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Verletzlich

Verletzlich

Titel: Verletzlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ravensburger
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wann ich je wieder dorthin kann. Ich hatte schon Glück, dass ich fliehen konnte.«
    »Hört sich an, als hättest du schnell abhauen müssen.«
    Ich dachte daran, wie ich vor zwei Tagen durch das Fenster meines Zimmers gesprungen war. Bereits jetzt kam es mir vor, als wäre es in einer anderen Welt, einem anderen Leben gewesen.
    »Das kannst du glauben«, sagte ich. »Außerdem, selbst wenn ich meine Bankkarte und mein Handy noch hätte, wenn ich sie benutzen würde, könnten sie mich aufspüren und mich finden.«
    »Wer ist ›sie‹?«
    »Alle, die ein Interesse daran haben, mich zu finden.«
    »Versteckst du dich vor jemandem aus deiner Familie?«
    »Das habe ich nicht gesagt. Aber sie würden sicher gern wissen, wo ich bin. Meine Mutter kommt wahrscheinlich fast um vor Sorgen.«
    »Warum erzählst du ihnen dann nicht einfach alles? Damit sie dir helfen können.«
    Die Fragen begannen mir zu viel zu werden. Ich stand auf und ging zum Fenster. Ein Lastwagen rumpelte in der Ferne vorbei.
    »Es wäre zu gefährlich für sie«, antwortete ich schließlich. »Ich darf nicht in ihrer Nähe gesehen werden. Ich kann im Moment einfach nicht nach Hause.«
    »Warum nicht?«
    »Jemand ist … hinter mir her. Wenn er herausfindet, wo meine Familie wohnt, würde er ihnen etwas antun, um zu mir zu gelangen. Deshalb bin ich gegangen.«
    »Wer ist dieser jemand?« Gerade wollte ich antworten, als er die Hand hob und sagte: »Ich weiß schon, ich würde es dir ohnehin nicht glauben.«
    »Stimmt.«
    Sagan fluchte. »Emma, jetzt hör aber auf. Wenn jemand versucht, dir etwas anzutun, musst du die Polizei benachrichtigen! Wenn du es nicht tust, mache ich es.«
    Ich spürte, wie mir langsam die Galle hochkam, und ging einige Schritte auf ihn zu. »Hör zu … wenn du auch nur ein Wort zu jemandem darüber verlierst … dann … dann bin ich tot. Und meine Mutter und meine Schwester auch. Glaub’s mir.«
    Sagan riss die Augen auf. »Drogen. Es geht sicher um Drogen.«
    »Nein!«, wetterte ich. »Du redest wie meine Mutter. Ich hasse Drogen.«
    »Dann nicht … aber vielleicht hast du etwas beobachtet, wie im großen Stil mit Drogen gehandelt wurde vielleicht.«
    »Ganz kalt.«
    »Aber es muss etwas ganz … Krankes sein. Etwas ganz Übles.«
    Es war zum Haareraufen. »Das gibt es doch nicht. Was habe ich dir gerade gesagt? Unglücklicherweise hat es mich erwischt. Aber es hätte jeden treffen können. Ich war zur falschen Zeit am falschen Ort. Fast wäre ich dabei draufgegangen.«
    »Und du meinst, die Polizei kann nichts ausrichten?«
    »Mit der Polizei würde alles nur noch schlimmer werden! Wenn ich zur Polizei ginge, würde er – der Böse – sofort wissen, wo meine Familie wohnt.« Was mir bevorsteht, kann die Polizei nicht abwenden , hätte ich gern gesagt. Stattdessen sagte ich: »Es würde nicht helfen. Die Polizei könnte uns nicht schützen. Sie wären genauso hilflos wie alle anderen. Versprich mir, dass du sie nicht benachrichtigst.«
    »Okay, ich versprech’s«, sagte Sagan. »Emma … du hörst dich an, als wäre es … die Mafia oder so was.«
    »Schlimmer. Viel schlimmer.«
    Ich begann zu heulen. Was ich schrecklich fand. Ich kannte so viele Mädchen, die das taten … die Tränen zu ihrem Vorteil nutzten. Doch ich konnte nicht anders.
    Sagan stand auf und kam zu mir. »Nun komm schon, alles wird gut.«
    Sein Mitgefühl half nicht – im Gegenteil. Ich schluchzte wie verrückt. Alles, was sich in mir aufgestaut hatte, strömte aus mir heraus. Ich biss mir fest auf die Lippen. Dabei schüttelte ich den Kopf und kehrte ihm den Rücken zu.
    »Das ist albern, wirklich total blöd.«
    Er stellte sich hinter mich und ich spürte seine großen Hände auf meinen Schultern. Ich wischte mir die Augen ab und zwang mich nicht mehr zu heulen. Nichts trieb mich mehr in den Wahnsinn, als wenn jemand Mitleid mit mir hatte.
    »He, ist ja schon gut«, versuchte mich Sagan weiter zu beruhigen. »Du musst mir nichts sagen. Hier bist du in Sicherheit. Dir kann nichts passieren …«
    »Nichts … aha. Du weißt nicht … du weißt gar nichts. Jemand ist hinter mir her. Aber ich kann darüber nicht reden. Ich kann nicht …«
    »Okay … also, dann machen wir es so. Ich kann damit leben, es nicht zu wissen. Sag es mir einfach nicht. Bis du dazu bereit bist.«
    Eine Weile konnte ich nicht sprechen. Am liebsten wäre ich ihm in die Arme gefallen. Er hatte genau das Richtige gesagt.
    Wir machten uns auf den Weg zu der

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