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Verlangen

Titel: Verlangen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Quick
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größer als die Mehrzahl der Frauen in ihrer Umgebung. Doch Lucas war ein großer Mann, und es war gut, eine Frau zu finden, deren Kopf angenehm auf seiner Schulter ruhen würde statt irgendwo mitten auf seiner Brust.
    Nicht, was er erwartet hatte.
    Und sie bewegte sich mit einem langen, graziösen Schritt, der nicht die Spur der gewöhnlichen Geziertheit aufwies, die Frauen so oft an den Tag legten. Auch tanzte sie gut, stellte er nicht ohne eine Spur der Verärgerung fest. Er wußte, wenn es darum ginge, sie beim Tanzen zu begleiten, könnte er noch nicht einmal mit dem ältlichen Baron Schritt halten.
    Lucas sah zu, wie der Baron Victoria mühelos unter einem glitzernden Kronleuchter hindurchführte. Die zahlreichen Lichter ließen die goldenen Strähnen in ihrem prächtigen lohfarbenen braunen Haar aufleuchten. Für Lucas’ Geschmack trug sie ihren dichten Schopf wesentlich zu kurz. Doch der kurze, auf raffinierte Weise nachlässige Stil enthüllte die feine, verführerische Linie ihres Nackens und umrahmte ihre glänzenden, bernsteinfarbenen Augen. Wenn es um Mode ging, wußte die Dame eindeutig Bescheid.
    Nicht, was er erwartet hatte.
    Jessica hatte ihn gewarnt, daß es zwar nichts an Miss Huntingtons Zügen auszusetzen gebe, sie jedoch auch keine ausgesprochene Schönheit sei. Während er aus der Entfernung die lebendigen, munteren Züge in Victorias Gesicht studierte, stellte Lucas fest, daß Jessica in gewisser Weise recht hatte. Doch er beschloß, daß die warmen, goldenen Augen, die so herausfordernd blicken konnten, die hochmütige, doch zugleich äußerst feminine Nase und das strahlende Lächeln sehr nett zusammenpaßten. Victoria hatte etwas Faszinierendes, Lebendiges, das den Blick anzog und festhielt. Ihr Wesen ließ eine unterdrückte Leidenschaft vermuten, die nur darauf wartete, durch den richtigen Mann geweckt zu werden.
    Lucas warf einen erneuten Blick auf das Lächeln, das Victoria dem Baron schenkte, und beschloß, daß er Victorias Lippen äußerst gerne kosten würde. Bald.
    »Lucas, mein Lieber?«
    Widerwillig wandte Lucas den Blick von seiner reichen Erbin. Meine reiche Erbin, dachte er amüsiert, als er den Ausdruck erneut durch seine Gedanken wandern ließ.
    »Ja, Jessica?« Forschend sah er auf die schöne Frau hinab, die er einst geliebt und mangels Titels und Vermögens verloren hatte.
    »Ist sie die Richtige, Lucas? Wirklich? Es ist noch nicht zu spät, wenn du auch Miss Pilkington kennenIernen möchtest, weißt du?«
    Lucas dachte daran, wie Jessica, sich dem Diktat ihrer Familie unterwerfend, einen anderen Mann geheiratet hatte, um sich sowohl einen Titel als auch ein Vermögen zu sichern. Damals hatte er sie weder wirklich verstanden noch ihr vergeben. Nun, mit seinem Titel, aber nach wie vor ohne das dringend benötigte Vermögen, verstand Lucas endlich die Lage, in der sich Jessica vor vier Jahren befunden hatte.
    Er wußte jetzt, daß eine Ehe keine Angelegenheit des Herzens war; es war eine Sache der Pflicht. Und Pflicht war etwas, das Lucas sehr gut verstand.
    »Nun, Lucas?« drängte Jessica erneut, ihre Augen voll ernster Besorgnis. »Kannst du dich überwinden, sie zu heiraten? Um Stonevales Willen?«
    »Ja«, sagte Lucas. »Miss Huntington ist die Richtige.« 

2
    »Ist meine Tante zu Hause, Rathbone?« fragte Victoria, als sie in die Eingangshalle des Stadthauses eilte. Draußen auf der Straße war das Klappern von Rädern zu hören. Die Kutsche von Annabella und ihrer ältlichen Tante, die Victoria auf den Ball begleitet hatten, fuhr wieder ab.
    Victoria war recht froh, der Enge des Fahrzeuges entronnen zu sein. In ihrer Funktion als Anstandsdame der beiden jüngeren Frauen hatte Annabellas Tante sich verpflichtet gefühlt, ihren Schützlingen einen längeren Vortrag über das eher zweifelhafte Benehmen von Frauen zu halten, die auf eleganten Bällen mit Männern Karten spielen.
    Victoria haßte Vorträge dieser Art.
    Rathbone, ein gediegener, vornehm aussehender Mann mit schütterem grauen Haar und einer Nase, die eines Herzogs würdig gewesen wäre, zeigte feierlich auf die geschlossene Tür der Bibliothek: »Ich glaube, Lady Nettleship hat eine Versammlung mit einigen Mitgliedern ihrer Gesellschaft für die Erforschung von Naturgeschichte und Gartenbau.«
    »Hervorragend, bitte schauen Sie nicht so niedergeschlagen, Rathbone. Noch ist nicht alles verloren. Noch ist es ihnen nicht gelungen, die Bibliothek in Brand zu setzen.«
    »Das ist nur eine Frage der Zeit«,

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