Verletzlich
sich in meinen Kopf zu drücken … ein unsichtbarer, aber kräftiger Finger bohrte sich mitten in das wohlige Gefühl meiner Absence. Ich starrte weiter an die Wand, und plötzlich wurde mir bewusst, dass dort jemand stand. Ein großer Mann mit langen Beinen und einem Mantel, der ihm bis zu den Knien reichte …
»Guten Abend, Mademoiselle «, grüßte er.
Seine Stimme klang wie rollende Steine während eines Erdbebens.
Er stand in meinem Zimmer. Der Vampir. Ich hätte schreiend aufspringen und zur Tür rennen sollen. Doch der Anfall mit seinem unendlichen, allumfassenden Wohlgefühl hatte mich in seinen Fängen. Deshalb starrte ich nur. Das war alles, was ich tun konnte.
Der Vampir befand sich nur zwei Meter von mir entfernt. Ich sah die Bügelfalte in seiner Hose. Sein schmutziges, bis oben zugeknöpftes weißes Hemd. Die farblosen Augen. Sein gesamter Körper war von einem lavendelfarbenen Leuchten umgeben. Das Licht, das er abgab, war nicht blau wie bei allen anderen. Nein, es war ein besonders intensiver Farbton, als wäre das ursprüngliche Blau mit Blut gemischt worden.
Ich konnte weder sprechen noch mich bewegen. Ich war gelähmt. Als wäre in meinem Kopf kein Raum für irgendetwas anderes. Nur für ihn .
Ich war mir nicht einmal sicher, ob ich atmete.
»Das ist also dein … Zimmer«, sagte der Vampir. Er sprach sehr langsam mit einem abgrundtiefen Knurren in der Stimme. »Wie nett, dich zu Hause im Bett anzutreffen.«
Er beobachtete mich, ich beobachtete ihn und wir warteten beide ab.
Moreau .
Ich hörte das Wort wie ein Geräusch in meinem Kopf, nicht wie eine Stimme, sondern eher wie das Klingeln einer kleinen Glocke. Die Lippen des Vampirs hatten sich nicht bewegt. Er hatte ihn nicht ausgesprochen, dennoch wusste ich, dass es sein Name war. Moreau .
Der Vampir sah mich ausdruckslos an. Ich hatte Speichel in den Mundwinkeln und mein Gesicht fühlte sich an, als wäre es in Watte getaucht.
Als sich der Vampir, Moreau, ein wenig abwandte, konnte ich den rosafarbenen Hautlappen an seinem Kopf sehen. Etwas anderes hatte seine Aufmerksamkeit erregt.
Ich schaute in dieselbe Richtung wie er. Neben meinem Nachttisch erblickte ich ein Paar winzige Turnschuhe mit gelben und blauen Blumen und rosafarbenen Schnürsenkeln.
Manda .
Der Vampir sah auf die Schuhe und leckte sich über die Lippen. Seine Zunge war unnatürlich lang und an der Spitze leicht abgeflacht.
»Tendreté« , sagte der Vampir und seine Nasenflügel flatterten, während er tief Luft holte, als würde er in der Luft etwas riechen. Ihren Duft einatmen .
»Eine Delikatesse«, schwärmte der finstere Mann und sah wieder zu mir. »Junges Blut. Das ist so warm, wenn es die Kehle hinunterrinnt, dass es fast brennt. Doch das ist noch nicht das Beste. Junges Blut ist auch voller Energie. Wenn ich von jemandem trinke, der so jung ist, schmecke ich das fehlende Alter. Die Leichtigkeit der Jahre. Aber junges Blut ist auch ein wenig so, wie unreife Früchte zu essen. So … acide … säuerlich.« Er streckte einen Finger aus und zeigte auf Mandas Schuhe. »Du wirst es merken, wenn ich trinke. Du wirst in meinem Gesicht sehen, wie sauer ihr frisches, junges Blut ist.«
Nach wie vor war ich in meinem Anfall gefangen, doch langsam begann ich ein Kribbeln in meinem in Watte gepackten Gesicht zu spüren. Ein leichtes Brodeln im Inneren, das mich an die Oberfläche zurückholen wollte.
»Komm zu mir«, sagte Moreau. »Du musst meinen Ruf erhören. Es wäre so viel besser für sie, wenn du von selbst kommen würdest. Dass du dich bisher geweigert und mich so lange gemieden hast, ist unnatürlich.«
Ich konnte mich nicht daran erinnern, irgendetwas verweigert zu haben. Im Moment fühlte es sich jedenfalls eher an wie … Kapitulation.
Ich zog mich wieder ein Stück weiter in mich zurück. Moreau begann sich in meinem Zimmer umzuschauen, als versuche er sich alles einzuprägen. Meine Fußballposter. Regale. Den Nachttisch, das Laptop, die Decke auf meinem Bett.
Dann blickte er wieder zu mir. »Ich werde dich finden. Ich werde nie aufhören dich zu suchen. Komm jetzt zu mir und ich lasse sie leben.«
Noch immer hatte mich der Anfall nicht freigegeben, doch langsam wurde das Brodeln stärker. Ich war dabei, aus einem tiefen und weit entfernten Ort aufzutauchen, wenn auch zunächst nur langsam. Je intensiver Moreau jedoch auf Mandas Schuhe starrte, desto schneller kehrte ich an die Oberfläche meines Bewusstseins zurück.
»Ich bin dein
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