – Uga… nein!
    Sagen die das so? Ist das überhaupt politisch korrekt?
    Ich bin mit einem Primaten von Priester alleingelassen worden.
    – Ihr seid vielleicht verklemmt. Als ich so alt war wie du, da …
    – Was hat das mit verklemmt zu tun?
    Von welcher Kirche ist der eigentlich?
    – Alles. Komm, ich bring nur ein paar Sachen ins Atelier.
    – Sie … du hast … wirklich so viel Zeit neben deinem Amt!?, frage ich.
    – Amt?
    – Dein Priesteramt?
    Er lacht laut los. Schallend hallt es im Hof wider, als würde sich ein ganzer Raucherclub vor Lachen ausschütten.
    – Sehr gut, Frank, sehr gut, hat der Rektor noch mal was gesagt?
    – Ja.
    – Was?
    – Hab ich vergessen.
    Sein Vater hustet vor Lachen, – Er soll mich Euer Hochwürden nennen.
    Er ist kein Pfarrer. Weder Priester noch Pfarrer. Niemals.
    Ein Atelier, dann ist er Künstler, das erklärt einiges.
    Ich folge ihm über den Hof vor die Garage Nummer zwölf.
    – Halt mal, sagt er und drückt mir die schmierige Plastiktüte in die Hand.
    Sie ist schwerer, als ich erwartet hatte.
    Dann schließt er das Garagentor auf. Quietschend und knarrend öffnet es sich. Statt eines Autos verbirgt sich dahinter nur Schrott. Schrott und Werkzeug. Einen Hammer erkenne ich, Schweißgerät, Schweißerbrille, und einen Kassettenrecorder.
    Er wechselt eine Musikkassette, wie ich sie aus alten
Tatorts
kenne, und drückt den Playknopf. Ein schauerliches Gejaule ertönt verzerrt, schrill, schrecklich. Ohne eine Miene zu verziehen, schaut er mich an.
    Harry muss taub sein. Ist er aber nicht, denn er zuckt zur Musik.
    Er sagt, – Gib mir mal den Paneuser da raus!
    Ich gucke verwundert die Tüte an.
    – Ja, los, das wird der Kopf.
    Der Kopf?
    In der Plastiktüte ist ein veröltes Handtuch mit Brandflecken. Darin eingewickelt finde ich einen handgroßen verrosteten Würfel aus massivem Stahl, mit jeweils einem Loch an jeder Seite.
    Harry flitscht die Kippe auf den Hinterhof, und mit beiden Händen reiche ich ihm das Ding, das anscheinend ein Paneuser ist.
    Ich wage nicht zu fragen, wozu das Teil sonst gut ist, außer als Kopf für dieses bemitleidenswerte Stück Metallabfall.
    Gekonnt setzt er sich die Schweißerbrille auf, schnappt sich das Schweißgerät und hält den Paneuser an das höchste Ende eines zusammengeklatschten Zufallsprodukts aus verrostetem Stahl. Als die Flamme fauchend anzischt, trete ich zurück und wende meinen Kopf ab. Ich will weg, weg hier, rein, alleine sein.
    – Ich gehe, sage ich, aber er hört mich nicht und sieht mich wahrscheinlich auch nicht.

16

    Ihre Mutti holt sie immer ab. Als würde sie noch in den Kindergarten gehen. Ich bin das letzte Jahr schon alleine in den Kindergarten gegangen! Wie alt ist die denn? Das würde mir auf den Keks gehen.
    Aber sich verstecken, um die Ecke warten, nicht vor der Schule, wo es alle sehen. Heimliches Mamakind. Super. Und wo bleibt die Supermama? Ich stehe doch genau dort, wo Elizabeth gesagt hat. Immerhin mal Porschefahren. Hab ich auch nicht jeden Tag. Nach Hause zu ihr, so tun, als ob ich Hausaufgaben mache, und gut ist.
    Erst höre ich den Motor, und das ist nicht nur irgendein Porsche, das ist das neuste Geschoss! In Gold. Cabrio. Das Verdeck offen.
    Geil! Sie bremst ruckartig vor mir, und ich ziehe die Tür auf.
    Ich pflanze mich auf den Beifahrersitz aus schwarzem Leder, bevor ich die Tür schließe. Das Leder kalt in meinem Nacken.
    Eine Wolke Parfüm wallt mir entgegen, ich huste.
    – Du wirst doch jetzt nicht etwa krank?, fragt sie.
    – Nein, nein.
    Und was für geile Armaturen!
    Ich streiche über die geschwungenen, glänzenden Linien vor mir, – Wow!
    Jetzt guckt sie mich forschend an, mit ihren schmalen Augen unter den falschen, aufgemalten Brauen. Dazu das schwarze kurze Haar, nach vorn gekämmt wie eine Ratte.
    – Seit wann hast du ein Faible für den Wagen?
    – Ist doch eine coole Droschke.
    – Droschke?, sie schüttelt den Kopf und schaut nach vorne,

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