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Verletzlich

Verletzlich

Titel: Verletzlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ravensburger
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viel über ihn.«
    »Und warum musstest du gehen?«
    »Du würdest es mir doch nicht glauben.«
    Zum ersten Mal an diesem Abend lächelte mich Sagan aufrichtig an. »Eh, ich glaube an Dinge wie Neutronensterne und schwarze Löcher. Da könnte man es doch mal auf einen Versuch ankommen lassen.«
    Ich holte tief Luft. »Das ist Spielerei. Bei mir ist es leider ernst, auch wenn man meinen könnte, mein derzeitiges Leben sei aus einem schlechten Film. Manchmal kann ich es selbst kaum glauben.«
    »Du lebst also wirklich dort draußen? Und wo?«
    Ich senkte den Blick. »Das muss ich geheim halten. Um dich zu schützen.«
    »Warum? Was könnte mir passieren?«
    »Wie gesagt, du würdest es mir sowieso nicht glauben.«
    »Du bist mir etwas schuldig«, sagte er. »Ich bin ein Risiko eingegangen. Ich hätte mir viel Ärger einhandeln können, indem ich dich habe bleiben lassen. Als ich dich das letzte Mal sah, warst du barfuß und im Schlafanzug und hattest grüne Zehen. Und jetzt kommst du plötzlich daher und siehst top aus, wie frisch aus einem Katalog gesprungen. Du könntest …« Er sprach es nicht aus, aber ich konnte in seinem Gesicht ablesen, was er sagen wollte. Du könntest geistesgestört sein .
    »Ich bin nicht geistesgestört«, sagte ich. »Aber warte mal kurz. Nur zur Rekapitulation. Hast du gerade … hast du gerade behauptet … ich sähe top aus?«
    »Und wenn’s so wäre?«
    »Wo war noch mal die Toilette?«
    Oh mein Gott .
    Der Spiegel lieferte den Beweis und ich konnte es einfach nicht fassen. Ich bin schön , dachte ich. Zum ersten Mal in meinem Leben war ich schön .
    Doch es war nicht die Kleidung; ich war es. Ich. War. Es. Zwar hatte ich nie Probleme mit meinem Aussehen gehabt, aber manchmal plagte mich doch das Gefühl, die Jungen würden mich gar nicht bemerken. Besonders wenn Mädchen wie Gretchen Roberts in der Nähe waren. Noch immer sah ich aus wie ich selber: dieselben hohen Wangenknochen, dickes, braunes Haar, eine leicht zu breit geratene Nase und große, wölfische Augen mit einem stechenden Blick … dennoch war eine wundersame Veränderung mit mir vonstattengegangen. All die Teile, die zuvor nie ganz zusammenzupassen schienen, ergaben jetzt ein harmonisches Ganzes.
    Es war ein Wunder. Meine Haut strahlte. Mein Pony, der mich immer in den Wahnsinn getrieben hatte, fiel mir jetzt – nach zwei Nächten in Rattenlöchern und nur mit kaltem Wasser gewaschen – gefällig in die Stirn. Mein Schmollmund war noch ausgeprägter als sonst. Und wenn ich lächelte … Oh. Mein. Gott .
    Von all dem Aufregenden, was mir an jenem Tag widerfahren war, beeindruckte mich dieses Erlebnis am meisten.

11
    Stereo
    Auf wackeligen Beinen kehrte ich in die Cafeteria zurück. Dabei schwebte ich eher, als dass ich ging. Vielleicht können Vampire fliegen.
    »Ich mag nicht mehr. Hier«, sagte Sagan, als ich mich setzte. Er schob mir die Schüssel mit dem Chili hin.
    Begriffsstutzig sah ich ihn an.
    »Du siehst aus, als fällst du vor Hunger gleich um.«
    »Ach so! Danke, aber ich bin nicht hungrig.« Ich schob die Schüssel zurück. Ob ich im Leben noch einen einzigen Bissen zu essen bekommen würde, kümmerte mich nicht mehr. Ich bin schön .
    »Das meines Wissens einzige Mädchen, das allein fast eine ganze große Pizza gegessen hat, ist nicht hungrig?«, fragte Sagan ungläubig. »Okay. Was hast du heute denn gegessen?«
    »Ähm, ach nichts. Nichts als eine Tonne ungesundes Zeug aus dem Shoppingcenter.«
    »Du warst heute im Shoppingcenter?«
    Meine bisher glänzende Laune sank. Ich hätte mir auf die Zunge beißen können. »Na ja … ähm … ich war ein bisschen … shoppen.«
    »Hast du deshalb auch neue Klamotten?«
    Ich überlegte, was ich darauf antworten sollte. »Das musst du verstehen. Ich bin kein schlechter Mensch. Wirklich nicht. Aber in letzter Zeit … musste ich einige Dinge tun, die eigentlich nicht in Ordnung sind. Ich habe vorher noch nie etwas gestohlen, mein ganzes Leben nicht, das schwöre ich. Na ja, außer … jetzt.«
    »Du hast die Klamotten gestohlen?«
    Darauf konnte ich nur nicken.
    Sagan seufzte. »Warum bist du nicht einfach in einen Secondhandladen gegangen?«
    »Was? Hätte ich auch noch den Armen etwas wegnehmen sollen?«
    »Du hast also kein Geld?«
    »Nein, und eine Bankkarte auch nicht. Alles ist weg. Mein Handy. Es liegt wie alles daheim.«
    »Aber dann sind die Sachen doch nicht weg, sie liegen noch dort.«
    »Ich kann dort nicht wieder hin. Ich weiß nicht,

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