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Verletzlich

Verletzlich

Titel: Verletzlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ravensburger
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Gefühl wieder aufzugeben, schmerzte. Es war, als hätte ich zum ersten Mal die wahre Welt gesehen, als hätte ich ins Universum geblickt . Als wüsste ich auf einmal, wie alles zusammenhing, ohne es in Worten ausdrücken zu können. Was ich erlebte, war jenseits des Vorstellbaren. Denken war unwichtig geworden. Alles, was man brauchte, war bereits da.
    Ich spürte, wie Lenas Lippen behutsam an meinem Hals saugten, hörte das Blut förmlich rhythmisch in ihre Kehle schwappen. Wir waren nicht mehr zwei Personen, sondern eine. Auch wenn das Gefühl damit nicht ansatzweise angemessen beschrieben ist. Wir waren nicht nur eins … wir waren alle. Unendlich viele Seelen, Gedanken und Bewusstseinsstufen, und somit alles, was es je gab und je geben würde. Ich war getrennt und doch nicht wirklich getrennt. Ich war klein und gleichzeitig unvorstellbar groß. Ich konnte nicht denken, doch ich tat etwas, was mehr als Denken war. Es kostete keine Mühe wie Denken, ganz im Gegenteil. Ich ließ mich treiben. Öffnete mich. Und in der Öffnung sah ich …
    Wow.
    Wenn das der Tod war, kam er langsam und sehr süß daher und war keinesfalls ein Weggehen, sondern eher ein Ankommen an diesem neuen Ort, wo ich immer gewesen war, ohne es je gewusst zu haben. Nimm mich. Nimm mich bis dorthin mit . Doch das hatte sie bereits getan. Allerdings war es weniger ein »Nehmen«, sondern vielmehr ein »Loslassen«, eine Freilassung der Gefangenen. Keine Sorgen mehr.
    Wumm.
    Lena hatte ihren Mund fortgezogen. Ich fiel nach vorn und stürzte abermals fast über die Kante des Schornsteins. Sie fing mich auf und nahm mich in den Arm.
    »Fast … fast … hätte ich nicht aufhören können«, stotterte sie. Ihre Lippen und ihre Zähne waren rot. Mit roter Zunge fuhr sie sich darüber. »Noch nie habe ich … Emma … bitte …«
    »Mein Gott.« Ich rieb mir die Augen.
    Ich wollte nicht, dass sie mich je losließ. Lena wischte mir mit dem Ärmel den Hals ab. Danach war er mit Blut verschmiert. Mit meinem Blut.
    »Dein Blut ist so süß. Ich … ich kann es noch immer schmecken«, flüsterte sie. »Ich kann die Sonne in deinem Blut schmecken. Mein Gott, Emma. Das war wie eine … Mahlzeit. Es war eine Mahlzeit. Dabei war das gar nicht meine Absicht gewesen – ich hatte doch erst vor Kurzem getrunken! Ich wollte nur, dass du einmal erfährst, wie es ist, wenn sich dein persönliches champ mit einem anderen verbindet. Dein Hals war so makellos! Aber als ich einmal angefangen hatte … Mir blieb nur noch, mich zurückzuziehen. Wie kommt es, dass noch so viel Sonne in dir ist?«
    Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Noch immer lag ich erschöpft in ihren Armen. Es war ein seltsames Gefühl, von jemandem gehalten zu werden, der kleiner war als ich.
    »Aber jetzt reicht es«, verkündete sie schließlich. »Wir … wir sollten jetzt lieber runtergehen. Ich muss dich loslassen, sonst fange ich womöglich wieder an. Die Gefahr wäre zu groß.«
    Als wir zu Anton und Donne in den Unterschlupf kamen, sahen sie uns forschend an.
    »Irgendetwas ist vorgefallen, oder?«, wollte Anton sofort wissen. »Ich wusste es. Ich wusste, dass sie anders ist als andere.«
    Ich wusste nicht, wie ich darauf reagieren sollte. Noch immer war ich ein wenig benommen. Die Wunde an meinem Hals pochte, aber es war eher ein Pulsieren als ein Schmerz. Als hätte Lena in meinem Körper und meinem Geist bewirkt, dass sie noch immer nach dem Rhythmus ihres Herzschlags funktionierten. Es war unheimlich.
    Lena antwortete nicht. Sie hatte sich gegenüber von uns dreien an der Wand niedergelassen. Das Gesicht hatte sie sich sauber gemacht, aber mir fiel auf, dass sie sich den Lappen jetzt direkt unter die Nase hielt, als würde sie an den letzten Spuren meines Blutes schnüffeln.
    Ich wiederum hielt ein Stück Stoff an meinem Hals. Es war mit Alkohol getränkt. Lena hatte mich angewiesen, es dort zu halten, solange wir uns in dem kleinen Raum aufhielten, selbst wenn die Blutung stoppte, um den Geruch zu überdecken. Donne betrachtete mich neugierig, sagte jedoch nichts.
    Später, als sich alles etwas beruhigt hatte, drängte es mich, ein wichtiges Anliegen loszuwerden. Ich wartete auf den richtigen Moment. Irgendwann platzte ich einfach damit heraus.
    »Ich brauche euren Rat«, sagte ich. »Die entscheidende Frage ist: Könnt ihr mir im Kampf gegen Moreau helfen?«
    Lena dachte lange nach, bevor sie antwortete.
    »So leid es mir tut, Emma. Ich wünschte, wir könnten dir zur

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