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Verletzlich

Verletzlich

Titel: Verletzlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ravensburger
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dich nur noch einen kleinen Moment zu gedulden. Wir sind gleich da.«
    Nervös starrte ich auf die Telefonmasten, an denen wir vorbeikamen, und überlegte, wie ich mich wohl fühlen würde, wenn ich mein Bild dort aufgehängt sehen würde: 17-JÄHRIGES MÄDCHEN GESUCHT. Auch wurde ich die Angst nicht los, dass plötzlich das Auto meiner Mutter neben uns auftauchen könnte. Obwohl ich mir immer wieder sagte, dass sie in einer anderen Stadt lebte, die fünfzig Kilometer entfernt lag, schien es mir nach wie vor nicht unmöglich zu sein.
    Ich versuchte mich damit abzulenken, dass ich mir merkte, wo wir abbogen, doch nach einer Weile gab ich auf. Schließlich kamen wir in eine Straße, die mitten durch eine ruhige Wohnsiedlung führte. Die meisten Häuser waren zweigeschossig, mit mittelgroßen Gärten und Blumen um die Briefkästen herum. Sagan wurde langsamer und blieb vor einem der Häuser stehen. Es war weiß gestrichen und ein wenig größer als die Nachbargebäude. An beiden Enden erhoben sich gemauerte Schornsteine. In der Einfahrt standen vier Autos.
    »Hier wohne ich«, sagte er.
    »Was?«
    »Ich möchte dich gern meiner Familie vorstellen. Gestern Abend habe ich ihnen von dir erzählt.«
    »Nein, das hast du nicht!«
    »Emma bitte, jetzt flippe nicht aus. Ich habe ihnen nicht gesagt, dass du obdachlos bist. Ich habe behauptet, dass wir uns von der Uni kennen.«
    »Ich gehe noch zur Schule, wenn ich dich daran erinnern darf.«
    »Du könntest für ein Erstsemester durchgehen. Wir erfinden eine Vorlesung, die wir gemeinsam besuchen.«
    »Klar, wie wär’s mit Astrophysik?«
    »Nein, ernsthaft. Geschichte! Das ist es. Du bist im selben Grundkurs wie ich. Wir haben zusammen gelernt. Du hast mir dabei geholfen, während ich dir was Mathematisches erklärt habe. Klingt das nicht gut?«
    »Ich bringe dich um, Sagan. Bring mich zurück. Bring mich sofort zurück.«
    »Aber ich habe ihnen schon angekündigt, dass du kommst. Sie veranstalten eine Grillparty am Pool. Das ist total unkompliziert.«
    Mir tat der Kiefer weh, so fest biss ich die Zähne aufeinander. »Na klar, das ist ja sehr unkompliziert. Nur ich und eine Million Lügen umgeben von Fremden. Weißt du überhaupt, wie dumm diese Idee war?«
    »Ja, vielleicht war’s nicht gerade geschickt. Aber ich wusste, dass du nicht mitgekommen wärst, wenn ich dich gefragt hätte. Bitte. Es ist garantiert schmerzfrei. Sie sind wirklich nett und umgänglich. Und mir würde es viel bedeuten. Bitte.«
    Ich konnte ihm nicht in die Augen sehen.
    »Bitte.«
    Als ich ihm doch in die Augen sah, war es um mich geschehen. Langsam blies ich die Luft aus den Wangen.
    »Muss ich sonst noch etwas wissen?«
    »Ja«, sagte er. »Du heißt Julia.«
    » Julia? Meinst du das wirklich ernst«, empörte ich mich auf dem Weg um das Haus herum. Doch bei genauerem Nachdenken war ich froh, dass er meine Identität nicht preisgab.
    »Ja, ich habe vor Kurzem 1984 gelesen«, antwortete Sagan.
    »Und?«
    »Julia? Winston? Eine der größten Liebesgeschichten aller Zeiten … na ja, bis sie Winstons Kopf in einen Rattenkäfig gesteckt haben …«
    »Erspare mir den Rest«, unterbrach ich ihn. Wir befanden uns bereits am Gartentor und ich brauchte noch einen Moment, um mich zu sammeln.
    Immerhin war ich sauber und war anständig angezogen. Dennoch schlug mein Magen Purzelbäume. Vergiss den obdachlosen Vampir in dir . Es war Jahre her, seit ich offiziell bei jemandem zu einem Fest eingeladen gewesen war. Daran war der Fluch schuld.
    Angesichts des Rufens und Platschens, das zu uns herüberdrang, fühlte ich mich sofort als Außenseiter.
    Was, wenn die Familie regelmäßig fernschaute, insbesondere Lokalnachrichten? Ob sie dann mein Bild gesehen hatten? Ich versuchte mich zu erinnern, ob vermisste Teenager im Fernsehen gezeigt wurden. Eher sah man sie auf kopierten Aushängen im Supermarkt: WER HAT MICH GESEHEN? In die Fernsehnachrichten schienen es nur zwei Kategorien von Leuten zu schaffen: 1. Kinder unter zehn Jahren oder 2. heiße Muttis. Sonst interessiert sich doch niemand für dich. Ich passte jedenfalls in keine der beiden Kategorien. Außerdem trug ich meine Sonnenbrille …
    »Hast du ihnen von meinen Augen erzählt?«, fragte ich.
    »Ich glaube ja. Ja, habe ich«, sagte Sagan. »Mach dir keine Sorgen. Ich weiß nicht, mit was für Leuten du sonst so zu tun hast, aber sie sind nicht so!«
    »Wie sind sie nicht?«
    »Sie sind total angenehm und fallen über niemanden her.«
    Ich war mir da

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