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Verlangen

Titel: Verlangen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Quick
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fuhr bereits langsamer. Immer noch verwirrt sah sie zu ihm auf. Er lächelte sanft, und seine Augen hatten einen warmen, wissenden Ausdruck.
    »Das war...« Sie befeuchtete ihre Lippen und begann erneut. »Das war sehr seltsam.«
    »Betrachten Sie es als naturwissenschaftliches Experiment.«
    »Als Experiment?« Trotz ihrer eigenartigen Stimmung mußte sie lachen. Der Bann der sinnlichen Trägheit war gebrochen. »Sie sind wahrhaft unmöglich, Graf.«
    »Nicht im geringsten.« Sein Lächeln war zärtlich, doch in seinen Augen lag eine verwirrende Glut. »Die Dinge, die ich mit Ihnen vorhabe, sind durchaus möglich. Vielleicht sind manche unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich.«
    Wortlos sah sie ihm in die Augen, und plötzlich bemerkte sie, daß die Kutsche hielt. Sie schüttelte sich leicht und griff nach ihrer offenen Krawatte. »Gütiger Himmel, wir sind da. Ich muß aussteigen, sonst denkt der Kutscher, wir seien eingeschlafen.«
    Auf der Suche nach Stock und Mantel kletterte sie in der Kutsche herum. Als sie schließlich die Tür aufstieß, bemerkte sie, daß sich Lucas weit vorsichtiger bewegte als sonst. Sie runzelte die Stirn. »Sind Sie in Ordnung?«
    »Nein.«
    »Oje, Ihr Bein.«
    »Es ist nicht mein Bein, das mich stört.« Er stieg neben ihr aus und ordnete sorgfältig seinen Mantel.
    »Was ist es dann, Lucas?« bohrte Victoria.
    »Nichts, wogegen Sie heute nacht etwas tun könnten, aber seien Sie versichert, daß es mir ein Vergnügen sein wird, Sie das Problem in naher Zukunft lösen zu lassen.« Er klopfte dem Kutscher mit seinem Stock. »Seien Sie so gut, und warten Sie noch ein paar Minuten.«
    Der Kutscher nickte gelangweilt und griff nach der Flasche, die er unter seinem Sitz aufbewahrte.
    »Aber Lucas, was haben Sie? Was ist los?« fragte Victoria erneut, während sie um die Ecke in Richtung der Gartenmauer eilten.
    »Versuchen Sie nur, sich an Ihre naturwissenschaftlichen Studien zu erinnern, besonders an die Einzelheiten bezüglich des Fortpflanzungsverhaltens der männlichen Vertreter einer Gattung. Ich bin sicher, dann werden Sie die Antwort von selbst finden.«
    »Oje.« Sie schluckte und bemerkte, wie ihr Gesicht glühte. Sie war sich nicht ganz sicher, was er meinte, doch zumindest ahnte sie die mögliche Ursache seines Unbehagens. »Himmel. Ich hatte keine Ahnung. Fühlen Sie sich, uh, sehr unbehaglich, Graf?«
    »Machen Sie kein so zerknirschtes Gesicht«, sagte er mit einem kurzen, flüchtigen Grinsen. »Ich bin sehr zufrieden mit den Ergebnissen des Experiments. Sie sind das leichte Unwohlsein, das ich jetzt verspüre, durchaus wert.« Er half ihr über die Gartenmauer. »Und schließlich habe ich mich Ihnen ja im Dienste der Wissenschaft zur Verfügung gestellt, nicht wahr?«
    »Ich wünschte, Sie würden aufhören, von der Angelegenheit als von einem Experiment zu sprechen.« Victoria sprang hinab in den duftenden, dunklen Garten und trat einen Schritt zurück, als er neben ihr auf dem Rasen landete.
    »Ich denke, es ist für Sie einfacher, die Sache noch eine Weile so zu betrachten.« Er küßte ihre Nasenspitze und wandte sich zum Gehen. »Gute Nacht, Victoria. Schlafen Sie gut.«
    Sie beobachtete noch eine Weile, wie er über die Gartenmauer verschwand, und wandte sich dann widerwillig der Tür des Gewächshauses zu. Plötzlich verlangte es sie nach der Intimität ihres Zimmers, wo sie über das, was zwischen ihr und Lucas geschah, nachdenken konnte.
    Die Intensität der Gefühle, die er in ihr erweckte, war ungewohnt und ein wenig erschreckend. Sie wußte, daß sie während der paar Minuten in der Kutsche ein großes Maß ihrer Kontrolle über sich an ihn abgetreten hatte. Sie hatte sich ihm im wahrsten Sinne des Wortes in die Hand gegeben, und er hatte ihr die Macht ihres eigenen Körpers gezeigt.
    Gedankenvoll runzelte sie die Stirn, während sie sich der Tür des Gewächshauses näherte. Sie durfte nicht die Kontrolle über die Sache verlieren. Sie mußte vorsichtig sein. Aber Lucas war so anders als jeder andere Mann, dem sie zuvor begegnet war. Es wurde zusehends schwieriger, in dieser Angelegenheit Vernunft walten zu lassen. Sie wurde mehr und mehr von ihren Gefühlen beherrscht, und das, so wußte sie, war gefährlich.
    Verdammt, dachte sie ärgerlich, es war einfach nicht fair, daß eine Witwe wie Isabel Rycott die Freiheit besaß, eine diskrete romantische Affäre zu pflegen, während einer Frau, die aus Überzeugung nicht heiratete, dieses Privileg vorenthalten war.

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