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Verletzlich

Verletzlich

Titel: Verletzlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ravensburger
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Vater«, polterte der Vampir. »Ich habe dich geschaffen. Du bist eines meiner Kinder. Wie konnte es dazu kommen? Wie ist es dir gelungen zu fliehen? Hilf meinem Gedächtnis auf die Sprünge. Das Letzte, was ich weiß, ist, dass ich lumière  … Lichter gesehen habe. Danach nichts mehr. Hast du das getan? Incroyable . Unbegreiflich. Du hast Geheimnisse vor deinem Vater. Komm und verrate sie mir. Mit diesen Geheimnissen kannst du dir dein Leben nicht erkaufen.« Abermals starrte er auf die Schuhe. »Aber ihrs.«
    Komm endlich raus, Emma , rief eine Stimme. Es war meine eigene, die aus weiter Ferne zu mir drang. Jetzt! Sofort!
    »Pass auf, was ich tun werde, wenn du nicht zu mir kommst«, fuhr Moreau fort. »Ich werde dich finden und durch dich finde ich deine Familie.« Er lächelte. »Ich werde mir die Kleine schnappen. Ich werde sie hochheben und ihr über meinem Knie das Rückgrat brechen. Mit ein wenig Glück ist sie danach noch am Leben. Jedenfalls lebendig genug, um zu wissen, dass sie gelähmt ist. Aber keine Sorge. In diesem Zustand wird sie nicht lange bleiben. Ich werde ihr die Kehle aufbeißen und sie aussaugen, bis nicht viel mehr als eine schrumpelige Hülle von ihr übrig ist. Aber ein wenig Leben werde ich bis zum Ende erhalten, eine étincelle, einen Funken . Und dann werde ich ihr den Kopf von den Schultern reißen.«
    Komm raus, Emma! Die Stimme in mir schrie mittlerweile.
    »Na schön«, sagte der Vampir. »Deine Antwort ist Schweigen.« Er deutete auf die kleinen Turnschuhe. »Es ist deine Entscheidung, aber ich werde dich finden. Und dann wird ihr Blut an deinen Händen sein.«
    Er beugte sich über Mandas Schuhe und streckte die Hand danach aus, als wollte er mit seinen schmutzigen Fingern darüberstreichen.
    »Alles, was ich brauche, ist ein Hinweis … wo … du … bist. Ja. «
    Kurz bevor er die Schuhe berührt hätte, hielt der Vampir inne. Er hatte etwas anderes entdeckt. Ein Stück Papier. Der aktuelle Speiseplan aus der Schule. Er lag mit der Schrift nach unten. Doch wenn Moreau ihn umdrehte, würde er den Namen der Schule in großen Lettern oben auf dem Blatt sehen können.
    Er griff danach, verzog dann aber das Gesicht. Fast sah es aus, als hätte er plötzlich Schmerzen. Er zog die Hand zurück und sah mich an – den Mund offen wie eine Wunde. Er seufzte.
    »Egal, es ist nur eine Frage der Zeit und davon habe ich genug. Lauf nur, Mademoiselle , lauf. Ich komme schon noch zum Zug. Ich werde immer wiederkommen, bis ich dich gefunden habe. Ça, je te jure . Das schwöre ich dir.«
    Beeilung! Schnell!
    Ich war jetzt ganz nah an der Oberfläche; der von dem Anfall verschüttete Teil in mir bewegte sich rasend schnell und war kurz davor, sie zu durchbrechen.
    Der Vampir lächelte. » Tu vas mourir comme un cochon . Du wirst sterben wie ein Schwein.«

6
    Flucht
    Die Uhr stand auf 00:04.
    Mir entwich ein tierisches Geräusch. Der Anfall war vorbei; ich war von der Lähmung befreit. Ich schwang mich aus dem Bett und hechtete durch den Raum. Bring ihn um. Bring ihn um .
    Ich ging direkt auf den Vampir los, landete aber krachend in der Schranktür, die dabei aus der Führungsschiene flog. Wütend holte ich aus und hieb die Tür mit so viel Kraft entzwei, dass die Späne flogen. Putz von der Decke rieselte mir auf den Kopf. Hektisch sah ich mich um. Moreau war nirgends zu sehen.
    Nachdem ich mindestens fünf Mal nach Manda gerufen hatte, kam meine Mutter herein und griff mich von hinten am Arm. In dem Glauben, sie sei der Vampir, schleuderte ich sie durch den Raum. Sie stürzte mit dem Rücken gegen die Zimmertür, die krachend ins Schloss fiel. Ungläubig sah sie mich an. Durch das Holz war eine schluchzende Stimme zu hören.
    »Emma, Emma, Emma!«
    Meine Mutter streckte die Arme nach mir aus, während sie fassungslos auf das Chaos in meinem Zimmer starrte. »Emma, was ist los? Was geht hier vor sich?« Sie schrie fast.
    Ich hatte das Gefühl, mir würde die Luft aus dem Körper entweichen. Um Gottes willen. Was habe ich nur getan? »Ich muss … ich muss weg, Mom«, stammelte ich. »Ich muss sofort weg.«
    Abermals streckte sie die Arme aus. »Wovon … wovon redest du? Was ist los?«
    Manda hämmerte an die Tür, doch meine Mutter lehnte noch immer davor.
    »Emma! Emma!«
    Mandas Stimme ließ bei mir die Alarmglocken schrillen. Ich wich einen weiteren Schritt zurück und sah mich panisch um. Noch immer konnte ich den Vampir in dem Raum spüren. Seine kalte, schwere Leere füllte den

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