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Verletzlich

Verletzlich

Titel: Verletzlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ravensburger
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aufzunehmen.
    Ich schaute mich um und spürte ein Prickeln. Die Anlage schien seit Jahrzehnten nicht benutzt worden zu sein. Dem Anschein nach war alles den Elementen überlassen worden. Still und unversehrt stand er dort.
    Perfekt.
    Ich hatte meine Festung gefunden.
    Bevor ich auf den Turm kletterte, erkundete ich ein wenig die Umgebung. In der Nähe standen einige verlassene eingeschossige Häuser, von denen die Farbe abblätterte und deren Türen noch nie einen Barcodescanner gesehen hatten. Als ich eins von ihnen betrat, wurde ich von einem moderigen Geruch empfangen, wie er allen Gebäuden anhaftete, die der Wildnis überlassen waren.
    Gut fünfzig Meter von dem Turm entfernt war ein großer Betonbunker in einen niedrigen Hügel gebaut. Als Ausguck dienten mehrere quadratische Fenster, deren Scheiben aber offenbar schon lange fehlten. Die Wände schienen mehr als einen halben Meter dick zu sein. Dort würde nicht einmal Moreau hindurchkommen. Allerdings war der Eingangsbereich zu breit, um ihn abzuriegeln.
    Dennoch ging ich hinein und nahm die Sonnenbrille ab. Nach wenigen Schritten entdeckte ich unter einem der kleinen Fenster einen Wasserhahn in der Wand. Als ich ihn aufdrehte, stellte ich erstaunt fest, dass er noch funktionierte. Iiih. Ich war durstig, aber das Wasser, das dort herauskam, war braun und ekelig. Deshalb ließ ich es laufen, in der Hoffnung, dass der Strahl mit der Zeit klarer würde.
    Der Bunker lag teilweise unter der Erde, sodass es in seinem Inneren kühler war als draußen. Viel war nicht zu sehen. Ganz hinten befand sich ein rostiges Gitternetz. Dahinter war nichts als finstere Leere. Zwar konnte ich trotz der Dunkelheit sehen, aber dort war tatsächlich nichts außer Betonböden und -wänden, die tief in das Gestein hineinführten. Auch hier roch es moderig und irgendwo in der Ferne konnte ich Wasser tropfen hören. Plötzlich hatte ich das Gefühl, die Unterwelt würde ausatmen und mir durchs Haar streichen. Danke, später vielleicht.
    Ich setzte meine Sonnenbrille wieder auf, sprintete zu dem Turm zurück und begann hinaufzuklettern. Ich schwang mich hinauf, anstatt die Stufen zu benutzen. Die Kraft meiner Beine war unglaublich – mit jedem Sprung katapultierte ich mich mindestens fünf bis sechs Meter nach oben und schwebte förmlich immer höher von einem Halt zum nächsten. Dabei half mir meine kürzlich entdeckte Vampirfähigkeit, Entfernungen abzuschätzen. Ich war mir so sicher, nicht zu fallen, dass ich fast das Gefühl hatte, fliegen zu können.
    Folglich dauerte es nicht lange, bis ich das flache Metalldach des Turms erreicht hatte. Das Einzige, was höher war als mein Standort, war der Träger am Ende des langen Arms, der auf die Lichtung hinausragte. Ich klopfte mir den Rost von den Händen und sah mich um. Der Blick war unglaublich. Ich konnte meilenweit sehen: die NASA -Gebäude, den Fluss, die Autobahn und eine schier endlose Landschaft aus Mooren, Wäldern und Feldern.
    Dank meiner Sehfähigkeit würde sich niemand nähern können, ohne dass ich es bemerkte.
    Vorausgesetzt ich war wach.
    Ich ließ mich auf die eine Etage unter mir gelegene Galerie hinab und gelangte an eine Stahltür, die in den Turm hineinführte. Sie war alt, aber nach wie vor verschlossen. Ich stemmte mich mit der Schulter dagegen.
    »Huch.«
    Ich hatte sie vollständig aus den Angeln gedrückt und hielt sie jetzt am Griff über das Geländer. Da ich nicht wusste, was ich damit anfangen sollte, warf ich sie einfach nach unten. Ich hatte nach der nächsten Galerie gezielt, doch die Stahltür verfehlte diese und stürzte mit einem ohrenbetäubenden Krachen zwanzig Meter in die Tiefe.
    Egal . Hinter der Türöffnung tat sich ein schäbiger kleiner Raum auf. Er roch, als wäre er seit Jahrzehnten nicht betreten worden. Darin standen ein grauer Schreibtisch, einige Klappstühle und ein grüner Aktenschrank. Alles war verrostet.
    Der Tisch war leer und die Schubladen des Aktenschranks ließen sich nur mit Gewalt aufreißen. Stapelweise gelbes und rosafarbenes verschimmeltes Papier kam zum Vorschein. Wenn ich etwas zum Brennen bringen wollte, wäre hier ausreichend Material zum Anheizen.
    Der Teppich hatte die Farbe von vertrocknetem Gras und die unebenen Stahlwände erinnerten mich an Haferbrei. Ein Feuerlöscher mit Rostflecken hing neben einem Regal, das leer war bis auf eine einzelne schmutzige Kaffeetasse, in der Insektenreste klebten.
    Ich ging zum Eingang zurück, setzte mich und überlegte, wo

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