Verlangen
ihm?« fragte Lucas, während er ihr gegenüber Platz nahm.
»Ich traf zufällig Isabel Rycott in der Bond Street, und sie machte deutlich, daß sie ihn nicht mehr trifft. Tatsächlich schließe ich aus dem, was meine Tante und Annabella erzählten, daß er überhaupt kaum noch in unseren Kreisen verkehrt.«
»Vielleicht hat er noch ein paarmal an den Spieltischen verloren«, meinte Lucas vorsichtig.
»Lucas, du hast ein- oder zweimal gesagt, daß er vielleicht etwas mit dem Unfall mit der Kutsche oder mit dem Angriff des Straßenräubers zu tun haben könnte. Hast du dir auch überlegt, daß er vielleicht derjenige gewesen sein könnte, der mir die Broschüre und die Nachricht geschickt hat?«
»Daran habe ich gedacht.« Lucas sah durch das Fenster der Kutsche auf die Straße hinaus. »Ich bezweifle nicht einen Moment, daß es ihn nicht im geringsten betroffen machen würde, wenn ich einem unglücklichen Unfall zum Opfer fiele. Aber in meinen Augen hat er keinen Grund, dich zu belästigen. Es sei denn, er würde einen Erpressungsversuch vorbereiten wollen.«
»Aber es gab keinerlei Geldforderung«, sagte Victoria.
»Ich weiß. Wie gesagt, es ergibt keinen Sinn. Zumindest jetzt noch nicht. Trotzdem werde ich mit meinen Nachforschungen bei Edgeworth beginnen. Das ist ein ebenso guter Ansatzpunkt wie jeder andere.«
»Sollen wir einen Spitzel engagieren?« fragte Victoria aufgeregt. »Der, den ich mit den Nachforschungen über Lord Barton beauftragt habe, war hervorragend.«
Lucas’ Augen begegneten ihrem Blick. »Wenn es sich vermeiden läßt, heuere ich lieber keinen Spitzel an.«
»Weshalb nicht?«
»Weil ich damit das Risiko einginge, lästige Fragen über den Tod deines Stiefvaters auszulösen, die wiederum zu lästigen Fragen bezüglich deiner Rolle in der Angelegenheit führen könnten.«
»Oh.« Victoria lehnte sich auf ihrem Sitz zurück. »Ja, ich verstehe. Du bist wirklich clever, Lucas. Du denkst immer an alles.«
»Man tut sein möglichstes.«
»Wie willst du denn Edgeworth aufspüren?« fragte Victoria.
»Zunächst werde ich mich mal ein wenig in meinen Clubs umhören. Irgend jemand dort weiß bestimmt etwas über einen Mann, der soviel spielt wie Edgeworth.«
»Eine hervorragende Idee.«
»Es freut mich, daß du mir zustimmst, da es bedeutet, daß du dich, nachdem wir heute abend ein paar Auftritte erledigt haben, direkt nach Hause begibst und zu Bett gehst.«
»Was?« Ihre Augen verdunkelten sich. »Das kann nicht dein Ernst sein.«
»Ich fürchte doch, Madam. Wie wir beide wissen, kann ich dich unmöglich in meine Clubs hineinschmuggeln. Und da ich nicht möchte, daß du mitten in der Nacht ohne mich herumläufst, bleibt nur noch die Möglichkeit, daß du dich zu Hause ins Bett legst.«
»Während du Informationen sammelst?« Victoria war wütend. »Das ist nicht fair, Lucas.«
»Das ist keine Frage der Fairneß. Es ist eine Frage deiner Sicherheit. Ich werde keine weiteren Kutschenunfälle, Straßenräuber oder Geister, die Gegenstände mit einem >W< zurücklassen, riskieren.«
»Aber Lucas, ich werde in Tante Cleos oder Annabellas Gesellschaft sein. Ich werde nicht allein sein«, beharrte Victoria.
»Das reicht nicht, Vicky. Wir können nicht erwarten, daß deine Tante oder Annabella auf heranrasende Kutschen oder auflauernde Straßenräuber achten, besonders da sie nicht wissen, daß sie sich davor in acht nehmen müssen. Nein, ich will wissen, daß du sicher zu Hause bist, während ich mich in meinen Clubs umhöre.«
Victoria sprühte vor Zorn ob dieser Unnachgiebigkeit. »Du kannst mich nicht von deinen Nachforschungen ausschließen. Das erlaube ich dir nicht. Wir sind übereingekommen, daß diese Angelegenheit der Hauptgrund für unsere Rückkehr nach London ist. Das ist meine Sache.«
»Ich schließe dich nicht aus. Ich stelle lediglich sicher, daß ich genau weiß, wo du dich aufhältst, wenn ich nicht in deiner Nähe sein kann. Die Gefahr lauert hier in London, Vicky. Sämtliche Vorfälle haben sich hier ereignet. Also will ich, daß du entweder direkt unter meinem Schutz stehst oder sicher zu Hause bist, während wir in der Stadt sind«, erklärte Lucas bestimmt.
Victoria sträubte sich. »Lucas, ich muß sagen, auch wenn du in mancher Hinsicht ein durchaus erträglicher Ehemann bist, mag ich es keineswegs, wenn du dich wie ein Offizier aufführst und mir Befehle erteilst. Ich stehe nicht unter deinem Kommando. Ich bin deine Partnerin, falls du dich daran erinnerst.
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