Verlangen, das für immer brennt
was Leo von meiner Entscheidung hält. Wenn er nicht zur Hochzeit kommen will, kann Sherman mein Trauzeuge sein.“
„Jetzt sei doch nicht so stur. Leo liebt dich über alles.“
„Leo bildet sich ein, dass er besser weiß, was gut für mich ist, bloß weil er vierzehn Monate älter ist.“
„Vielleicht solltest du ihn einfach mal anrufen und mit ihm sprechen.“
Lucs Gesichtsausdruck wurde schlagartig hart und unnahbar. „Wieso? Ich sehe ihn doch am Wochenende.“
„Na gut, dann benimm dich eben wie ein arroganter Blödmann. Wirst schon sehen, was du davon hast.“
Luc stand auf und musterte Hattie mit einem Ausdruck, den sie nicht deuten konnte. „Sherman und Ana haben heute Abend frei.“
„Ich weiß. Soll ich dir etwas kochen?“
„Ich dachte, dass wir vielleicht mit Deedee picknicken gehen könnten.“
„Aber es ist doch schon spät.“
„Das eine Mal wird sie es überleben, etwas später ins Bett zu kommen. Oder?“
„Vermutlich hast du recht.“
„Na, dann los! Ich verhungere gleich.“
Eine halbe Stunde später hatten sie sich eine Auswahl an Gerichten beim Chinesen abgeholt, und Luc parkte den Wagen am Piedmont Park. Darauf war Hattie nicht vorbereitet gewesen. Ob er diesen Ort, mit dem sie so viele Erinnerungen verbanden, wohl mit Absicht ausgewählt hatte?
Während sie Deedee aus dem Kindersitz befreite, holte Luc eine Decke und den Picknickkorb aus dem Kofferraum. Der Abend war wunderschön, und der Park war voller Menschen. Doch nach kurzer Suche fanden sie dennoch ein halbwegs ruhiges Plätzchen.
Erst als sie sich niedergelassen hatten und Luc die Pappschachteln mit dem duftenden Abendessen öffnete, merkte Hattie, wie hungrig sie war. Sie angelte eine Frühlingsrolle aus einem der Behälter. „Das riecht einfach himmlisch. Seit ich bei dir eingezogen bin, esse ich doppelt so viel wie sonst.“
Luc musterte sie von Kopf bis Fuß. „Ein paar Kilo mehr würden dir gut stehen.“
Sein Tonfall war so vertraulich, dass Hattie unwillkürlich zusammenschreckte. Was für ein Spiel spielte dieser Mann nur?
Sie aßen ohne Eile und redeten dabei kaum, sondern genossen das stete Treiben um sie herum. Wehmütig erinnerte sich Hattie an ihre College-Zeiten. Damals hätte Luc als Nächstes seinen Kopf in ihren Schoß gebettet, und sie hätte ihm übers Haar und die Brust gestreichelt, während sie sich vom Licht der untergehenden Sonne wärmen ließen.
Die Erinnerungen wurden so mächtig, dass Hattie fast glaubte, Lucs Haut unter ihren Fingern zu spüren. Für einen kurzen Moment war ihr Verlangen so groß, dass sie sich ganz benommen fühlte.
„Ich habe heute von meinen Anwälten gehört“, unterbrach Luc ihre Gedanken. „Offenbar will Eddie versuchen zu beweisen, dass in jener Nacht in Wahrheit deine Schwester am Steuer saß. Und dass er nach dem schweren Unfall so sehr unter Schock stand, dass er sich erst jetzt wieder an den Tathergang erinnern kann.“
Hattie ballte die Fäuste. „Bitte sag mir, dass er damit auf keinen Fall durchkommt.“
Er stützte sich auf einen Ellbogen und erwiderte: „Der Polizeibericht scheint eindeutig zu sein. Andererseits haben meine Anwälte aber den Eindruck, dass Eddie auch vor einem Meineid nicht zurückschrecken würde.“ Er streichelte Deedee, die zwischen ihnen eingeschlafen war, liebevoll über den Rücken. „Aber mach dir keine Sorgen: Der kleinen Lady hier wird nichts passieren. Ich habe dir all das nur erzählt, damit du auf dem neuesten Stand bist. Wir werden ganz sicher beweisen können, dass Eddie eine Gefahr für seine Tochter darstellt.“
Hattie schauderte. „Ich bete, dass du recht hast. Auch Richter können gekauft werden.“
„Wie gut, dass meine Taschen so tief sind“, sagte Luc grinsend. Dann versanken sie in friedlichem Schweigen, und einige Minuten später nickte er ein. Nun wachte Hattie alleine über den Schlaf von Mann und Kind.
Und während sie Lucs kantiges Profil musterte, begriff sie, dass es so gut wie unmöglich war, sich nicht in ihn zu verlieben. Denn im Vergleich zu seiner pulsierenden Energie und seiner beeindruckenden Persönlichkeit waren die wenigen Männer, die sie in den vergangenen zehn Jahren näher kennen gelernt hatte, nichts weiter als blasse Schattenbilder gewesen.
Zögerlich streckte sie eine Hand aus und strich mit den Fingerspitzen kaum merklich über sein Haar. Es war weich und dick und gab federnd unter der Berührung nach. Lächelnd erinnerte sie sich, wie er sich früher immer über
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