Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Verletzlich

Verletzlich

Titel: Verletzlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ravensburger
Vom Netzwerk:
Seite stehen, aber wir wagen es nicht, die perdus zu reizen. Ein weiterer Krieg wäre fatal. Jeglicher Angriff wäre eine gefährliche Provokation.«
    »Ich habe den Eindruck, dass sie bereits gereizt worden sind«, mischte sich Donne ein. »Wir können von Glück reden, wenn nicht bald einige anfangen, hier herumzuschnüffeln. Sie lockt sie zu uns.«
    »Und warum bin ich daran schuld?«, fragte ich.
    »Bist du natürlich nicht«, sagte Lena. »Aber die perdus haben eine Art primitiven Ehrenkodex, den sie alimentation nennen. Fütterung. Das bedeutet nicht Füttern im wörtlichen Sinne, sondern, dass es keinen größeren Tod, kein größeres Opfer für sie gibt, als sich freiwillig dem Krieger hinzugeben, in deinem Fall Moreau.«
    »Du hast seinen Ruf nicht erhört«, übernahm Anton, »und dich ihm nicht zur alimentation zur Verfügung gestellt. In seiner Vorstellungswelt hast du deine Aufgabe nicht erfüllt.«
    Ich dachte an das Mädchen Ava. Was war mit ihr geschehen, als sie gegen den Vampir aufbegehrt hatte?
    »Deshalb ist er hinter dir her«, fuhr er fort. »Er will seine verletzte Ehre wiederherstellen.«
    »Oh Mann«, entfuhr es mir.
    »Also danke, dass du alles versaut hast«, schimpfte Donne. »Bis du gekommen bist, Frischling, sind wir ganz gut zurechtgekommen. Und jetzt kommen sie wieder. Ich weiß, dass es so sein wird. Es wird alles von vorne losgehen.« Sie wandte sich ab.
    »Das verstehe ich nicht«, sagte ich. »Kein Wunder, dass ihr soleils den Krieg verloren habt! Wenn alle so sind wie du, Donne …«
    »Emma!«, wies mich Lena zurecht. Ihre Stimme war so scharf, dass ich sofort wusste, ich sollte das Thema fallen lassen.
    Auf ein Zeichen von ihr verließen wir die Höhle. Unter einem großen Hickorybaum, durch den das Mondlicht schien, klärte sie mich über die Hintergründe auf. Das Plätschern des kleinen Wasserfalls dämpfte unsere Stimmen.
    »Deshalb spricht sie nie von der Nacht, in der sie verwandelt wurde. Weil es für Donne mehr war als eine Umwandlung. Oft, wenn sich die männlichen perdus in der Agonie des Verlangens nach Blut befinden, dem rage de sang , überkommt sie auch eine andere Lust.«
    »Du meinst, sie wurde …«
    »… vergewaltigt«, flüsterte Lena. »Kannst du dir etwas so Grausames vorstellen? Wenn dir ohnehin gerade das Größte geraubt wird, das du besitzt. Jede Wahl, die man im Leben hat, ist von dem Moment an von den Aktionen eines anderen gefärbt. Sie hat sich nicht gewehrt. Sie wusste, dass es zwecklos war, dass ihre einzige Hoffnung zu überleben darin bestand, nichts zu tun.«
    »Oh, das tut mir leid. Das habe ich nicht gewusst.«
    »Jahrelang war Donnes Seele verletzt. Du kannst dir nicht vorstellen, wie mühevoll es war, ihr Vertrauen zu gewinnen. Wenn Anton nicht gewesen wäre … Er verhält sich so gern wie ein blitzgescheites Kind, das immer unreif bleiben wird. Gerade deshalb vertraut sie ihm. Er erinnert sie an ihren seit Langem verlorenen Bruder. Vielleicht ist das die einzige Art, wie sie einem Mann vertrauen kann.«
    »Das wusste ich alles nicht«, sagte ich. »Kein Wunder, dass sie ihre Geschichte nicht erzählen wollte. Ich dachte … ach, vergiss es, ist nicht wichtig.«
    »Was denn? Sag es mir.«
    »Ich habe einfach angenommen, dass sie mich aus irgendeinem Grund nicht mag.«
    »Gib ihr Zeit.«
    »Wahrscheinlich sollte ich jetzt gehen«, sagte ich.
    »Ich denke, es wäre gut, wenn du noch einmal kurz mit reinkämest. Ich muss dich etwas fragen und die anderen sollen es auch mitbekommen.«
    Wir gingen wieder hinein und setzten uns. Donne wirkte gefasst, lehnte sich aber an Anton.
    »Ich wollte, dass ihr beide es ebenfalls hört«, begann Lena und wandte sich mir zu. »Also Emma. Wie sieht es aus? Hast du dich schon entschieden? Auf welche Seite wirst du dich schlagen?«
    »Sicher habe ich mich entschieden«, antwortete ich spontan. »Ich dachte, es wäre ziemlich deutlich, dass ich auf eurer Seite bin. Warum sollte ich zu den perdus gehen, nach dem, was Moreau mir angetan hat?«
    »Du bist also bereit dich uns anzuschließen?«
    Die Frage klang fast formal, als würde mir eine bizarre Vampirzeremonie bevorstehen. Ich wusste nicht, wie ich darauf antworten sollte.
    »Ich … ich würde gern«, stotterte ich. »Wirklich. Aber da sind einige Dinge … na ja, es ist alles so anders für mich. Ich weiß nicht, ob ich bereit bin zu warten wie ihr. Ich weiß nicht, ob ich die Geduld dafür habe. Was ist, wenn die nächste éruption du soleil erst in

Weitere Kostenlose Bücher