Verkehrt!
sagt er.
Verdattert stehe ich mitten vor den Flügeltüren. Von Frank keine Spur mehr. Das hat er mit Absicht getan, der ist mit Absicht in den Mediakomet. Der wusste, dass ich in seinem Körper nicht weit kommen würde.
Ein zweiter Security-Mann gesellt sich zu dem anderen.
– Alles klar?
– Ja, ja, stell dir vor, Frank Zach wollte hier noch mal rein.
– Der Schnodder.
Die beiden lachen und schauen mich an.
– Jetzt steh da nicht allen im Weg rum! Deine Fünf-Finger-Rabatt-Wochen sind vorbei hier!, brüllt der erste.
Während ich langsam wegschleiche, schaue ich mich nach Frank um, aber er ist nirgends zu sehen, und ich bekomme wirklich Angst.
41
Pfeifend schlendere ich durch die Regalreihen voller Sonderangebote, CD -Rohlinge, DVD -Spindeln und Steckerleisten. Ich fühle mich so frei wie ein zu lebenslanger Haft Verurteilter nach seiner frühzeitigen Begnadigung.
Ich könnte mir nun so ziemlich alles in den Ausschnitt stopfen. Aber ich brauche nichts mehr zu klauen, ich habe das Geld, alles zu kaufen.
Unangenehm sind die verstohlenen Blicke der lüsternen Männer. Das geht mir auf den Sack. Aber wenn das der Preis ist, dann werde ich mich bestimmt noch daran gewöhnen.
Ich merke, dass ich lächele, und zwinge mich zu einem ernsteren Gesichtsausdruck. Das wehrt schon einen Teil der Blicke ab. Gut aussehend und lächelnd rumlaufend zieht natürlich Aufmerksamkeit an.
Ob sie draußen wartet? Garantiert.
Ich werde einfach durch den Hinterausgang rauf in die Passage gehen und dann durch das Gässchen weg von der FuZo. Dann bin ich sie los.
Bevor ich den Gedanken zu Ende gedacht habe, mache ich mich auf den Weg.
Mein Handy spielt dieses unsägliche Popgedudel.
Das werde ich als Nächstes ändern.
Es ist Elizabeth, wer sonst.
– Hi Frank, sage ich.
Im Hintergrund jammert das Akkordeon
La Paloma
. Sie steht also vor dem Haupteingang. Da steht sie gut.
– Bitte, bitte, nenn mich nicht Frank.
– Okay, Frank.
Sie räuspert sich.
– Wo bist du?
– Da, wo du nicht bist.
– Was soll das?
– Was hat Vlad gesagt?
– Wer?
– Der Wachhund.
– Egal. Was willst du jetzt tun?
– Ich überlege, ob ich mir ein Arschgeweih tätowieren lasse.
– Hör mit dem Scheiß auf!
– Oder ein Zungenpiercing.
– Frank!
– Lass mich in Ruhe.
– Ich gehe zur Polizei …
– Viel Glück. Du hast ja schon Vlad geschickt überzeugt. Nicht zu vergessen die Frau im Fenster, ich bin Elizabeth, ich …!
– Hör …
– Da wirst du mit den Beamten und den Doktoren in der Klapse leichtes Spiel haben.
Die ausgestellten Smartphones lächeln mich an. Ich wette, ich kann mit dem Finger schnippen, und ich bekomme das neueste von Mutti.
– Wie soll das denn weitergehen?, fragt sie.
– Du musst Pläne machen, dir Ziele setzen!
– Ich habe nur ein Ziel.
– Und ich ein anderes. Zeit, unterschiedliche Wege zu gehen.
Einen Moment ist Ruhe.
– Frank, das kannst du nicht machen.
– Bis jetzt klappt doch alles ganz gut.
– Für dich!
– Stimmt, für mich. Okay, außer dem Reiten, zugegeben. Aber das kann ich lernen.
– Ich rufe Mutti an und erzähle ihr alles. Sie wird mir glauben.
– Ich will deine Mutti nicht schlechtmachen, aber wenn du da mit deiner Stimme anrufst und sagst, du wärst Elizabeth … also ganz realistisch betrachtet … aber bitte, wenn du magst, ich will dir da nicht im Weg stehen, ich mache jetzt die Leitung frei, dann kannst du gleich durchklingeln. Die Nummer hast du, nehme ich an. Ciao.
Und damit drücke ich das Gespräch weg und stecke das Handy in die Hosentasche, wo es wieder klingelt. Aber ich lasse es da und nehme zwei Stufen auf einmal.
42
Das Tuten im Handy wechselt wieder zu dem durchgehenden Ton. Er ignoriert mich.
Menschen marschieren mit Tüten und Beuteln an mir vorbei. Eine Mutter ruft nach ihrem kleinen Jungen, der zwischen all den Beinen nach den Tauben jagt.
Niemand scheint still zu stehen, außer mir. Selbst der Akkordeonspieler tanzt zu seiner eigenen Musik und nickt dankend den Leuten zu, die ihm ein paar Münzen in den offenen Instrumentenkoffer schmeißen. Von links weht der Gestank nach Frittenfett von der Bude mit den Belgischen Fritjes herüber.
Ich lasse den Arm mit dem Handy sinken, setze mich auf die breiten Stufen der Kirche und starre auf den Eingang des Mediakomet gegenüber.
Frank wird wohl den Hinterausgang nehmen über die Passage. Das schaffe ich nicht mehr, um das ganze Gebäude
Weitere Kostenlose Bücher