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Verletzlich

Verletzlich

Titel: Verletzlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ravensburger
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an Matrjoschkas erinnerten – die kleineren hätten in die größeren gepasst.
    »Aha«, sagte ich.
    »He, das ist Geschichte«, erwiderte Sagan und ich hoffte, er meinte es nicht ernst. »Erste Schritte auf dem Weg, die weltweit erste …«
    »Ich weiß«, sagte ich und sah ihn gespielt genervt an. »Verdirb’s dir nicht.«
    Wir fuhren weiter. Sagan zeigte mir die sogenannten Hochregale, wo Ingenieure einst an den Trägerraketen für die Saturn V gearbeitet haben. Ich tat interessiert. »Und was ist da jetzt drin?«
    »Basketballplätze mit über 60 Meter hohen Decken.«
    Als Nächstes wurde mir der »weltberühmte Null-Schwerkraft-Simulator« vorgestellt. »Hier simulieren die Astronauten unter Wasser die Schwerelosigkeit«, erklärte Sagan. Es war ein riesiger, kugelförmiger weißer Tank mit kleinen Klappen an den Seiten.
    Das Sumpfland mit dem großen Teich war interessanter. Ich bat Sagan anzuhalten und wir gingen gemeinsam zum Rand des Wassers. Die Oberfläche war schwarz, brackig und reglos wie ein Gemälde. Nur ab und zu surrte eine Libelle vorbei oder kleine Blasen stiegen vom Grund auf, die konzentrische Kreise bildeten.
    »Sumpfgas«, sagte Sagan.
    So weit das Auge reichte, waren Bäume zu sehen. Wo sie im reglosen, dunklen Wasser verschwanden, hatten sie die Form einer Eistüte.
    »Gibt es hier Schlangen?«, erkundigte ich mich und überlegte, ob sich Vampire von Mokassin- und Klapperschlangen einschüchtern ließen. Jedenfalls legte ich keinen gesteigerten Wert darauf, es auszuprobieren.
    »Mehr als genug«, antwortete Sagan. »Komm, das Beste habe ich bis zum Schluss aufgehoben.«
    »Die Kläranlage?«
    »Sehr witzig. Steig ein.«
    In einem großen Kreis fuhren wir zurück. Fast sah es so aus, als würden wir …
    »Zum Solarobservatorium? Was soll ich denn hier noch mal? Keine dunklen Asteroiden, Sagan, bitte nicht.«
    »Keine Panik, Grashüpfer.«
    Stattdessen fuhren wir entlang des Flusses weiter und gelangten schließlich auf eine ausgefahrene Schotterstraße. Als sich links und rechts zwei Eisenpfeiler erhoben, zwischen denen eine rostige Kette hing, blickte ich zu Sagan hinüber: »Schluss, Ende, aus?«
    »Nein, keineswegs.«
    Er setzte ein wenig zurück und fuhr dann um den Pfeiler auf der linken Seite herum.
    »Offenbar darf man hier aber nicht weiter«, sagte ich und eine leichte Unruhe machte sich in mir breit. »Gibt das nicht Ärger?«
    Sagan grinste. »Ne. Die Sicherheitsleute kommen nie so weit. Warum auch? Es gibt keine Geheimnisse und stehlen kann man auch nichts. Früher war ich mit meinem Vater oft hier und noch nie habe ich die Straße offen gesehen.«
    »Und … wohin führt sie?«
    »Das wirst du gleich sehen.«
    Schweigend fuhren wir weiter – um junge Bäume herum, die durch den Schotter sprossen, und über verrottende Baumstämme und Äste, die auf die Straße gefallen waren. Als der Wald lichter zu werden begann, erkannte ich auf einmal, wo wir waren. Er fuhr mit mir zu meinem Turm.
    Keine fünfzehn Meter von der Stelle entfernt, an der ich mich in der Nacht zuvor übergeben hatte, blieb der Jeep stehen. Leicht zitternd stieg ich aus und fragte mich, wie gut ich meine Verteidigungsmaßnahmen wohl versteckt hatte.
    »Was … was machen wir hier?«, fragte ich und stellte mich bewusst mit dem Rücken zu dem Turm. »Du erwartest doch wohl nicht, dass ich da raufklettere, oder?«
    »Nee. Von dort gibt es eigentlich nicht viel zu sehen. Ich bin schon tausendmal oben gewesen. Das ist der ehemalige Prüfstand, mit dem sie in den Sechzigern Raketen mit Flüssigsauerstoff testen wollten. Aus dem breiten Schacht dort unten, der aussieht wie ein Ofenrohr, sollten Abgase und Feuer abgeleitet werden. Aber dann haben sie gemerkt, dass sie ihn gar nicht verwenden konnten, und mussten einen neuen Prüfstand weiter entfernt bauen.«
    »Warum?«
    »Zu gefährlich. Weil sich etwas direkt darunter befindet.«
    »Was denn?«
    »Das wirst du gleich sehen.«
    Er öffnete die Ladefläche des Jeeps und holte einen kleinen Rucksack und zwei Taschenlampen daraus hervor. Mir gab er die rote, er selbst behielt die blaue.
    »Aha«, sagte ich.
    »Folge mir.«
    Wir gingen zu dem Bunker. Zu meinem Bunker, meinem Badezimmer. Auf dem Fußboden stand noch ein wenig Wasser.
    »Oh, sieht aus, als hätte jemand mit dem Wasserhahn gespielt«, stellte Sagan fest.
    Ich folgte Sagan hinein. Unsere Füße quatschten fast genauso laut, wie mein Herz pochte. Hoffentlich hatte ich nichts herumliegen lassen.

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