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Verletzlich

Verletzlich

Titel: Verletzlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ravensburger
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bereite meiner Unwissenheit ein Ende. Was tust du hier?«
    »Ich jage Kometen«, antwortete er. »Tagsüber sind sie im Observatorium voll mit dem Sonnenzeug beschäftigt. Die Kometenjagd überlassen sie den billigen Arbeitskräften in der Nacht.«
    Ich nahm die Füße vom Tisch, ließ mich nach vorn fallen und machte Schnarchgeräusche.
    »Nein, es ist wirklich cool, wenn man einen findet.« Sagan blieb beharrlich. »Dann wird er nach dir benannt. Es sei denn, irgendein Typ aus Japan schnappt ihn dir vor der Nase weg. Jedes Mal, wenn er wieder vorbeikommt …«
    »… fallen die Leute auf der ganzen Welt vor Begeisterung fast in Ohnmacht.«
    Sagan grinste.
    »Du nimmst den Mund ganz schön voll«, sagte ich, bevor ich noch darüber nachdenken konnte. Wie blöd, Emma .
    »Das habe ich wohl von meinem Großvater«, entgegnete er und sein Lächeln wurde ein wenig zögerlicher. »Alle sagen, dass ich ihm ähnlich sehe. Kann ich gut mit leben.«
    »Eh, tut mir leid. Ich mag ihn. Deinen Mund, meine ich – auch wenn du ihn etwas voll nimmst. Oft platze ich einfach mit Sachen heraus, die mir gerade in den Sinn kommen.«
    »Na, immerhin muss es dir in den Sinn gekommen sein.«
    Eine Weile schwiegen wir beide.
    »Und … was machen deine Eltern hier?«, fragte ich schließlich, um die Stille zu durchbrechen.
    »Meine Mutter arbeitet an irgendwelchem Solarzeugs«, antwortete Sagan. »Und mein Vater ist in einem anderen Gebäude und beschäftigt sich mit Bereichen, die außerhalb unseres Sonnensystems liegen.«
    »Warum arbeiten sie nicht zusammen?«
    »Sie finden es besser, wenn sie nicht 24 Stunden am Tag aufeinanderhocken.«
    »Huch?«, sagte ich.
    »Das war ungeschickt ausgedrückt«, sagte er und wurde knallrot.
    »Hast du je einen entdeckt?«, fragte ich.
    »Was?«
    »Einen Kometen.«
    »Noch nicht.«
    »Und wie lange machst du das schon?« Jetzt fing ich schon wieder an. Halt den Mund, Emma .
    Sagans Augen weiteten sich. Anscheinend war er ganz und gar nicht beleidigt. »Ob du es glaubst oder nicht, es gibt Menschen, die machen so etwas jahrelang, bevor sie auch nur einen einzigen entdecken«, sagte er.
    Ich überlegte, ob ich etwas Positives von mir geben sollte wie: »Du findest bestimmt bald einen.« Doch ich hielt lieber den Mund. Sich jetzt noch zu verstellen war sinnlos. Was tat ich hier überhaupt? Gefiel mir dieser Typ etwa? Stimmt, ich mochte ihn. Aber ich hatte genug andere Dinge zu tun. Immerhin war ein Vampir hinter mir her.
    »Also, Essen«, sagte ich.
    Sagan nahm das Schokopapier, das ich auf den Tisch geworfen hatte. »Was, das reichte dir nicht?«
    Ein Blick genügte.
    »Gut, wenn ich eine Pizza bestelle«, begann er und in mir zog sich bei dem Gedanken daran vor Entzücken alles zusammen. »Was bekomme ich dann dafür?«
    »Nichts«, antwortete ich.
    Doch ich versuchte große Augen zu machen und den unschuldigen Blick aufzusetzen, den Gretchen Roberts so gut beherrschte. Allerdings war ich mir ziemlich sicher, dass ich eher wie ein Wolf aussah.
    »Einverstanden!«, rief Sagan.
    Natürlich nahmen wir Peperoni. Sagan besorgte uns aus einem Automaten noch etwas zu trinken und wir gingen wieder in die Cafeteria. Bis auf zwei Stücke aß ich eine große Pizza allein auf und fühlte mich keineswegs schlecht dabei. Vielleicht war wirklich etwas daran, dass Vampire einen zu niedrigen Blutzuckerspiegel hatten. Nach dem Essen wurde ich ein wenig umgänglicher.
    »Ich habe ein Zuhause«, sagte ich unvermittelt und kaute an einem Stück Rand.
    Sagan wischte sich Pizzasoße mit einer Serviette aus dem Mundwinkel. »Und … wo ist das?«
    »Nicht hier.«
    »Wirst du dort heute die Nacht verbringen?«
    »Nein, das geht nicht.«
    »Warum nicht?«
    Ich warf ihm einen Blick zu, der ihm unmissverständlich klarmachte, dass er darauf keine Antwort bekommen würde. »Gut«, sagte er und hob entschuldigend die Hände. »Deine Familie. Weiß sie, wo du bist?«
    »Nein. Aber ich habe meine Mutter gestern angerufen, um ihr zu sagen, dass es mir gut geht. Sie hat sich ziemlich aufgeregt.«
    »Und? Geht’s dir gut?«
    »Seh ich nicht so aus?«
    Sagan sah mich lange an, bis es mir langsam unangenehm wurde. Diese Augen .
    »Du siehst eigentlich nicht aus wie jemand, der obdachlos ist«, sagte er. »Von deiner Kleidung einmal abgesehen.«
    »Du Analytiker.«
    »Und du bist nicht abgemagert.«
    »Pass bloß auf.«
    »Und du bist sauber.« Er schaute auf meine Stiefel. Meine grünen Zehen hatte er mit Sicherheit bemerkt.

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