Verlangen
wahr?« erwiderte Victoria.
»Da haben Sie wahrscheinlich recht. Ich hörte bereits, Sie und Ihr Gatte seien zurück in London. Lady Atherton gibt Ihnen zu Ehren einen Empfang, nicht wahr?«
»Das stimmt«, sagte Victoria. »Ich hoffe, Ihnen geht es gut, Lady Rycott?« Sie zwang sich zu einem Lächeln.
»Sehr gut, danke.«
»Und Ihr Freund Edgeworth? Ist er ebenfalls wohlauf?«
Isabels Lächeln verhärtete sich unmerklich. »Ich habe ihn in letzter Zeit nicht sehr häufig gesehen. Ich nehme an, es geht ihm gut. Sagen Sie, Vicky, Liebste, wird man Sie heute abend bei den Foxtons sehen?«
Es war Cleo, die antwortete. »Wir haben vor, kurz hereinzuschauen, obgleich wir nicht lange werden bleiben können. Vicky und Stonevale sind nur für ein paar Tage in London, und sie haben so viele Einladungen erhalten, daß es unmöglich ist, sie alle anzunehmen, wissen Sie?«
»Das kann ich mir vorstellen«, murmelte Isabel. »Nun, da Lady Atherton kundgetan hat, daß es sich um die Hochzeit der Saison handelt, ist natürlich mehr als eine Gastgeberin versessen darauf, ihren Ballsaal mit dem berühmten Paar zu schmücken. Guten Tag allerseits. Ich nehme an, wir werden uns heute abend
sehen, und wenn nicht, dann vielleicht auf dem Empfang bei den Athertons.«
Victoria sah zu, wie Isabel den Laden der Schneiderin betrat, bevor sie hinter ihrer Tante und Annabella in die Kutsche stieg. »Wirklich, diese Frau kann so verdammt unangenehm sein. Ich weiß nicht weshalb, aber ich werde sie niemals mögen.«
»Wen? Isabel Rycott? Ich weiß, was du meinst. Diese Frau hat irgend etwas Unangenehmes an sich«, pflichtete Annabella ihr bei.
»Nun, die Männer scheinen das nicht zu bemerken«, stellte Cleo trocken fest.
Victoria zog eine Grimasse und blickte zurück zu dem Laden, als die Kutsche sich in Bewegung setzte. »Interessant, was sie über Edgeworth gesagt hat, nicht wahr?«
»Er war nicht ihr erster Geliebter, und er wird auch nicht ihr letzter sein«, sagte Cleo. »Isabel hat immer ein oder zwei Männer im Gefolge.«
Annabella runzelte nachdenklich die Stirn. »Wenn ich so darüber nachdenke, sieht man Edgeworth in letzter Zeit eigentlich sowieso sehr wenig, weder in Begleitung von Isabel Rycott noch mit jemand anderem.«
»Wirklich?« Victoria konnte es kaum erwarten, Lucas diese Neuigkeit zu erzählen.
Sie mußte jedoch bis zum Abend warten, bevor sie mit ihrem Ehemann sprechen konnte. Für ihre erste Londoner Ballnacht als verheiratete Frau hatte sie sich mit größter Sorgfalt zurecht gemacht. Das gelbe cremefarbene Kleid fiel in sanften, weichen Linien auf ihre Knöchel herab. Sie trug keinerlei Schmuck außer dem Bernsteinamulett und einem Schildpattkamm im Haar.
Als sie die Treppe von Lucas’ Stadtwohnung hinabstieg, wurde sie bereits von ihm in der Eingangshalle erwartet. Er war in elegantem Schwarz-Weiß gekleidet. Sein dunkles Haar schimmerte im Licht des Kronleuchters. Victoria sah zu ihm hinab und fragte sich, ob er sie jemals so lieben würde, wie sie ihn liebte.
Vielleicht sollte sie nicht mehr als seine Zuneigung, Kameradschaft und Schutz erhoffen, den er jedem zuteil werden ließ, für den er sich verantwortlich fühlte.
Sie konnte sich wohl kaum beschweren, wenn dies alles war, was sie jemals von ihm bekäme. Das war weit mehr, als viele Frauen von ihren Ehemännern zu erwarten hatten, besonders wenn sie wegen ihres Geldes geheiratet worden waren.
Lucas küßte ihr galant die Hand. »Sie sehen bezaubernd aus, Madam. Ich schätze mich als den glücklichsten aller Männer heute abend.«
Sie lächelte. »Ich bin ebenfalls sehr glücklich, Sir.«
»Sollen wir gehen und uns der Meute stellen?« fragte er trocken, als er sie aus der Tür geleitete.
»Genau so ein Gefühl ist es, nicht wahr? Ich würde viel lieber mit dir einen nächtlichen Ausritt unternehmen, Lucas.«
»Ich für meinen Teil freue mich auf einen ruhigen Abend in einer Reihe überfüllter, langweiliger, überhitzter Ballsäle. Das erscheint mir äußerst erholsam verglichen mit den Abenteuern, die wir anscheinend jedesmal zu bestehen haben, wenn du mich nachts durch die Gegend schleppst.«
Victoria bedachte ihn mit einem tadelnden Blick, als er ihr in die Kutsche half. »Wirklich, Lucas, so wie du dich beschwerst, könnte man fast den Eindruck haben, du hättest keinerlei Vergnügen an unseren nächtlichen Ausflügen. Nun denn, ich habe den ganzen Tag darauf gewartet, mit dir über Edgeworth sprechen zu können.«
»Was ist mit
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