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Verkehrt!

Verkehrt!

Titel: Verkehrt! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thorsten Nesch
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haben sogar Angestellte! Am Ende habe ich einen Butler! Frank hat einen Butler. Wie der wohl heißt? Egal, ich werde ihn Harry rufen, nur einmal.
    Sie bremst, und wir steigen aus. Das ist ja wie in einer schlechten Fernsehschnulze um 20.15  Uhr. Gleich kommt noch ein Jungarzt um die Ecke. Ich wette, ich habe alle Spielkonsolen der Erde, ach, ich habe einen ganzen Spieleraum, ein Multimediacentre, yeah.
    – Elizabeth, träumst du?
    – Nein. Ich bin nur müde. Kann ich in mein Zimmer?
    Wo immer das sein mag …
    Sie kommt auf mich zu und hält mich an den Schultern. Die Ratte versucht etwas in meinen Augen zu finden. Mir läuft’s kalt den Rücken runter. Noch nie hat mir ein Nager so tief in die Augen geguckt.
    Mit der aufgelegten Pfote prüft sie meine Stirn, ob ich Fieber habe, – Elizabeth, muss sich Mutti Sorgen machen?
    – Deine Mutti?
    – Doch nicht Omi, nein, ich!
    – Ach du, nein.
    Sie lässt mich los, – Dann … worauf wartest du? Dann hol deine Tasche.
    Ich gucke auf meinen Rucksack mit den Schulsachen. Die meint doch garantiert eine andere Tasche.
    – Kann das nicht einer unserer Angestellten machen?!
    Ist das nicht so, wenn man reich ist?
    Für einen Moment ist sie sprachlos, dann lacht sie los, und sie lacht eine ganze Weile, bis sie etwas sagen kann, – Du entwickelst eine sehr erfrischende Art von Humor. Den hast du weder von mir noch von deinem Vater. Aber damit das was wird mit den Angestellten später, holst du jetzt besser deine Tasche, damit du dich gleich nicht in der feinen Gesellschaft blamierst, wenn es ums Reiten geht.
    Reiten? Ich?

19

    Wir sitzen im Wohnzimmer, und ich halte den Kopf gesenkt, während ich auf der Eckcouch sitze.
    Jetzt wird dieser Harry mich gleich zusammenfalten. Hoffentlich wird er nicht brutal. Gut, dass diese Gesine dabei ist. Sie kann als Zeugin aussagen. Wenn man sie für zurechnungsfähig erklärt.
    Ich muss meine Nase schon wieder hochziehen. Wenn ich mir jedes Mal ein Taschentuch besorgen würde, könnte ich das Vermummungsverbot verletzen. Das ist doch nicht normal. Ich habe auch keine Erkältung. Sie läuft und läuft einfach. Harry scheint das egal zu sein, dieser Gesine auch.
    Die beiden lungern mir gegenüber im Schneidersitz in unterschiedlichen Sperrmüllsesseln. Der Tisch zwischen uns ist übersät mit alten Zeitschriften, leeren Tassen und Gläsern.
    Im Wohnzimmer passt kein Möbelstück zum anderen.
    Harry hat sich eine Zigarette gedreht und leckt nun das Papier mit spitzer Zunge. Er wird gleich loslegen.
    Gesine löst sich aus ihrem Schneidersitz und lehnt ihre Füße an die Tischkante. Dort spielt sie mit ihren Zehen, als wolle sie mir winken. Sie lächelt wieder so komisch. Vielleicht hat sie gedacht, ich hätte ihre Zehen angeschaut. Oh kotz. Wie krank. Was soll’s?
    Harry zündet ein Streichholz an, gibt sich Feuer, wedelt mit lockerer Hand die Flamme aus und schmeißt das Streichholz auf den Tisch, wo es in einer ranzigen Kaffeetasse landet.
    Harry behält das Nikotin lange in seiner Lunge. Während er spricht, sickert der Qualm aus seiner Nase und aus seinem Mund, – Was hast du gemacht in der Schule?
    – Ich bin nur auf das falsche Klo gelaufen.
    – Wieso denn?
    – Aus Versehen.
    – Stimmt, passiert mir auch dauernd. Nein, stimmt nicht, ist mir noch nie passiert. Wie kann einem das passieren?
    – Ich muss wohl geträumt haben.
    Gesine mischt sich ein, – Eigengeschlechtliche Desorientierung, kommt vor in dem Alter.
    Eine Studentin mit Vordiplom also.
    Er lacht, – Warst du dir auf einmal nicht sicher?
    – Doch.
    – Dann guck vorher in deine Hose.
    Stimmt, das steht mir auch noch bevor.
    Ich murmele, – Besser nicht.
    Draußen wird gehupt. Wahrscheinlich ist jemand eingeparkt und kommt nicht raus.
    – Wann denn? In der Pause?
    – Nein, in Physik.
    – Wolltest du dich verpissen für eine Weile?
    – Nein, ich wollte in einen Spiegel schauen.
    Jetzt lacht sie, – Tu dir doch nicht unnötig weh!
    Sie entschuldigt sich schnell bei Harry und mir, aber sie meint das nicht ernst.
    Er fragt, – Und? Hast du was gesehen?
    – Nein, ich war nur zwei Schritte weit drin.
    – Schade, was?
    Ich sage nichts.
    – Ich meine, wenn man schon erwischt wird. Da sollte man wenigstens etwas davon haben.
    – Mehr als hier gibt es da auch nicht zu sehen, antworte ich und werfe einen kurzen Blick auf die Studentin.
    Sie nimmt die Füße von dem Tisch.
    – Eben, grinst er.
    – Es ist heiß, es ist Sommer,

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